Baden
Der Heisse Brunnen im Bäderquartier rückt näher: Jetzt liegt das Baugesuch auf

Für das öffentliche Freibad in den Badener Bädern liegt das Baugesuch auf — es führt eine uralte Tradition fort. Denn früher war das Baden unter freiem Himmel völlig selbstverständlich. Erst das prüde 19. Jahrhundert liess die offenen Becken auf dem Kurplatz verschwinden.

Andreas Fahrländer
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Hier soll der Heisse Brunnen entstehen: An der Limmat vor dem Botta-Bad.

Hier soll der Heisse Brunnen entstehen: An der Limmat vor dem Botta-Bad.

Andreas Fahrländer

Die Pläne für einen Heissen Brunnen im Badener Bäderquartier werden konkret: Seit Montag liegt bei der städtischen Abteilung Planung und Bau das Baugesuch für das frei zugängliche, kostenlose Thermalbecken auf.

Genau genommen sollen es sogar drei Becken am Limmatufer werden, plus ein kleines Quellbecken für Hände und Ellenbogen, wie es im Bäderquartier Tradition hat. Überhaupt knüpft das Freiluftbad an eine Sitte an, die es an diesem Ort seit der Römerzeit gibt.

Bauprojekt ist ein Beispiel guter Zusammenarbeit

Das Baden unter freiem Himmel war in den Badener Bädern während fast 2000 Jahren völlig selbstverständlich. Erst das prüde 19. Jahrhundert liess die offenen Becken auf dem Kurplatz endgültig verschwinden und verbannte die Kurgäste ins Hausinnere.

Das nun vorliegende Bauprojekt ist ein Beispiel guter Zusammenarbeit im Sinne des Badener Geistes: Die Idee und den Löwenanteil der Planung hatte der Verein Bagni Popolari, der mit seinen Thermalwasserspielen und den provisorischen Badebecken rund um den Kurplatz die Wartezeit auf das neue Thermalbad von Mario Botta verkürzt. Die Stiftung Gesundheitsförderung Bad Zurzach + Baden stellt als Grundeigentümerin das Land zur Verfügung. Als Bauherrschaft tritt die Stadt auf, die auch die Betriebs- und Unterhaltskosten tragen wird.

Die Ortsbürgergemeinde wiederum stellt das Thermalwasser aus dem Heissen Stein, der Limmatquelle und der St. Verenaquelle kostenlos zur Verfügung. Im Dezember 2018 haben die Ortsbürger auch einen Baukredit von 670'000 Franken für die Erstellung des Heissen Brunnens gesprochen, der im Sommer 2020 gebaut werden soll.

Ohne Pumpen, mit naturbelassenem Quellwasser

Der Brunnen soll laut Baubeschrieb pumpenlos und konstant mit naturbelassenem, reinem Thermalwasser durchströmt werden. Aus dem kleinen Quellbecken fliesst das heisse Wasser ins erste Badebecken, wo es mit rund 40 Grad Celsius am wärmsten ist. Im zweiten, grösseren Becken wird die Wassertemperatur rund 38 Grad betragen, im dritten, flachen Becken noch rund 35 Grad. Am Ende fliesst das Thermalwasser via Überlauf in die Limmat.

Die schlichte Brunnenanlage soll aus geschliffenem Sichtbeton entstehen. Neben dem Brunnen soll es eine Stele geben, in der die Technik versteckt ist, aber auch Informationen zur Geschichte und zum Projekt zu lesen sind. Für den Unterhalt und die Hygiene ist ein sogenannter Kneippschlauch mit Leitungswasseranschluss geplant. Rund um den Brunnen sind Sitzbänke, eine angemessene Beleuchtung und Abfallkübel vorgesehen.

Der neue Brunnen soll nicht zuletzt die bestehende Thermalwassersitzbank hinter dem Inhalatorium ersetzen. Er soll allerdings etwas flussabwärts, in Sichtweite zu seinem Pendant am Ennetbadener Ufer entstehen. Eine ausführliche Standortsuche hat ergeben, dass am neuen Limmatuferweg – vor der Hauswand des Thermalbads – die Zugänglichkeit für alle am besten gegeben und ein pumpenloser Betrieb möglich ist.

Er ist so konzipiert, dass er auch per Rollstuhl oder mit Gehhilfen gut erreichbar ist. Auch körperlich eingeschränkte Personen sollen die verschiedenen Becken nutzen können. Die Nutzungsdauer der Anlage soll mehr als 50 Jahre betragen, dementsprechend wurden möglichst langlebige Materialien ausgewählt.

Wassergraben und offene Badebecken im Mittelalter

Der Heisse Brunnen kann in die Brüstung der neuen Uferschutzmauer integriert werden. An diesem Standort verlief seit dem Mittelalter ein Entwässerungsgraben in die Limmat, der die beiden grossen Badgasthöfe Staadhof und Hinterhof trennte.

Der Kurplatz mit Verenabad (l., man beachte die «Dusche») und Freibad: So sah der Maler Hans Ulrich Kern die öffentlichen Bäder unter freiem Himmel um 1800. Links der Staadhof, in der Mitte das Badgasthaus Raben, rechts die «Blume».

Der Kurplatz mit Verenabad (l., man beachte die «Dusche») und Freibad: So sah der Maler Hans Ulrich Kern die öffentlichen Bäder unter freiem Himmel um 1800. Links der Staadhof, in der Mitte das Badgasthaus Raben, rechts die «Blume».

Grafische Sammlung, Schweizerische Nationalbibliothek

Dieser ursprünglich offene Graben führte bis zuletzt das weitgehend ungenutzte Thermalwasser aus den zahlreichen Quellen des Verenahofgevierts unterirdisch in den Fluss. Wie der Graben verschwanden auch die offenen Badebecken am Kurplatz mit der zunehmenden Bautätigkeit und neuen Wertvorstellungen im 19. Jahrhundert unter dem Boden oder wurden ins Innere der Badehotels verlegt.

Neben geschlossenen Badehäusern gab es seit der Römerzeit stets offene Becken unter freiem Himmel. Das St. Verenabad und das Freibad auf dem Kurplatz waren als einzige Bäder in Baden der Laufkundschaft und den ärmeren Schichten zugänglich, wie es die Archäologin Andrea Schaer in der jüngsten Badener Stadtgeschichte schreibt. Die beiden grossen, herrschaftlichen Badgasthöfe und die Badherbergen waren den wohlhabenderen Ständen reserviert.

Als bedeutendster Heilkurort im Heiligen Römischen Reich lockte Baden Gäste aus sämtlichen Bevölkerungsschichten an – sofern sie sich die Reise bis ans Limmatknie leisten konnten. Das St. Verenabad, direkt vor dem heutigen Verenahof gelegen, diente über Jahrhunderte als Armenbad, das Freibad als Bürgerbad, das auch den Badener Bürgern offenstand.

An diese lange Geschichte will der neue Heisse Brunnen nun anknüpfen. Der Baubeschrieb nennt nicht zuletzt die Funktion von Brunnen im Allgemeinen als Treffpunkt, an dem man sich austauscht und in einem geselligen Rahmen zusammenkommt.

Der Heisse Brunnen soll ein Ort im Freien sein, der allen frei zugänglich ist und mit einem geringen, aber täglichen Unterhalt betrieben wird. Dem Baubeschrieb liegt ein umfangreiches Sicherheits- und Hygienekonzept bei. Zusammen mit dem neuen Mättelipark und dem neuen Badener Thermalbad dürfte hier ein wunderbarer Treffpunkt entstehen, wie er in Baden seit gut 2000 Jahren Tradition hat.