Der belgische König Philippe besuchte die ABB Turbo Systems und die Lehrlingswerkstatt «libs» – er wurde seinem Ruf gerecht.
Historischer Tag für Baden: Am Freitagvormittag verbrachte der belgische König Philippe (57) zwei Stunden in der Stadt. Es ist mehr als sechzig Jahre her, dass letztmals ein ähnlicher Würdenträger in Baden zu Gast war – Kaiser Haile Selassie I. aus Äthiopien im Jahr 1954. Grund für den Besuch damals wie heute: Eine Visite bei der Firma ABB. König Philippe kam, um sich über die Vorzüge des dualen Bildungssystems zu informieren. Der König – er erfüllt in erster Linie repräsentative Aufgaben – wurde von einem halben Dutzend Ministern begleitet. Und so lief sein Besuch in Baden ab:
8.30 Uhr: Noch deutet in der Stadt nichts auf den royalen Gast hin – bis auf einen roten Teppich, der vor dem Eingang des Firmengebäudes der ABB Turbo Systems an der Bruggerstrasse ausgerollt ist. Strassen sind keine gesperrt, nur wenige Sicherheitsleute sind rund ums Gebäude sichtbar. Wüsste man nicht, dass bald ein König eintrifft, würde man glauben, es sei ein Freitag wie jeder andere.
9.15 Uhr: König Philippe trifft in Baden ein: Die Limousine führt ihn direkt zum Eingang des Firmengebäudes der ABB Turbo Systems an der Bruggerstrasse. Dort wird er von Bundesrat Johann Schneider-Ammann auf dem roten Teppich in Empfang genommen. Vor Ort sind nun mehrere Dutzend Journalisten – mehr als die Hälfte aus Belgien.
9.20 Uhr: Seine Majestät nimmt im Auditorium im ersten Stock des Firmengebäudes Platz. ABB-Verwaltungsratspräsident Peter Voser tritt als Erster ans Mikrofon: Er heisst den König herzlich willkommen und spricht über die Bedeutung der Bildung für die ABB. «In vielen Ländern werden Jugendliche schlecht auf die industrielle Revolution vorbereitet. Dank des dualen Bildungssystems ist die Schweiz – und auch die ABB – gewappnet für das Technologie-Zeitalter.» Danach hält Bundesrat Schneider-Ammann eine Empfangsrede. «Wir freuen uns ausserordentlich, dass Sie da sind», sagt er zum König, erst auf Deutsch – eine offizielle belgische Landessprache – dann auf Englisch. Die Schweiz investiere viel in die Ausbildung der jungen Generationen. Er erläuterte die Vorzüge des dualen Bildungssystems – es sei eines der besten der Welt; dies habe auch Weltbank-Chef Kim kürzlich erwähnt, als er sagte: «Wenn Sie ein Problem mit Arbeitslosigkeit haben, schauen Sie in die Schweiz, dieses Land hat offenbar ein Rezept dagegen.» Remo Lütolf, Vorsitzender der ABB-Geschäftsleitung, erlärte, eine solide Ausbildung sei wichtig, um Arbeitsplätze in der Schweiz zu halten.
9.50 Uhr: Der König besichtigt die Fabrik der ABB, ehe er sich zum Gebäude der Industriellen Berufslehren Schweiz (libs) begibt. Lernende zeigen ihm ihr Können – sie haben einen Roboter programmiert, der Deckel auf Blechdosen drückt. König Philippe schaut interessiert zu, stellt den Lernenden viele Fragen. So will er wissen, ob sie denn auch die Freiheit hätten, selber Ideen zu entwickeln, oder ob sie bloss fixe Arbeiten ausüben müssten. Die Antwort der jungen Berufsleute: Wer mit Robotern arbeite, dem seien punkto Kreativität kaum Grenzen gesetzt.
10.20 Uhr: Die Delegationen versammeln sich im Gebäude der «libs» zu einer Frage-Antwort-Runde. In den engen Gängen sind die Sicherheitsleute präsenter als zuvor bei der ABB, sie schirmen den König stärker ab. Zu Beginn der Diskussionsrunde wird der König seinem Ruf als bescheidener und zurückhaltender Monarch gerecht. «Ich bin nicht hier, um zu reden, sondern um zu lernen», sagt er. Danach löchert die belgische Delegation die Schweizer Vertreter mit Fragen. Die Fragerunde dauert länger als vorgesehen. Der Schweizer Bundesrat wird gefragt, wie er belgische Unternehmer überzeugen würde, in die Berufsbildung zu investieren. Johann Schneider-Ammann antwortet: «Lernende sind wie eine Versicherung. Viele Lehrlinge blieben meinem Unternehmen ihr Leben lang treu, viele weitere kehrten nach Weiterbildungen wieder zurück.»
11.30 Uhr: Der König verlässt das Gebäude der «libs», steigt in die Limousine. Diese bringt ihn nach Luzern, wo er am Nachmittag die KV-Berufsschule besucht.