Alstom
Der Werkplatz fällt wieder mal ins Wellental

Die massive Personalabbau-Massnahmen beim Insdustriekonzern Alstom sind leider nichts Neues.

Louis Probst
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«Seit dem Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise, welche die Weltwirtschaft durchgeschüttelt hat, habe ich daran festgehalten, dass unser Unternehmen, das gänzlich auf Infrastruktur-Projekte fokussiert ist, sich über zyklische wirtschaftliche Abschwünge hinaus auf Märkte stützen kann, die mittel- und langfristig strukturell wachsen», erklärte Alstom-CEO Patrick Kron im Mai dieses Jahres in seinem Brief an die Aktionäre. «Ich habe aber auch darauf aufmerksam gemacht, dass wir nicht in einer virtuellen Welt tätig sind und dass die Krise nicht ohne Konsequenzen auf unsere Aktivitäten bleiben wird.»

Mehr Gewinn – weniger Aufträge

Immerhin konnte der Alstom-CEO sein Aktionariat damals über eine Steigerung des Nettogewinnes von 10 Prozent – und einen Antrag auf eine leichte Erhöhung der Dividende – in Kenntnis setzen. Er wies aber auch auf die Bedeutung des Bestellungseinganges – der einen Rückgang um 39 Prozent verzeichnete – und die entsprechenden Konsequenzen für die kommenden Jahre hin.

Und diese Konsequenzen sind jetzt, früher als vielleicht erwartet, sichtbar geworden – in einem massiven Personalabbau. Vor allem in der Sparte Kraftwerkbau. Betroffen sind in erster Linie die Werkplätze Baden und Birr. Dort werden rund 750 Stellen gestrichen.

Folgen eines zyklischen Geschäfts

Hiobsbotschaften aus der Alstom-Zentrale sind in Baden und in Birr leider nachgerade nichts Neues mehr. Was für die Betroffenen allerdings kein Trost ist.

Nach der Übernahme des Kraftwerkgeschäftes von ABB vor gut zehn Jahren hatte Alstom den Personalbestand in Baden und Birr zwar massiv hochgefahren. Bereits 2004 kündigte das Unternehmen jedoch den Abbau von 650 Arbeitsplätzen an. Grund war damals ein Restrukturierungsprogramm, das nach gewaltigen Verlusten im Konzern und einem Einbruch des Gasturbinengeschäftes in die Wege geleitet worden war. Wenige Jahre später – 2006 und 2007 – profitierte Alstom wieder von einem Boom im Kraftwerkbau. Der Personalbestand wurde hochgefahren. Allein im Jahr 2006 wurden rund 250 neue Stellen geschaffen. In diese Zeit fallen auch die Planung und die Umsetzung einer neuen Gasturbinen-Prüfanlage im Werk Birr. Inzwischen nähert sich diese Prüfanlage – die
im Baugesuch auch als «Beitrag an die Attraktivität des Werkstandortes Birr» bezeichnet worden war – ihrer Fertigstellung. Just zu dem Zeitpunkt, in dem das Unternehmen
den massiven Personalabbau bekannt gibt. Aber wie hatte doch der Alstom-CEO gegenüber seinen Aktionären erklärt: «Als Antwort auf die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten wird Alstom auf ein striktes Kostenmanagement, auf den Erhalt der Flexibilität und die schlanke Realisierung von Projekten fokussiert bleiben.» Die Börse scheint das strikte Kostenmanagement in Sachen Personal jedoch noch nicht honorieren zu wollen. Die Alstom-Aktie gab gestern jedenfalls um 0,55 Prozent nach.