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Nico Reppas aus Ennetbaden arbeitet an einem Roboterfahrzeug, das die Nasa auf dem Mars einsetzen will. Der 24-jährige Maschinenbaustudent erzählt, wie es dazu kam.
Eigentlich hatte ja niemand geglaubt, dass das möglich ist. Aber Nicholas Reppas, 24, Maschinenbaustudent an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg-Windisch, sagte sich: «Schlimmstenfalls sagen sie Nein, mehr kann mir nicht passieren.» Jetzt wohnt er seit August in La Cañada Flintridge, Kalifornien. An die 30 Grad hat er sich gewöhnt, an die amerikanische Mobilität nicht: «Ich habe kein Auto, dafür jogge ich die drei Kilometer zur Arbeit. Das ist viel besser, als auf den langsamen Bus zu warten.»
Sein Arbeitsplatz ist das JPL, das Jet Propulsion Laboratory der Nasa. Es baut Satelliten und Raumsonden für die US-Raumfahrtbehörde und gehört zum California Institute of Technology. Gegründet wurde es in den 1930er-Jahren, weil ein paar hoch motivierte Studenten und ihr Prof vom Uni-Campus verbannt wurden. Ihre Experimente mit Raketenantrieben waren zu gefährlich geworden.
Heute sind am JPL 6000 Mitarbeiter beschäftigt – und dass Nico Reppas aus Ennetbaden für drei Monate einer von ihnen ist, ist ein kleines Wunder. Ausländer gibt es am JPL kaum, niemand legt seine Weltraumtechnologie gern in fremde Hände. Das war Reppas’ Glück: Er lebte bis zum Alter von vier Jahren in Boston.
Sein Vater ist Amerikaner, seine Mutter Schweizerin – er somit Doppelbürger. Als er im Sommer 2015 Verwandte besuchte, lernte er zufällig einen JPL-Mitarbeiter kennen. Dieser ermunterte den Jung-Ingenieur, für ein Praktikum anzufragen. Reppas schickte ohne grosse Hoffnung ein E-Mail nach Kalifornien. Und hörte lange nichts. «Da dachte ich: Du kannst auch etwas Druck machen.» Der Militärpolizei-Grenadier hatte gelernt, dass man nicht schnell aufgeben darf, hakte mehrfach nach. Im März dann die Überraschung: «Sie sagten zu, und erst noch im passenden Zeitfenster.» Denn im November muss er für die Bachelor-Arbeit zurück im Aargau sein.
Doch für die nächsten Wochen ist er Nasa-Praktikant und Teil des «Mechanisms and Mobility Teams». Mit der Mission Mars 2020 wird ein neuer Rover auf den Roten Planeten geschickt, um unter anderem zu erforschen, wie der Mensch dort überleben könnte. Entwickelt wird das Roboterfahrzeug am JPL.
2012 landete bereits der Rover «Curiosity» auf dem Mars. Der 2020er-Rover hat noch keinen Namen. «Erst kurz vor dem Start wird er getauft», weiss Reppas. Er sieht ähnlich aus, ist aber eine Weiterentwicklung. Ein bekanntes Problem sind die Räder. Zwar sind sie robust gebaut, aus einer Aluminiumlegierung und mit Speichen aus Titan. Doch der steinige Mars-Boden setzte «Curiosity» zu, schlug Löcher in die Räder. Die Ingenieure am Kontrollzentrum der Mission – ebenfalls am JPL – mussten die Routen anpassen.
Jetzt macht «Curiosity» lieber einen Bogen um kantige Steine. Bloss: Wie baut man Räder, die auf Sanddünen und in Steinwüsten ähnlich gut vorankommen? Hier kommt Nico Reppas zum Zug: Er testet die überarbeiteten Räder. «Ich darf diese Tests selber entwerfen», erzählt er. Dabei sei er sehr frei und könne Kreativität walten lassen. Danach werden die Tests Experten präsentiert, die ihre Inputs geben und alles absegnen müssen. Und dann, mit Erlaubnis von oben, darf der Praktikant in den «Mars Yard», in den «grossen Sandkasten», in dem Manöver über marsähnliche Dünen simuliert werden. Zwölf-Stunden-Tage sind in dieser Phase keine Seltenheit.
Wie gut kommt der Rover vorwärts? Wie tief sinkt er ein? Wie viel spult er? Reppas misst alles und vergleicht die Daten mit jenen des alten Rovers. Er ist dafür verantwortlich, dass alles korrekt abläuft. Nur schon für den Radwechsel muss er einen Qualitätsingenieur beiziehen, der alles beobachtet. Reppas: «Ein Test-Rover kostet Hunderte Millionen Dollar. Da kannst du nicht einfach so herumschrauben.» Die Resultate beeinflussen den Entscheid, in welcher Mars-Region der Rover in vier Jahren aufsetzen wird.
Sein Physiklehrer an der Kanti Hottingen in Zürich begeisterte Reppas für die Naturwissenschaften. Als sein Entscheid feststand, Maschinenbau zu studieren, war klar: ab an die ETH. Doch dort fühlte er sich nicht wohl: «Tolle Leute, aber ein sehr unpersönliches Klima mit den Dozenten». In der «theoretischen Welt» sei er unglücklich gewesen, prompt habe er an der Basisprüfung nicht alle Tests bestanden. Er wechselte an die FHNW und sagt heute: «Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.» Die Klassen seien viel kleiner, der Unterricht praxisnah und die Dozenten jederzeit bereit, persönlich etwas zu erklären.
Reppas findet, an den Kantis müssten die Fachhochschulen besser informieren. «Von der Option FH wusste ich nichts. Natürlich sind sie in erster Linie auf die Praxis ausgerichtet, aber ich glaube, viele Schulabgänger wären dort viel glücklicher.» Doch die FHNW ist quasi Opfer ihres Erfolgs: Weil die Studierendenzahlen ständig steigen, die finanziell gebeutelten Trägerkantone aber kein Geld für Ausbauten haben, darf die FHNW nicht weiter wachsen. Dazu gehört, dass sie ihre Werbung heruntergefahren hat (die az berichtete).
In ein paar Wochen sind die Rad-Tests abgeschlossen. Nico Reppas sagt, er mache sich keine Illusionen, Riesiges zum Gelingen der Mission Mars 2020 beigetragen zu haben. «Aber ich habe beigetragen, und das ist ein super Gefühl.» Zurück in der Schweiz, will er sich nicht mehr zwingend der Raumfahrt, sondern den nachhaltigen Energien widmen.
Nachdenklich sagt er: «Ich bin sicher, dass wir eines Tages auf den Mars fliegen. Womöglich wird es unumgänglich sein, unser Leben auf andere Planeten auszuweiten, weil wir es fertig bringen, unseren Lebensraum unbewohnbar zu machen.» Überpopulation und der Energiekonsum seien die grössten Probleme, und eng miteinander verflochten. Er will mithelfen, sie zu lösen. Auch wenn nicht alle glauben, dass das möglich ist.