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Ab Dienstagabend tritt der Circus Knie in Wettingen auf. Ein Zeltaufbau braucht viel Organisation und Kraft. Zum ersten Mal stand am Bahnhof Wettingen eine mobile Rampe im Einsatz.
Es ist kein normaler Montagmorgen am Bahnhof Wettingen: Traktoren kurven umher, hinter dem Bahnhofhäuschen beim Migrolino stehen die weissen Zirkuswagen mit dem rot-blauen Knie-Logo auf den Güterzügen.
Arbeiter mit orangen Westen warten auf grünes Licht von der SBB-Zentrale, damit sie den Güterzug an die Rampe fahren können. Im morgendlichen Pendlerverkehr kann das dauern: Alle paar Minuten donnert ein Zug vorbei.
Die Zirkuswagen werden dieses Jahr über eine mobile Rampe abgeladen. Sie hat in Wettingen ihren ersten Einsatz.
Die festen Rampen lohnen sich für die SBB immer weniger. Einige von ihnen werden nur einmal jährlich vom Circus Knie gebraucht. Deshalb werden sie in Zukunft wohl nicht überall erhalten bleiben.
In Wettingen habe das Transportteam des Circus Knie, seit das Migrolino Häuschen steht, keine Chance mehr, die Zirkuswagen über die festinstallierte Rampe ab- und aufzuladen. «Es hat zu wenig Platz», sagt Markus Schütz, der seit 20 Jahren beim Transport der Zirkusstadt mithilft.
Damit der Zirkus die rund hundert Anhängerwagen weiterhin auf der Schiene transportieren kann, haben die SBB die Carrosserie Hess AG beauftragt, eine mobile Rampe anzufertigen. «Sie lässt sich in Module zerlegen und wird am Tag vorher aufgebaut», sagt Roland Kämpf, Maschinentechniker bei der Hess AG.
Endlich rollt der Zug los und kommt quietschend neben der Rampe zum Stehen. Dann geht alles schnell: Ein Traktor fährt auf den Waggon, die Arbeiter kuppeln einen Zirkuswagen an, anschliessend zieht ihn der Traktor auf die Rampe und fährt mit einem Ruckeln in Richtung Märgelacker davon. Die mobile Rampe hat die Feuertaufe bestanden — die Transportmitarbeiter vom Knie und Kämpf sind zufrieden.
Vom Zirkuszelt auf dem Märgelacker sind von Weitem erst vier Masten sichtbar. Die Zeltblache liegt ausgebreitet am Boden. Männer in Leuchtwesten knüpfen die Blachen von Hand zusammen. Von Hektik keine Spur.
Gesprochen wird nicht viel, jeder arbeitet für sich. Das eingespielte Team baut das Zelt, das aus über hundert Einzelteilen besteht und etwa 2,5 Tonnen wiegt, in fünf bis sechs Stunden auf.
Der Circus Knie ist zum 97. Mal auf Tournee. Das neue Programm «phénoménal» lockt die Zuschauer mit Tiernummern, Akrobatik und Clowns ins rot-weisse Zirkuszelt.
Di, 9.6. um 20 Uhr, Mi, 10.6. um 15 und 20 Uhr Zoo Di, 9.6. von 9 bis 19 Uhr, Mi, 10.6. von 9 bis 17.30 Uhr Kasse Di, 9.6. von 10 bis 21 Uhr, Mi, 10.6. von 10 bis 20.30 Uhr.
Die Luft auf dem Märgelacker riecht schon jetzt nach Zirkus — nach Sägemehl, Popcorn und Tieren. Aus dem Transporter wiehert ein Pferd. Im Gegensatz zu den Zirkuswagen werden die Tiere auf der Strasse transportiert. «Der Weg ist dadurch direkter, die Fahrzeiten kürzer, was für die Tiere angenehmer ist», sagt Barbara Lüthi, Mediensprecherin beim Circus Knie.
Ein Tierpfleger klappt die Rampe des Pferdetransporters herunter. Vorsichtig wird ein Pferd nach dem anderen herausgeführt. Im zwischenzeitlich aufgebauten Stall gibt es zuerst mal Futter.
Die Schweizer Liga gegen Vivisektion und für die Rechte des Tieres (LSCV) und die Aktionsgemeinschaft für Tier, Mensch und Umwelt (AGTMU) kritisieren Tierhaltung und Tiernummern in Schweizer Zirkussen. Sie haben heute und morgen auch beim Circus Knie Demonstrationen angekündigt und wollen Besucher über Tierquälerei informieren. «Wir kämpfen dafür, dass Tiernummern aus Schweizer Zirkussen eliminiert werden», sagt Nancy Holten, Aktivistin bei der LSCV. «Die Tiere sind nicht zu unserer Belustigung da.» Die Aktivistin kritisiert auch die angewandten Methoden im Tiertraining. «Die pauschalen Vorwürfe gegen Zirkus- und auch Zoounternehmen sind absurd und entbehren jeglicher Fachkenntnis und Kenntnis des Umganges der Familie Knie mit ihren Tieren», sagt Peter Küchler, Medienverantwortlicher beim Circus Knie. Die Familie Knie gelte beim Publikum, in anerkannten Tierschutzkreisen und bei Tierexperten als vorbildlich, weil sie bei Haltung und Umgang mit Tieren neue Massstäbe setze. «Der Knie ist das einzige reisende Zirkusunternehmen weltweit, das, wie Zoos, über einen Kurator verfügt», sagt Küchler. Die Familie beschäftige sich zudem täglich und intensiv mit dem Thema Tierschutz und sei in stetigem Kontakt mit anerkannten Schweizer Tierschutzorganisationen. Beim Knie seien die Tierproben zudem seit 1938 öffentlich. In Grossstädten gebe es kommentierte Proben. Im diesjährigen Programm erklärt Fredy Knie jun. per Mikrofon seine Pferdenummer. (nla)