Die Sanierung in der Webermühle erreicht ein erstes Etappenziel. Ein Blick ins Herz der Siedlung zeigt: Viele Menschen sind inzwischen weggezogen. Der Quartierladen leidet, er soll aber erhalten bleiben, genau wie die Spielgruppe.
Feine Nebelschwaden steigen von der Limmat auf, die Luft ist eisig kalt. Warm eingepackte Spaziergänger überqueren den Steg bei der Webermühle, grüssen freundlich. Auch die Wohnsiedlung scheint in einen warmen Wintermantel gepackt – zwei der vier Blöcke sind von Kopf bis Fuss eingerüstet. Abgesehen davon erinnert an diesem Nachmittag nichts daran, dass hier den ganzen Sommer über gebohrt, herausgerissen und eingebaut wurde. Nunmehr legen sich Staub und Lärm – die erste Etappe der Sanierung soll noch vor Ende Jahr abgeschlossen werden.
Viele Menschen sind weggezogen
Zwei Mädchen, beide in rosafarbener Daunenjacke, tummeln sich auf der Schaukel am Spielplatz. «Für die Kinder ist es toll hier, sie können draussen spielen, es hat kaum Verkehr», sagt eine junge Frau. Sie beugt sich über den Kinderwagen und deckt ihr Baby mit einer Decke zu. «Ich weiss noch nicht wie ich es anstellen soll, ein so kleines Kind draussen zu baden», sagt sie. Ihre Wohnung wird im kommenden Jahr im Zuge der zweiten Etappe saniert. Während vier Wochen wird sie Küche und sanitäre Anlagen in der Wohnung nicht benutzen können; warmes Wasser gibt es nur in den Provisorien vor dem Haus.
Befreundete Familien seien wegen der Sanierung oder wegen der angekündigten Mietzinserhöhung ausgezogen. Rinesa, das kleinere der beiden Mädchen, besucht die siedlungseigene Spielgruppe. «Es hat nur noch vier Kinder da, früher waren es doppelt so viele», sagt Rinesas Mutter. Dass die Spielgruppe erhalten bleibt, ist der Eigentümerschaft ein Anliegen. «Wir sind zuversichtlich, dass es nach Abschluss der Sanierungsarbeiten einen Zuzug von Familien gibt», sagt Ivana Bianchet, Mediensprecherin der Immobilienanlagegefässe der Credit Suisse.
Laden soll erhalten bleiben
Vor dem Quartierladen ist zurzeit nicht viel los. Der Ladenbesitzer José winkt die Gäste in die warme Stube. «Einen iranischen Tee?», fragt er, und giesst ein. Es duftet nach Schwarztee und Kardamom, im Hintergrund klingt Jazz. Kommt jemand dazu, rückt man auf der Eckbank zusammen. José wirft Zucker in seine Tasse, rührt um. «Kürzlich kam die Verwaltung und die Bauleitung hierher, um nach meinen Wünschen für die Ladensanierung zu fragen», berichtet er. «Falls ich mehr bezahlen muss, werde ich meinen Laden schliessen», sagt José. «Und wenn dieser Laden schliesst, wird die Webermühle zu einer toten Stadt.» Die Verwaltung bestätigt, dass ein Gespräch mit dem Mieter des Ladenlokals stattgefunden habe. Die Dienstleistung eines Quartierladens in unmittelbarer Nähe sowie der Quartierladen als Treffpunkt soll den Mietern erhalten bleiben und ist für die Verwaltung wie auch für die Eigentümerschaft ein wichtiger Teil der Webermühle. Zwei von Josés Gästen sind während der Sanierung in der Webermühle geblieben. Die Sanierung sei für sie reibungslos verlaufen. Der Bauleiter habe sich bemüht, Anschlüsse so schnell wie möglich wieder instand zu stellen.
Doch mit der neuen Küche ist Daniela Thommen nicht zufrieden. Sie biete weniger Stauraum, der Kühlschrank sei kleiner, die Geschirrablage neben dem Lavabo fehle gänzlich. «Schönheit ist nicht alles. Die alte Küche war viel praktischer», sagt Thommen. Ihr Nachbar Beat Alder nickt. «Von mir aus hätten sie nur die Fenster auswechseln müssen.» Das eingebaute Material sei teilweise billig – an der Dusche sei ein Duschschlauch aus Plastik montiert worden.
«Wir waren uns bewusst, dass nicht alle Mieter von der Küche gleich überzeugt sein werden», sagt Ivana Bianchet. Eine Mieterumfrage im Jahre 2009 habe gezeigt, dass die Sanierung von Küche und Bad eine hohe Priorität habe. «Mit dem Einbau des neuen Kühlschranks, des neuen Backofens wie auch des neuen Keramikherdes konnte ein Mehrwert geschaffen werden. Wir sind überzeugt, dass sich die Mieter bald an die neue Küche gewöhnen werden», sagt Bianchet.
Zwischen den Gerüsten werden erste Lichter angeknipst. Thommen nimmt einen Schluck Tee. Sie sei froh, eine Wohnung im Grünen gefunden zu haben, wo sie ihren Hund mitnehmen könne. Einige Bewohner hätten keine bezahlbare Alternative gefunden und seien deshalb in der Webermühle geblieben, erzählt José. José giesst frischen Tee auf. Der Quartierladen wird bleiben – aber ob die Bewohner im kommenden Jahr wieder bei José zum Teetrinken zusammensitzen werden, ist noch ungewiss.