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Badmeister Thomas Weber vom Hallen- und Freibad Obersiggenthal erzählt, wie er vor der US-Serie «Baywatch» selbst ein bisschen Baywatch spielte mit seinen Kollegen. Und er sagt, was ein Badmeister sonst noch tun muss.
Jahre bevor die erste Staffel der amerikanischen TV-Serie «Baywatch» 1989 auf Sendung ging, hatte die Badi Obersiggenthal ihre ureigenste Baywatch-Truppe: «Wir waren eine Clique von jungen Burschen die, mit dem Rettungsschwimmer-Brevet in der Tasche, anfangs der 80er-Jahre jeweils im Sommer an den Wochenenden die Badmeister bei der Beaufsichtigung der Bassins unterstützten. Es war eine verdammt geile Zeit. Damals haben sich an heissen Tagen locker 3000 Gäste in der Badi getummelt», blickt Thomas Weber zurück.
In Nussbaumen geboren, aufgewachsen und noch immer dort wohnhaft, ist der heute 49-Jährige nicht nur der Gemeinde, sondern auch der Badi treu geblieben – beruflich und mit Leidenschaft. «Mein erstes Sackgeld hatte ich hier, noch vor der ‹Badmeister-Clique›, verdient, indem ich vor der Freibadsaison die Linien im 50-Meter-Becken nachzog, damals noch mit schwarzer Farbe.» An noch frühere Sommer erinnert sich Weber mit besonders glänzenden Äuglein: «Die Birewegge vom pensionierten Bäcker Karpf, der damals das Badirestaurant führte, schmeckten wunderbar. Und am Feierabend durften wir Kinder jeweils die Förderschnecke der Soft-Ice-Maschine auslöffeln. Die musste immer komplett geleert werden, weil das Eis damals noch nicht pasteurisiert war.»
Kein Brett vor dem Kopf
Bei der BBC hatte Thomas Weber eine vierjährige Lehre als Maschinenzeichner absolviert. «Danach war mir klar, dass ich einen Beruf ausüben wollte, bei dem man viel mit Menschen zu tun hat – als Zeichner hat man ja, bildlich betrachtet, ständig nur ein Brett vor dem Kopf», hält Weber lachend fest. Nein – ein Brett vor dem Kopf hat dieser liebenswert-fröhliche Mann mit dem wehenden Haar und den drei goldenen Steckern im linken Ohrläppchen nicht. Nach der Rekrutenschule begann er im Hallen- und Freibad Obersiggenthal ernsthaft zu jobben. «Nach einem halben Jahr liess ich mich fest anstellen. Das war vor 26 Jahren.» Seit 14 Jahren ist er Betriebsleiter.
Inzwischen hat Weber längst den Eidgenössischen Fähigkeitsausweis als Badmeister erworben. Vorläufig gibt es noch keine entsprechende Lehre, aber die Interessengemeinschaft für die Berufsausbildung von Badefachleuten der Schweiz bietet die erforderlichen Kurse an. In diesem Rahmen unterrichtet Thomas Weber zu den Themen Arbeits- und Gesundheitssicherheit sowie Wiederbelebung.
Zwei Rettungseinsätze
In der Badi Obersiggenthal hat er zweimal als Retter ins Wasser springen müssen. «Einmal war ein stattlicher, grosser Mann, Rumäne und Nichtschwimmer, in die Sprunggrube gerutscht. Und einmal hatte ein etwa zehnjähriger Bub sich im Nichtschwimmerbecken auf der Wasseroberfläche ständig um die eigene Achse gedreht. Beide konnte ich sehr rasch wiederbeleben. Das mit dem Buben hat mir klar gemacht, dass man auch auf der Wasseroberfläche ertrinken kann.»
Die Aufsicht über die Badenden am Bassinrand mache etwa 40 Prozent der Aufgaben eines Bademeisters aus. «Den grösseren Teil nimmt unsere Arbeit ‹hinter den Kulissen› in den Bassins und den Grünanlagen ein. Bevor das Bad morgens jeweils öffnet, hat die Überprüfung der Wasserqualität oberste Priorität. Dann heisst es Becken absaugen und reinigen. Vor allem aber fallen permanent Revisionen an. Deshalb sind technisches Verständnis und handwerkliches Geschick Voraussetzung für diesen Beruf.» Da die Anlagen ständig teurer und komplexer würden, müssten zwischendurch vermehrt auch spezialisierte Servicefachleute aufgeboten werden.
Zickenkrieg im Wasser
«Ich habe einen tollen, anspruchsvollen und abwechslungsreichen Job, der mir immer noch jeden Tag Spass macht.» In der Freizeit spielt Weber Gitarre, Tischtennis, skatet und macht Fitness in seinem kleinen Privatstudio. Und er verbringt möglichst viel Zeit mit seiner Familie, besucht unter anderem mit seiner Frau Silvia, Tochter Christin (19), Kantischülerin in Wettingen, und Sohn Pascal (17), der als Kantischüler grad ein Auslandjahr in der Dominikanischen Republik antritt, regelmässig seinen in Kanada lebenden Bruder Andy.
Von 1994 bis 2003 hatte Thomas Weber, nebst seinem Job als Badmeister, auch das Badirestaurant geleitet und jeweils das Badi-Open-Air-Kino mit durchgeführt. «Das war auch mega der Plausch.» Der gute Kontakt zu vielen Stammgästen gefällt Thomas Weber und seinen drei Kollegen ebenso, wie ihnen Querelen unter Besuchern missfallen. «Einmal haben zwei Schwimmerinnen um Mitte 50 sich gegenseitig unter Wasser zu drücken versucht. Aber etwa nicht spielerisch, sondern aggressiv, weil sie sich offenbar auf einer Bahn in die Quere gekommen waren.»