2002 prämiert
«Der Geist des Wakker-Preises ist bis heute spürbar»: So wirkte sich die Auszeichnung auf Turgi aus

Die Nachbargemeinde Badens erhielt die Auszeichnung des Heimatschutzes 2002 – wie wirkte sich dies auf das Dorf aus?

Pirmin Kramer
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Die Spinnerei (links im Bild) ist eines der Gebäude, die das Ortsbild von Turgi prägen.

Die Spinnerei (links im Bild) ist eines der Gebäude, die das Ortsbild von Turgi prägen.

Sandra Ardizzone

Die Stadt Baden erhält den diesjährigen Wakker-Preis des Schweizer Heimatschutzes – eine Ehre, die der Nachbargemeinde Turgi im Jahr 2002 zuteil kam. Die Gemeinde, die damals knapp 2600 Einwohner zählte, sei «trotz ihrer Lage im Spannungsfeld zwischen den Zentren Baden und Brugg ein Ort mit eigener Identität», begründete der Heimatschutz damals seinen Entscheid.

Orte ohne grosse historische Vergangenheit und pittoresken Ortskern hätten es schwieriger, als lebenswert wahrgenommen zu werden, und gerade kleine Agglomerationsgemeinden würden dazu neigen, die Verantwortung an ihre grösseren Nachbarn zu delegieren. Turgi aber setze sich aktiv und erfolgreich für die Aufwertung des Lebensumfeldes ein, erklärte der Heimatschutz.

«Wie ein Pokal zur Halbzeit des Fussballspiels»

Wie wirkte sich der Preis auf das Dorf aus? Profitierte die Gemeinde davon? Architekt Ruedi Dietiker veröffentlichte zu diesen Fragen vor sechs Jahren ein Buch. «Als Turgi den Wakker-Preis erhielt, war es so, als ob eine Fussballmannschaft den Pokal bereits zur Halbzeit erhalten hätte», sagt er. «Im Jahr 2002 gab es viele Richtpläne, die der Heimatschutz als gelungen erachtete; deren Umsetzung war aber noch längst keine Tatsache.»

Der Heimatschutz sei mit seiner Wahl durchaus ein gewisses Risiko eingegangen. Heute, 18 Jahre später, dürfe Turgi aber mit Stolz von sich behaupten, auch in den Jahren nach der Preisübergabe sehr gute Arbeit geleistet zu haben, sagt Dietiker. «Die Saat aus der Zeit vor dem Wakker-Preis entfaltete sich in voller Blüte. Die kommunal geschützten Bauten wurden mehrheitlich saniert, während das Dorfgefüge verschiedene Neubauten erhielt, die es ergänzen und verdichten. Im Dorfkern entstand durch die Mischung von zeitgemässer und traditioneller Architektur ein spannungsvolles städtebauliches Mosaik.» Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass der Wakker-Preis einerseits eine Belohnung und Ehre war, andererseits ein Ansporn für die Folgezeit.

«Ein Beleg dafür, dass Turgi und Baden zusammenpassen»

«Der Preis verlieh unserer Gemeinde Energie und Selbstbewusstsein, viel in das Ortsbild zu investieren. Der Preis war eine Art Verpflichtung und legte gleichzeitig den Grundstein für mutige Entscheide», sagt der Architekt aus Turgi. Der Geist des Wakker-Preises sei bis heute spürbar: Die kürzlich bewilligte Bau- und Nutzungsordnung beispielsweise erlaubte auf dem Bahnhofareal Süd achtstöckige Bauten. «Dass in einer so kleinen Gemeinde so hoch gebaut werden darf, ist aussergewöhnlich. Die Menschen haben begriffen, dass es sich lohnt, an gewissen Orten Modernes zu wagen. Dieses Bewusstsein wäre in unserem Dorf ohne den Wakker-Preis wohl nicht vorhanden.»

Dieses Jahr erhielt Baden den Wakker-Preis – diese Bilder zeigen warum:

Der Theaterplatz: Wo einst Autos parkierten, flanieren heute Menschen über den Platz und geniessen die Aussicht über die Limmat.
26 Bilder
Der neue Freiraum am Theaterplatz am Rand der Innenstadt wurde durch den Bau eines Parkhauses im Untergrund ermöglicht, auf dessen Dach sich der Platz heute erstreckt.
Der alte Stadtfriedhof stand bei seiner Erstellung 1821 abseits des Stadtkerns. Heute liegt er inmitten der wachsenden Wohn- und Arbeitsgebiete.
Spielplatz auf dem alten Stadtfriedhof an der Bruggerstrasse.
2013 erhielt die geschützte Gartenanlage eine neue Bestimmung als ruhiger Erholungsort und Quartierspielplatz.
Auch der neu gestaltete Schlossbergplatz wird als gutes Beispiel städtischer Planung erwähnt.
Der Neubau Schlossberg, ein Gewerbe- und Wohnhaus, am Schlossbergplatz.
Der Stadtturm von der anderen Seite, der Weiten Gasse.
Blick auf die Altstadt von der Ruine Stein aus.
Fussgänger und Velofahrer teilen sich die Cordulapassage unter der Schulhausplatz-Kreuzung, einer der meistbefahrenen Kreuzungen der Schweiz.
Nur für den öffentlichen Verkehr: Unterhalb der Cordulapassage verläuft ein Bustunnel.
Blick auf die Schulhausplatz-Kreuzung mit dem Wohn- und Geschäftshaus Falken (rechts).
Die neu gestaltete Schulhausplatz-Kreuzung wurde im August 2018 nach aufwendiger Sanierung eröffnet.
Die Parkanlage des Kurparks ist im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt.
Bäume spiegeln sich im Kurpark-Weiher.
Der Promenadenlift, ein öffentlicher Personenaufzug, der vom Bahnhofplatz hinunter zur Limmatpromenade führt, überwindet 27 Höhenmeter.
Der Lift (im Hintergrund) führt zum Limmatsteg.
Der Bahnhofplatz mit dem «Schwyzerhüsli».
Die Weite Gasse in der Altstadt.
Der Trafoplatz mit dem Kino Trafo im Hintergrund.
Die Parkanlage der Villa Boveri ist die bedeutendste private Gartenanlage der Stadt.
Die gedeckte Holzbrücke über der Limmat.
Der Kirchplatz mit der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt in der Altstadt.
Neuer Geh- und Radweg in Richtung Bezirksgebäude und Schulhausplatz.
Der Vorplatz des Bezirksgebäudes mit dem Obeliskbrunnen von 1866.
Blick auf die Altstadt und Baden Nord.

Der Theaterplatz: Wo einst Autos parkierten, flanieren heute Menschen über den Platz und geniessen die Aussicht über die Limmat.

Keystone

Es sei schon interessant, dass Baden und Turgi, beide Träger des Wakker-Preises, aktuell Gespräche über einen Zusammenschluss führen, sagt Dietiker. «Diese Gemeinsamkeit ist ein Beleg dafür, dass Baden und Turgi gut zusammenpassen würden.»

Peter Heiniger war zweimal Gemeindeammann von Turgi (von 1992 bis 2001 und 2011 bis 2016). «Der Wakker-Preis war die Bestätigung, dass die Bau- und Nutzungsplanungskommission und der Gemeinderat in den Jahren davor gut gearbeitet und geplant haben», sagt er. Zum Zeitpunkt der Preisverleihung seien viele Umbauten in Planung gewesen, aber noch nicht realisiert. «Dass die Projekte mit viel Sorgfalt angegangen wurden, ist wohl auch dem Preis zu verdanken. Er wirkte wie ein Anreiz, es weiter gut zu machen.»