Baden
Der neue Stadtrat – eine politische Wundertüte

In Baden hat der neue Stadtrat eine Zusammensetzung, wie es sie noch nie gab. Baden rätselt, welchen Kurs er einschlägt.

Pirmin Kramer
Drucken
Philippe Ramseier (bisher) und Sandra Kohler (neu) prosten sich nach ihrer Wahl in den Badener Stadtrat zu.

Philippe Ramseier (bisher) und Sandra Kohler (neu) prosten sich nach ihrer Wahl in den Badener Stadtrat zu.

Alex Spichale

Die Stadtratswahl vom März 2013 ist bis heute unvergessen: Erstmals erlangten die links-grünen Parteien die Regierungsmehrheit in Baden; sie stellten vier Mitglieder, die bürgerlichen Parteien drei Mitglieder.

Nach der Wahl des parteilosen Erich Obrist in den Stadtrat – er folgte 2015 auf Daniela Berger (SP) – herrschte eine Art Pattsituation: Drei Bürgerliche standen drei Links-Grünen und einem Parteilosen gegenüber. In der gesamten vergangenen Legislatur, so viel drang aus dem Ratsaal an die Öffentlichkeit, wurden im Stadtrat Entscheide häufig mit knappen 4:3-Mehrheiten gefällt.

Die Stadtratswahl von Ende September dieses Jahres hat Baden nun wiederum eine Regierungszusammensetzung gebracht, die es so noch nie gab. Die drei bürgerlichen Markus Schneider (CVP), Matthias Gotter (CVP) und Philippe Ramseier (FDP) stehen den beiden Linken Ruth Müri (team) und Regula Dell’Anno (SP) gegenüber. Hinzu kommen zwei Parteilose: Erich Obrist und Sandra Kohler. Was bedeutet diese 3-2-2-Konstellation für die Stadtratspolitik der kommenden Jahre? Eine Umfrage bei den Badener Stadtparteien, die in der Regierung vertreten sind, zeigt: Die Meinungen gehen auseinander.

«Aus Sicht unserer Partei ist der Stadtrat sicher bürgerlicher geworden», sagt Iva Marelli, Präsidentin des linksliberalen Team Baden. Erich Obrist als ehemaliges SP-Mitglied rechnet das Team dem linken Lager zu, während Sandra Kohler als früheres Mitglied des Wahlkampfteams des freisinnigen Philippe Ramseier vermutlich eher dem rechten Lager zuzuordnen sei. Das Etikett parteilos bedeute nicht zwingend auch eine Hinwendung zu themenbezogener Sachpolitik und dürfe deshalb nicht überbewertet werden.

Grundsätzlich vertrete jedes Exekutivmitglied eine bestimmte Wertehaltung, welche eher dem einen oder dem anderen politischen Lager zuzurechnen sei. «Das Team hofft, dass – unabhängig von der Zusammensetzung des Stadtrates – die kommende Legislatur von sachlichen Diskussionen und konsensualen Entscheidungen geprägt sein wird», sagt Marelli.

«Legislaturziele zeigen Richtung»

Fast scheint es, als wäre der Stadtrat für die Präsidenten der Badener Stadtparteien derzeit noch eine politische Wundertüte. Anders als Iva Marelli und das Team vertritt Carlo Possenti, Co-Präsident der CVP Baden, folgende Meinung: «Aus meiner Sicht lässt sich nicht sagen, dass der Stadtrat nun klar bürgerlich ist.» An der Anzahl Sitze, welche von der FDP und der CVP gestellt werden, habe sich nichts geändert. «Vermutlich wird Sandra Kohler eine weniger linke Politik machen. Wo sie aber wirklich steht, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.» Auch Tobi Auer, Co-Präsident der FDP, erklärt: «Aus unserer Sicht hat sich nicht viel geändert, da unser Ziel ja war, wieder vier bürgerliche Stadträte in der Exekutive zu haben. Es ist unglaublich schwer, die Parteilosen einzuordnen. Am Ende des Tages wird es wohl von Fall zu Fall unterschiedlich ausgehen, nicht unbedingt auf der Links-Rechts-Achse.»

Für eine Etikettierung «bürgerlich oder links» seien wohl noch zu viele Fragen offen, so beispielsweise, wer neuer Stadtammann und wer zum Vizeammann gewählt werden wird, sagt Selena Rhinisperger, Präsidentin der Badener Sozialdemokraten. «Wir sind sehr gespannt, wie sich der neue Stadtrat positionieren wird. Wir werden es wohl spätestens bei der Besprechung der neuen Legislaturziele erfahren.»