Baden
Der Stadtfotograf ist zu Besuch bei den vier Weltreligionen

André Urech hat für eine Ausstellung im Historischen Museum religiöse Symbole im Kappelerhof fotografiert. Er hat dafür fünf Stadt-Haushalte besucht.

Manuel Bühlmann
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Der Badener Fotograf André Urech und seine Werke im Historischen Museum. alex spichale

Der Badener Fotograf André Urech und seine Werke im Historischen Museum. alex spichale

Das weisse Möbel auf einem Balkon im Badener Kappelerhof-Quartier sieht nur auf den ersten Blick aus wie eine gewöhnliche Kommode. Wer genauer hinschaut, erkennt darin einen reich verzierten hinduistischen Altar. Aus Platzgründen habe die Familie den Altar auf den Balkon verlegt, sagt André Urech. Der Haushalt der hinduistischen Familie ist einer von fünf Haushalten, in denen der Badener Stadtfotograf religiöse Symbole fotografiert hat. Eine Auswahl ist zurzeit in der Sonderausstellung «Merkur & Co.» des Historischen Museums Baden zu sehen (siehe Box). «Die Bilder sollen eine Brücke von der Römerzeit zur Gegenwart schlagen», sagt Urech, der das auf zwei Jahre begrenzte Amt des Stadtfotografen noch bis März innehat.

Sonderausstellung

«Merkur & Co.» heisst die Sonderausstellung, die noch bis zum 26. Mai im Historischen Museum Baden zu sehen ist. Rund 150 Originalfunde - darunter auch eine 1871 in Baden ausgegrabene Götterschar - bieten Einblicke in die häusliche Frömmigkeit im römischen Helvetien. Daneben sind verschiedene Veranstaltungen geplant. Am 17. März findet ein Familiensonntag mit Römergruppen statt, die eine Rauchopfer-Zeremonie, die Herstellung von Münzen und die Kunst der Räuchermischung vorführen. Am Mittwoch, 27. März, hält PD Dr. Eckhard Deschler-Erb von der Uni Zürich einen Vortrag über Gorgo Medusa, das Badener Scheusal. Weitere Informationen finden Sie unter www.museum.baden.ch (az)

Durchmischtes Quartier

Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum – vier Religionen hat André Urech für die Fotoserie ausgesucht. Im Kappelerhof-Quartier hat er kurz vor und nach Weihnachten Personen aus den unterschiedlichsten Regionen zu Hause besucht. «Der Kappelerhof ist eines der meist durchmischten Quartiere in Baden», sagt Urech. «Angehörige verschiedener Religionen leben dort Tür an Tür.» Allerdings sei er nicht einfach unangemeldet vorbeigegangen und habe geklingelt. Den Kontakt zu den einzelnen Familien stellte eine Bekannte her, die sich im Kappelerhof gut auskennt. Damit hat sich auch gleich seine Hauptsorge erledigt: «Ich befürchtete, nicht genug Leute zu finden», sagt Urech.

Hinduistischer Altar auf einem Balkon im Badener Kappelerhof (Quelle André Urech)
6 Bilder
Hinduistischer Hausaltar einer Familie aus dem Kappelerhof in Baden (Quelle André Urech)
Christliche Osterkerze im Badener Kappelerhof (Quelle André Urech)
Schriftrolle mit Spruch aus der Tora (Quelle André Urech)
Jüdisches Totenlicht einer Familie im Badener Quartier Kappelerhof (Quelle André Urech)
Gebetsteppich im Wohnzimmer einer muslimischen Familie im Kappelerhof (Quelle André Urech)

Hinduistischer Altar auf einem Balkon im Badener Kappelerhof (Quelle André Urech)

Zur Verfügung gestellt

Unauffällige Symbole

«Die angefragten Personen erklärten sich dann aber sofort bereit, mitzumachen und waren sehr offen.» Sie luden den Fotografen zu sich nach Hause ein, erzählten von ihrer Religion und zeigten ihm die religiösen Symbole, die sie teils gut erkennbar, teils kaum sichtbar in ihren Wohnungen aufbewahren. Einige religiöse Symbole hätte er ohne Hilfe gar nicht als solche erkannt, sagt Urech. Die kleine Schriftrolle etwa, die bei jüdischen Familien am Türrahmen befestigt ist. «Sie erklärten mir, dass es sich dabei um eine Schriftrolle mit einem Spruch aus der Tora handelt.» Wer das Haus betritt, sagt zuvor einen Segensspruch auf.

Ein weiteres Motiv für seine rund 50 Bilder, von denen acht im Historischen Museum ausgestellt werden, lieferte ein jüdisches Totenlicht. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Kerze, sondern um einen Stecker – ähnlich einem Nachtstecker in Kinderzimmern –, der für 24 Stunden eine elektrische Kerze zum Leuchten bringt und an den Jahrestag von Verstorbenen erinnert.

Hausaltäre und Gebetsteppiche

Aber auch in den anderen Haushalten fand Urech zahlreiche Fotomotive: Bei den beiden hinduistischen Familien waren es die aufwendig geschmückten Hausaltäre mit zahlreichen Heiligenbildern; bei der muslimischen Familie aus dem Irak der Gebetsteppich und die Passagen aus dem Koran. «Zu jeder Religion wäre eine eigene Ausstellung möglich gewesen.» Ihm sei es aber darum gegangen, die Vielfältigkeit zu zeigen. Dass er selber nicht religiös sei, habe ihm die Arbeit erleichtert. «Denn so habe ich alle Religionen völlig gleich behandelt.»