Das 6,5-Millionen-Projekt sorgt seit Monaten für Aufruhr, am 8. März wird entschieden, ob die dritte Turnhalle in Oberrohrdorf gebaut wird. Befürworter und Gegner des Projekts nehmen Stellung zu den Argumenten der Gegenseite.
Die Kontroverse um das Hallen-Projekt, das 6,55 Millionen Franken kosten soll, hat das Dorf längst in zwei Hälften gespaltet: Während die FDP und das «Komitee für gesunde Finanzen» das Projekt aufgrund der finanziellen Schieflage der Gemeinde ablehnen, kämpfen die CVP und das «Komitee für es läbigs Dorf» für die 3. Turnhalle inklusive Nebenräume.
Die Vereine, die Drahtzieher dieses Projekts sind, ergriffen das Referendum, nachdem der Kredit an der Wintergmeind Schiffbruch erlitten hatte. Sie befürchten, dass Oberrohrdorf ohne die Halle zu einem Schlafdorf werden könnte. Weiter machen sie geltend, dass sie dringend mehr Platz für ihre Trainings und Proben benötigen. Am 8. März entscheiden die Stimmberechtigten nun an der Urne über den Kredit von 6,55 Mio. Franken.
Zu diskutieren gab, dass die Schule aufgrund der aktuellen und zukünftigen Zahlen keinen Bedarf an einer dritten Turnhalle hat und der Kanton deshalb keine Subventionen spricht. Eskaliert ist die Debatte vor allem, weil sich Oberrohrdorf laut des Gemeinderats die Halle nur mit einer Steuerfusserhöhung von mindestens 8 Steuerprozenten leisten kann. Nachdem die Versammlung die Halle an der Wintergmeind abgelehnt hatte, wurde der Steuerfuss deshalb nur um 2 Steuerprozent auf 85 Prozent erhöht.
Der Gemeinderat, der bisher hinter dem Projekt stand, distanziert sich jetzt vom Projekt. «Es ist ohne zusätzliche Steuereinnahmen nicht finanzierbar. Da diese nicht gesichert sind, kann es der Gemeinderat nicht mehr verantworten, das Projekt weiter zu unterstützen», schreibt er in den Erläuterungen zur Urnenabstimmung. Michael Frank vom Rechtsdienst des Kantons Aargau erklärt: «Der Gemeinderat darf seine Meinung ändern und seine Beweggründe in den Erläuterungen zur Urnenabstimmung nennen.» Aktiv am Abstimmungskampf teilnehmen hingegen dürfe er nicht.
Im Hinblick auf die Urnen-Abstimmung nehmen die Befürworter und die Gegner der Halle nun Stellung zu den Argumenten der Gegenseite.
PRO
«Ja, wir können uns dieses Projekt leisten»
Mit der propagierten Erhöhung des Steuerfusses um vier Steuerprozent ist die Überschuldung und damit die Zwangsverwaltung durch den Kanton garantiert. Mit dem Hallenprojekt und mit einer Steuerfusserhöhung um 4 Steuerprozenten steigt die für eine Zwangsverwaltung relevante Verschuldungsgrenze auf rund 20 Millionen Franken; dies zeigen die Berechnungen aus dem Finanzplan der Gemeinde. Diese Grenze werden wir nicht erreichen, wir wären 2019 bei rund 16 Mio. Franken Eine Überschuldung droht deshalb nicht!
Hingegen zeigt der aktuelle Finanzplan (Steuerfuss 85 Prozent; ohne 3. Halle), dass wir 2019 Schulden von 12,4 Mio. Franken haben werden. Da die Verschuldungsgrenze aufgrund des tieferen Steuerfusses dann nur bei rund 10 Mio. Franken liegt, wird sie überschritten. Ohne 3. Halle! Dies ist den Hallengegnern aber offenbar egal.
Das Projekt ist unnötig. Wenn die Vereine einen Bedarf haben, heisst das nicht, dass die Allgemeinheit diesen decken muss. Der Stimmbürger wird erpresst, weil die Entkopplung von Baukredit und Erhöhung des Steuerfusses unredlich ist. 1971 plante Oberrohrdorf die zweite Turnhalle; damals mit 2000 Einwohnern und einem Steuerfuss von 150 Prozent. Inzwischen hat sich die Bevölkerung verdoppelt. Nicht nur die Vereine – und mit ihnen die Bevölkerung von Oberrohrdorf, die diese Vereine zum grössten Teil bilden – haben Bedarf, sondern auch die Schule und die Kindergärten (Blockzeiten). Die Entkopplung von Baukredit und Steuerfuss stammt nicht von uns; bereits an der Gemeindeversammlung waren es zwei separate Traktanden und zwei separate Beschlüsse. Die beiden Punkte können auch beim Referendum nicht gekoppelt werden. Das ist rechtlich unmöglich! Das Resultat der einen Abstimmung kann nicht vom Resultat der anderen Abstimmung abhängig gemacht werden. Es bleibt genug Zeit, den Steuerfuss zu erhöhen, wenn das Hallenprojekt angenommen wird.
KONTRA
«Nein, wir können uns keine Halle leisten»
Die Bevölkerung von Oberrohrdorf hat sich seit den 70er Jahren fast verdoppelt. Die Nachfrage nach sportlicher Betätigung hat sich erhöht. Das mit der bestehenden Doppelturnhalle mögliche Angebot kann längst nicht mehr mit dieser Nachfrage mithalten.
Noch immer hat der Stimmbürger keinen Bedarfsnachweis zu Gesicht bekommen, welcher diese Namen verdient. Der unleserliche Belegungsplan in der Broschüre der Befürworter sagt weder etwas darüber aus, wie viele Leute in den jeweiligen Trainings teilnehmen noch darüber, ob und wie die Hallenbelegung regional koordiniert wird. Wer jemals in einer Firma einen Antrag für eine Investition eingeben musste, weiss, welche Nachweise in einem solchen Fall zu erbringen sind. Im Übrigen interessiert nicht das Bevölkerungswachstum, sondern die Mitgliederentwicklung in den fordernden vielen Vereinen.
Die Jugend und die jungen Familien sowie die Vereine und ihre grosse Arbeit in der sportlichen und musikalischen Förderung von Jung und Alt sind diese Investition Wert. Auch das Komitee für gesunde Finanzen schätzt die Arbeit der Vereine in Oberrohrdorf ausserordentlich. Die Gemeinde stellt einem Teil davon deshalb auch unentgeltlich die vorhandene Infrastruktur zur Verfügung. Daraus aber abzuleiten, die öffentliche Hand müsse alle Bedürfnisse von Vereinen befriedigen, ist ein kostspieliger Irrtum. Noch wenn diese Investition vordergründig der Jugend zugute käme, spätestens, wenn genau diese Jugend als Steuerzahler den Schuldenberg abtragen muss, erweist sich die Sache als Bumerang. Und übrigens: Hat man sich schon einmal überlegt, welches Signal diese Investition an all die Vereine aussendet, die sich vollständig selbst finanzieren?