Hoher Geburtstag
Der «verbindende Binder» wird 90 und blickt auf ereignisreiche Jahrzehnte zurück

Der ehemalige National- und Ständerat Julius Binder aus Baden wird heute 90-jährig. Er gilt als der grosse Vordenker der Schweizer Politik im 20. Jahrhundert.

Hans Fahrländer
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Julius Binder hat es in seiner langen Karriere immer wieder geschafft unterschiedlich denkende Menschen für eine gemeinsame Lösung zu gewinnen.

Julius Binder hat es in seiner langen Karriere immer wieder geschafft unterschiedlich denkende Menschen für eine gemeinsame Lösung zu gewinnen.

Alex Spichale

In seinem Heim an der Hirschlistrasse in Baden feiert heute der bekannte ehemalige CVP-Politiker Julius Binder bei beneidenswerter körperlicher und geistiger Gesundheit seinen 90. Geburtstag. Noch heute kann man ihn mit seiner um ein Jahr jüngeren Gattin Cilly im «Isebähnli» in Baden treffen, wo die beiden regelmässig zu Mittag essen. Auch wenn sein Abschied aus der aktiven Politik mehr als ein Vierteljahrhundert zurückliegt, seine Leistungen als politischer Vordenker und als hervorragender Vertreter des Aargaus im Bund sind bis heute unvergessen.

Julius Binder stammt aus Baldingen im Zurzibiet, wo er 1925 als viertes von sieben Kindern einer Bauernfamilie zur Welt gekommen ist. Bereits mit 28 Jahren eröffnete er eine eigene Anwaltskanzlei in Baden. Zur selben Zeit begann er für die katholisch-konservative Partei eine glänzende politische Karriere, die ihn bis fast in den Bundesrat führte.

Er war in Baden Präsident der Kirchenpflege, sass in der Schulpflege, führte die Parteisektionen in Stadt, Bezirk und Kanton, war Vizeammann, Mitglied des Grossen Rates und erster Präsident des Aargauer Verfassungsrates. 1963 wurde er, 38-jährig, in den Nationalrat gewählt. Während insgesamt 20 Jahren vertrat er den Aargau in Bern, 12 Jahre als Nationalrat und 8 als Ständerat. 1982 stand er vor der Türe des Bundesratszimmers. Doch im entscheidenden Wahlgang passierte ihm das, was vor und nach ihm auch weitere Aargauer Politiker erlebten: Andere Regionen hatten die stärkere Lobby im Parlament, gewählt wurde schliesslich, als Nachfolger des Innerschweizers Hans Hürlimann, der Innerschweizer Alphons Egli.

Vordenker der Schweizer Politik

Julius Binder gilt als der grosse Vordenker der Schweizer Politik im 20. Jahrhundert. Er brachte schon früh grundsätzliche und für die Zukunft des Landes entscheidende Themen aufs Tapet. Paradebeispiel ist der Umweltschutz. 1964, als noch niemand an den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen dachte und es noch keine grüne Partei gab, reichte er eine Motion für einen Verfassungsartikel zum Schutz der Umwelt ein. Sieben Jahre später wurde der Artikel mit rekordverdächtiger Mehrheit an der Urne angenommen. Noch länger dauerte es beim UNO-Beitritt: Julius Binder reichte 1969 eine entsprechende Motion ein, realisiert wurde der Beitritt 2002.

Politisches Gen weitergegeben

Das Bonmot stammt von Altbundesrat Arnold Koller: «Nomen est omen – Binder verbindet.» In der Tat hat es Julius Binder in seiner langen Karriere immer wieder geschafft, unterschiedlich denkende Menschen für eine gemeinsame Lösung zu gewinnen. Auch bei der Fusion von Katholisch-Konservativen und Christlich-Sozialen zur CVP im Jahr 1971 hat der «verbindende Binder» eine wichtige Rolle gespielt. Noch heute analysiert Julius Binder die politische Lage glasklar. Mit Freude durfte er erleben, dass er das politische Gen weitergegeben hat: Ein Sohn, eine Schwiegertochter und ein Enkel waren oder sind ebenfalls politisch aktiv. Unsere besten Wünsche für noch möglichst viele beschwerdearme Jahre begleiten Julius Binder auf seinem Weg ins zehnte Lebensjahrzehnt. Herzliche Gratulation und ad multos annos!