Kurtheater
Die schiefe Säule von Baden – was hat es mit dem fast vergessenen Wahrzeichen auf sich?

Sie ist ein fast vergessenes Wahrzeichen: Beim Umbau des Kurtheaters in Baden wurde eine Stele beschädigt, die an die Stadt in der Römerzeit erinnert.

Andreas Fahrländer
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Schräg: Eine der beiden römischen Marmorsäulen an der Römerstrasse steht schief.

Schräg: Eine der beiden römischen Marmorsäulen an der Römerstrasse steht schief.

Andreas Fahrländer

An der Römerstrasse in Baden steht derzeit ein Kulturgut ziemlich schief in der Landschaft: Eine der beiden römischen Marmorsäulen hinter dem Kurtheater macht einen ramponierten Eindruck, der Fuss der Säule ist zerbrochen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Schieflage im Zuge des laufenden Umbaus des Kurtheaters entstanden ist. In der Tat: Wie es auf Nachfrage beim Kurtheater heisst, wurde die Säule einmal vom Lieferwagen eines Handwerkers und noch ein zweites Mal von einem anderen Fahrzeug touchiert. Derzeit ist sie mit Spanngurten und hölzernen Stützen gesichert und mit Baulatten eingezäunt.

Eine Erinnerung an das römische Baden

Doch was ist das überhaupt für eine Säule, die nach dem Malheur so aufwendig geschützt wird? Eines ist klar: Sie erinnert an die reiche römische Vergangenheit Badens. Das heutige Römerquartier – rund um die Römerstrasse, den Kurpark und die Bäder – entspricht ziemlich genau der Fläche der römischen Kleinstadt Aquae Helveticae. Der Vicus entstand nach Christi Geburt auf dem Sporn des Haselfelds, hoch über den heissen Quellen an der Limmat. Nachdem im Jahr 14 nach Christus das Legionslager im nahen Vindonissa errichtet wurde, pilgerten die Soldaten bald in die heissen Bäder von Baden. Wie es in der jüngsten Badener Stadtgeschichte heisst, war Aquae aber weit mehr als ein Soldatenbad.

Sieben Säulen einer römischen Villa

Beim Bau des Kurtheaters 1950 konnten bereits römische Mauern eines Gebäudes dokumentiert werden. Bei den jüngsten Grabungen 2018 stiess das Team der Kantonsarchäologie erneut auf verschiedene Siedlungsreste aus der Römerzeit. Beim Kurtheater kamen etwa die Reste zweier Holzgebäude zum Vorschein.

Aber zurück zu den beiden Säulen: Sie sind zwar echt römisch, aber keine echten Badenerinnen. Sie stammen nicht aus Aquae, sondern von einem Gutshof im nahen Schleinikon im zürcherischen Wehntal. Insgesamt wurden dort 1834 bei Grabungen sieben Säulen aus Juramarmor gefunden.

Einige der Säulen befinden sich heute im Landesmuseum, zwei kamen in die historische Sammlung der Stadt Baden und waren lange im Landvogteischloss ausgestellt. Wie in der Quartierzeitschrift «Rövue» nachzulesen ist, wurden sie Ende der 1980er-Jahre vom damaligen Kantonsarchäologen Martin Hartmann an der Römerstrasse – der einstigen Hauptstrasse von Aquae – aufgestellt. Hartmann, der im vergangenen Jahr verstorben ist, lebte selbst im Quartier und setzte sich hier für die Vermittlung der römischen Kultur ein.

Künftig mehr Platz für Lieferwagen

Wie es vonseiten des Kurtheaters heisst, wird die ramponierte Säule, die erst vor kurzem fachgerecht restauriert worden war, nun erneut von einem Fachbetrieb instand gesetzt. Die Kosten sind noch unklar, es dürfte sich aber um einen Versicherungsfall handeln.

Wenn der Umbau des Kurtheaters im kommenden Jahr abgeschlossen ist, dürfte es auch nicht mehr ganz so eng werden für die Lastwagen, die zum Kurtheater fahren. Dort, wo jetzt noch das ehemalige Studiogebäude steht, wird es einen «Verkehrshof» geben, auf dem auch grosse Lastwagen wenden können. Somit wird auch die Anlieferung von grossen Bühnenbildern und Theaterrequisiten gewährleistet sein. Im kommenden Sommer soll das Theater nach dem Umbau (Gesamtkosten: rund 35 Millionen Franken) feierlich wiedereröffnet werden.