Wettingen
Die Steuerquelle sprudelt nicht mehr so ergiebig wie bisher

Bei einem Umsatz von 107,3 Millionen Franken schliesst die Rechnung 2014 Wettingens mit einem Verlust von 5,5 Millionen Franken. Gedeckt wird dieser aus dem Eigenkapital, das vor allem aus den Liegenschaften und Anlagen der Gemeinde besteht.

Dieter Minder
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Blick von Neuenhof auf Wettingen (Archiv)

Blick von Neuenhof auf Wettingen (Archiv)

Keystone

Das mit dem Harmonisierten Rechnungsmodell (HRM2) neu bewertete Eigenkapital liegt bei 230 Millionen Franken. Als sich die Situation abzeichnete, hat der Gemeinderat Sparmassnahmen angeordnet. «So konnte die Rechnung 2014 um insgesamt 460'000 Franken entlastet werden», sagt Gemeindeammann Markus Dieth.

Knapp 4 Millionen weniger Steuern

In den letzten Jahren sind die Steuereinnahmen der Gemeinde insgesamt um rund 25 Prozent gestiegen. Seit 2011 blieben sie allerdings hinter den zu optimistischen Erwartungen zurück. Das vergangene Jahr brachte nun einen Einbruch um 6 Prozent. Statt der erhofften 52,5 Millionen Franken sind nur 48,5 Millionen eingegangen. «Vor allem sind die Nachträge aus den Vorjahren geringer ausgefallen», sagt Finanzverwalter Martin Frey. Ferner wirken sich die Steuergesetzrevisionen stärker aus als von Finanzfachleuten vorausgesagt. Um 3,97 Millionen Franken wurde das Budget unterschritten. An Einkommenssteuern für das Rechnungsjahr wurden 39,6 Millionen budgetiert, eingegangen sind dann 39,5 Millionen: «Das zeigt, dass wir realistisch budgetieren.»

Die Nettokosten der Sozialhilfe lagen um 2 Millionen Franken über den Erwartungen. Die Abweichung ist auf eine zu optimistische Budgetierung und die Verschärfung bei den Sozialversicherungen zurückzuführen. Vor allem IV und ALV sind wesentlich restriktiver als in früheren Jahren, womit mehr Kosten bei den Gemeinden hängen bleiben. «Der Bereich Sozialhilfe wird im Rahmen der jährlichen externen Rechnungsrevision einer vertieften Prüfung unterzogen», sagt Dieth. Ebernfalls höher als angenommen ist der Transferaufwand. Es handelt sich dabei um gebundene Ausgaben, deren Höhe der Gemeinderat nicht beeinflussen kann.

Investitionen auf Rekordniveau

26,7 Millionen Franken investierte die Gemeinde 2014. So viel Geld hat sie seit Jahrzehnten nicht mehr in ihre Anlagen gesteckt. Wie teilweise geplant aber auch bedingt durch den schlechten Rechnungsabschluss muss sich die Gemeinde verschulden. Von den 26,7 Millionen entfielen rund 12 Millionen Franken auf die Sanierung und Erweiterung der Schulanlagen. Für rund 2 Millionen Franken wurden Gemeindestrassen saniert und knapp 11 Millionen Franken flossen in die Gemeindeliegenschaften. Darin enthalten sind der Umbau des ehemaligen Verwaltungsgebäudes des Elektrizitäts- und Wasserwerks (EWW) an der Landstrasse, die Buchbereinigung der EWW-Liegenschaften und der Bau Gemeindebüros im Erdgeschoss des Rathauses.

Trotz des negativen Jahresergebnisses bezeichnet der Gemeinderat die finanzielle Lage der Gemeinde als gut. «Im Budget 2016 werden wir das Ergebnis berücksichtigen», sagt Dieth. Der Gemeinderat werde auch mit gezielten Sparmassnahmen die im laufenden Jahr erwartenden Ertragsausfälle kompensieren. Per 1. Januar 2015 wurde der Steuerfuss auf 95 Prozent erhöht. «Wir planen zur Zeit keine weiteren Steuerfusserhöhungen», sagt Dieth.

Kommentar: Letztlich zahlt immer der Bürger

Es sind zwei sich schon länger abzeichnende Faktoren, die zum Rechnungsergebnis der Gemeinde Wettingen führen: Einerseits die Steuereinnahmen und anderseits die Investitionen. In beiden Fällen kann der Gemeinderat den Vorwurf nicht ganz von sich weisen, zu wenig in die Zukunft geblickt zu haben. Unter dem Titel «wir müssen den Gürtel enger schnallen» hat er nun Gelegenheit, dies nachzuholen.

In den letzten Jahren haben Bund und Kanton mit Steuergesetzrevisionen die Steuerzahler entlastet. Das brachte auch den Gemeinden geringere Einnahmen. Zahlreiche Gemeinden mussten diese Einnahmenausfälle, wie Wettingen, mit einem höheren Steuerfuss kompensieren. Für viele Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bleiben die Steuergesetzrevisionen somit ein Nullsummenspiel.

Die mit 26,7 Millionen Franken rekordhohen Investition zeigen ein anderes Wettinger Problem auf: Jahrzehntelang wurde zu wenig investiert. Obwohl diese Politik in den letzten Jahren geändert wurde, besteht nach wie vor ein grösserer Nachholbedarf, insbesondere bei den Unterhaltsinvestitionen. (Dieter Minder)