Wettingen
Der Einwohnerrat entscheidet über Vorlage zum Ortsbildschutz – obwohl der Kanton damit nicht zufrieden ist

Der Kanton Aargau ist mit der geplanten «Teiländerung Nutzungsplanung Schutzobjekte» nicht zufrieden. Trotzdem wird das Wettinger Gemeindeparlament im November darüber befinden.

Claudia Laube
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Ortsbildschutz Wettingen
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Die Bezirksschule gehört zu den schützenswerten Ensembles.
Das Kinderheim wurde der schwächeren Kategorie zugeteilt.

Ortsbildschutz Wettingen

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Bisher waren in Wettingen besonders schützenswerte Bauten wie zum Beispiel das Rathaus rechtlich nicht genügend geschützt. Das soll sich mit der «Teiländerung Nutzungsplanung Schutzobjekte» ändern (die AZ berichtete). Diese wird an der nächsten Sitzung am
14. November den Einwohnerräten zur Genehmigung vorgelegt – auch wenn der Kanton Aargau mit der Vorlage nicht zufrieden ist.

Doch von vorne: Gestartet wurde der Schutzprozess 2012 einerseits durch zwei Motionen aus dem Einwohnerrat, andererseits auch, weil der Ortsbildschutz ein gesetzlicher Auftrag ist. Als Basis dienten die bestehende Bau- und Nutzungsordnung (BNO) und die Gestaltungspläne Dorf und Klosterhalbinsel, in denen bereits 52 Objekte mit unterschiedlichen Vorgaben geschützt waren. Mit der Teiländerung steigt diese Zahl auf 58.

Nach einer Bestandesaufnahme wurde das kommunale Bauinventar angepasst. Inzwischen besteht es aus insgesamt 95 Objekten, davon 81 Einzelobjekte sowie 14 Ensembles. Bei Letzteren sind nicht Einzelobjekte, sondern die Gesamtwirkung geschützt.

Fast 40 Prozent der Objekte wurden der schwächeren Kategorie der inventarisierten Objekte zugeteilt. Grob umschrieben, bedeutet das: Bei inventarisierten Objekten sind Ersatzbauten zulässig, bei Schutzobjekten nicht. Alle im Bauinventar gelisteten Objekte sind für die Gemeinde kunst-, architektur- und lokalgeschichtlich wichtig.

Intensiver Planungsprozess

«Ich habe noch kein Geschäft erlebt, das so intensiv beraten wurde wie dieses», sagte Martin Valencak, Fachspezialist bei der Abteilung Bau und Planung, an der gestrigen Medienorientierung. Mit der nun vorliegenden Teiländerung «wurde versucht, allen Anforderungen gerecht zu werden», ergänzte Gemeindeammann Roland Kuster (CVP).

Es werde eine ausgewogene Vorlage vor den Einwohnerrat gebracht. Der erste Entwurf war nach der öffentlichen Mitwirkung «markant» angepasst worden, schreibt der Gemeinderat im Antrag an den Einwohnerrat. 2017 wurden beim Mitwirkungsverfahren 23 Eingaben eingereicht, die in die Vorlage eingeflossen sind.

So wurden zum Beispiel deshalb sieben Objekte von Schutz- zu inventarisierten Objekten herabgestuft, darunter das Kinderheim Klösterli und das Fussballstadion Altenburg. Beim Kinderheim wurde argumentiert, dass mit den gestiegenen Pflegeanforderungen seitens des Kantons grosse Änderungen auf die Betreiber zukommen werden, die es mit allfälligen Umbauten abzufedern gilt.

«Beim Fussballstadion haben wir zwar eine wertvolle Tribüne, doch sollte an diesem Ort einmal nicht mehr Fussball gespielt werden, gibt es dort auch keinen Grund mehr für ein Stadion», so Valencak. Deshalb sollte man es abbrechen können.

Anpassungsspielraum war ausgeschöpft

Nach dem Mitwirkungs- folgte das Einwendungsverfahren, bei dem zehn Einwendungen eingingen. Die dortigen Anliegen aber seien bereits bestmöglich berücksichtigt worden, weshalb es keinen weiteren Spielraum für weitere Anpassungen mehr gegeben habe.
Auch der Forderung des Kantons wurde nicht entsprochen.

Dieser verlangte, dass bei den Schutzobjekten auch die Tragstruktur und die innere Raumordnung unter Schutz gestellt werde. Bei der Wettinger Vorlage beschränkt sich der Schutz auf das äussere Erscheinungsbild und den Eigenwert.

Das wurde auch so belassen: «Wir wollen nicht einfach eine Käseglocke über die Schutzobjekte stülpen», sagt Valencak. Im Innern herrscht nach Vorlage der Gemeinde weitestgehend Handlungsfreiheit, wenn nicht gerade ein schützenswerter Dachstuhl oder Gewölbekeller betroffen sei.

Während des ganzen Planungsverfahrens sind für schützenswerte Objekte insgesamt 22 Baugesuche eingereicht worden. Mehr als gewohnt: «Es schien, als ob der Gemeinderat extra getestet wurde», so Valencak schmunzelnd.

Von den 22 Gesuchen wurden – trotz Planungszone – bisher 19 bewilligt, da die Besonderheiten des Objekts berücksichtigt waren. Unter anderem wurde das Schulhaus Margeläcker aufgestockt sowie beim Restaurant Klosterstübli die Umgebung neu gestaltet.