Robin Sager ist seit kurzem Steinbildhauer in Wettingen. Eines seiner Werke wurde ausgezeichnet – und eines gestohlen.
In seinem Beruf als Steinbildhauer macht Robin Sager Skulpturen und Grabmäler. Über seinen eigenen Grabstein hat er noch nicht gross nachgedacht: «Den müssen meine Angehörigen aussuchen. Es ist ihre Erinnerung an mich. Ich selber kann ihn ja eh nicht mehr ansehen», sagt der 30-Jährige mit einem Schmunzeln.
Robin Sager hat diesen Sommer seine Zweitlehre zum Steinbildhauer als Jahrgangsbester abgeschlossen. Mit der Bildhauerei kam er schon früh in Kontakt, sein Vater führt seit 30 Jahren eine Bildhauerwerkstatt in Wettingen. Sager wollte jedoch schon als Kind Zimmermann erlernen. «Womöglich war mir der Beruf Steinbildhauer anfangs zu nah, um seine Schönheit darin zu erkennen. Erst später wurde mir seine Vielfalt klar», sagt Sager.
2007 schloss er die Lehre als Zimmermann ab. Die Arbeit mit Holz machte ihm Spass, doch es war nicht genau das, was er sich vorgestellt hatte. Er machte verschiedene Jobs und entschloss sich vor vier Jahren, doch den Beruf zu erlernen, der ihm so nahe stand: Er begann die Lehre zum Steinbildhauer im Betrieb seines Vaters.
Die Ausbildung bei seinem Vater zu machen, verschaffte ihm Privilegien: «Ich verbrachte viel Zeit bei verschiedenen Bildhauerinnen. Je nachdem was auf dem Lehrplan stand und bei welchem Betrieb viel los war, konnte ich unterschiedliche Einblicke erhalten und viel lernen. Insgesamt war ich bei fünf verschiedenen Steinbildhauern. Dadurch konnte ich sehr viel Unterschiedliches lernen.» Vier Jahre später ist er sicher, dass er seine Berufung gefunden hat: «Ich schätze die Vielfältigkeit. Man kann kreativ sein, Beratungsgespräche führen und Ideen in Ton modellieren. Stein ist ein buntes und sehr vielfältiges Naturmaterial.»
Steinbildhauer ist einer der ältesten Berufe der Welt. Doch es gibt immer weniger Leute, die den Beruf erlernen. Zusammen mit Sager waren es zwölf Lernende aus der Deutschschweiz, die diesen Sommer die Lehre zum Steinbildhauer oder zum Steinmetz abgeschlossen hatten. Knapp die Hälfte waren Frauen. Steinmetz ist im Gegensatz zum Steinbildhauer technischer. Steinmetze arbeiten oft auf dem Bau oder restaurieren alte Gebäude oder Kirchen. Robin Sager ist in Höngg aufgewachsen und lebt auch heute noch in Zürich.
«Ich war als kleiner Junge sehr oft in Wettingen in der Werkstatt meines Vaters.» Die Bildhauerei sei hier verankert; von Wettingen wegzugehen, sei keine Option. «Meine Mutter hilft ab und zu bei der Administration und mein Bruder kommt vorbei, wenn Not am Mann ist. Wir sind ein typisches Familienunternehmen», sagt Sager. In naher Zukunft soll er das Geschäft vom Vater übernehmen. Einen grossen Teil seiner Arbeit mache die Herstellung von Grabzeichen aus, aber nicht nur. Auch Skulpturen herzustellen gehört dazu.
Seine Lehrabschlussarbeit, ein etwa ein Meter vierzig grosser Apfelschnitz, ziert den Kirchenplatz in Zürich Altstetten. Andere Arbeiten von Sager haben sogar Auszeichnungen gewonnen: Ein Grabmal, dass Sager noch in seiner Lehrzeit angefertigt hat, wurde mit dem Qualitätszeichen geehrt. Die Auszeichnung wird einmal pro Jahr vom Schweizer Bildhauer- und Steinmetzmeister-Verband vergeben. Eine Auszeichnung erhielt neben Sager nur noch ein weiterer Steinbildhauer. Wohlgemerkt, kein Lernender. «Das Grabmal war für eine Obstbäuerin aus dem Thurgau. Auf dem Stein sind die Früchte eingearbeitet, die auf ihrem Hof wachsen», so Sager.
Eine Skulptur von ihm wurde an der Ausstellung «Statements in Stein» in Bern gezeigt. An der Vernissage werden Stücke von Steinmetz- und Bildhauerlehrlingen präsentiert. Vor zwei Wochen wurde die Skulptur gestohlen: An den Berufsmeisterschaften in Bern war Sager mit einem Infostand über den Beruf Steinbildhauer vertreten. Mit dabei war auch seine Skulptur. Die Veranstaltung war am Sonntagabend vorbei, am Mittwoch war Sager in Bern, um seine Skulptur zu holen. Dann der Schock: Das 50 Kilogramm schwere Kunststück war verschwunden. Mittlerweile hat er Anzeige gegen unbekannt eingereicht. Die Skulptur ist 12 000 Franken wert. «Es geht nicht um den finanziellen Verlust, viel mehr um den emotionalen», sagt Sager. Nach wie vor hofft er, dass die Skulptur noch auftaucht oder zurückgebracht wird.
Wie sieht Sager die Zukunft dieses traditionsreichen Berufes, der langsam auszusterben droht? Eine Lehre, wie er selber sie geniessen durfte, in verschiedenen Werkstätten, bei unterschiedlichen Steinbildhauern, wäre seiner Ansicht nach die ideale Ausbildung für alle Lernende. «Lehrlinge auszubilden ist nach wie vor wichtig. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass ich in Zukunft selber Lernende ausbilden werde.»