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Steffi Kessler bringt Leben in die hiesige Kulturszene – und eckt ab und zu an. Die gebürtige Zürcherin mischt sich mehr in das öffentliche Leben der Limmatstadt ein als manche Alteingesessenen.
Steffi Kesslers Fingernägel sind kurz gefeilt und rot lackiert. An den Ohren funkeln hellblaue Ohrringe – passend zu ihren leuchtend blauen Augen. Die Kulturmanagerin mit Kurzhaar-Bob ist keine Frau der leisen Töne. Sie will bewegen und bewegt. «Wenn ich von etwas überzeugt bin, setze ich mich dafür ein – Widerstand hin oder her», sprudelt sie los. Die Faust im Sack zu machen, ist nicht ihr Ding. Zur eigenen Meinung zu stehen – wenn nötig auch lautstark – dafür umso mehr.
Kessler schuf sich Freunde und Feinde mit ihrer Solidaritätsbekundung für Geri Müller, als sie nach dessen Nackt-Selfie-Affäre ein paar hundert Leute zusammentrommelte, um für den Stadtpräsidenten einzustehen. «Das war keine Straftat, sondern Privatsache», bekundet sie und findet es lächerlich, dass Themen dieser Art die Öffentlichkeit so lange beschäftigen: «Baden hat wichtigere Probleme als ‹Gerigate›; riesige Bauprojekte stehen an, die finanzielle Situation ist schwierig. Das erfordert Zusammenarbeit von allen Seiten und konkrete Lösungen.»
Die gebürtige Zürcherin mischt sich mehr in das öffentliche Leben der Limmatstadt ein als manche Alteingesessenen. In ihrer Funktion als Vize-Präsidentin der Genossenschaft Trudelhaus brachte sie mit Markus Widmer und Team eine halbe Million Franken zusammen, damit die Kulturstätte an der oberen Halde erhalten werden konnte. Als Einwohnerrätin von Baden machte sie sich 2013 für den 6,8-Millionen-Kredit zum Umbau der alten Schmiede in ein Jugendkulturlokal stark. Den letzten zwei Ausgaben von KulTour in Baden stand sie als Projektleiterin vor.
Bei der Grossproduktion «Auf der Suche nach dem Paradies» im Bäderquartier fungierte sie als Produktionsleiterin. Seit 2008 leitet sie ihr Einfrau-Unternehmen «Kesslerei Kulturagentur». Sie managt den Schweizer Musiker «Gustav» und organisiert unter anderem Events für Firmen. «Mittlerweile kann ich von meiner Arbeit leben. Das ist für mich ein grosses Privileg», freut sie sich. In Vorbereitung steht der Relaunch des Kulturmagazins «Juli», das sie zusammen mit Corinne Rufli ab Ende 2016 herausgeben wird.
Steffi Kessler ist wie Quecksilber. Ständig in Bewegung, schnell auf 180 und ebenso rasch wieder auf dem Teppich. Sie bezeichnet sich als emotional und pflichtbewusst. Mit ihrer jüngeren Schwester Alexandra wuchs sie nach der Scheidung ihrer Eltern in Schneisingen auf. Sie lebt als Single, schaut aber schon herum, wie sie augenzwinkernd sagt. Der Freundeskreis ist ihr sehr wichtig. In ihrer Freizeit liest sie viel und macht Yoga.
Kesslers Vater ist Mitglied der SVP, sie steht hinter der SP. «Wir haben oft harte Diskussionen am Familientisch», gesteht sie und lacht. Feuer für Baden fing die aktive Frau, als sie nach dem KV mit Berufsmatura in eine WG an der Kronengasse einzog und sich im Verein Musikszene Baden für bessere Bedingungen der ortsansässigen Künstler engagierte. Kultur ist für sie kein Hobby, sondern eine Herzensangelegenheit. Deshalb machte sie eine Zweitausbildung zum Master in Kulturmanagement.
Die Limmatstadt ist und bleibt ihre Traumdestination. «Baden ist lebendig, innovativ, offen und anderen Städten im Aargau weit voraus», schwärmt die Zugezogene über ihre Wahlheimat. Viele lobende Worte kommen aus ihrem Mund in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen den hiesigen Akteuren aus Politik und Kultur.
Ein Wermutstropfen ist, dass sie vor zwei Jahren aus ihrer Wohnung an der Zürcherstrasse ausziehen und nach Ennetbaden umsiedeln musste. «Es ist unmöglich, in Baden ein bezahlbares Domizil zu finden. Ich musste deshalb auch mein Engagement als Einwohnerrätin aufgeben. Leider.» Und obwohl Steffi Kessler ennet der Limmat und nur wenige Meter von der Holzbrücke entfernt lebt, sagt sie: «Ich habe Heimweh und möchte, so schnell wie es geht, wieder hierher zurückkommen.»