Montagsporträt
Dieses Naturtalent aus Niederweningen ist der beste Schweizer Freestyle-Mountainbiker

Lucas Huppert ist 17 und der beste Schweizer Freestyle-Mountainbiker. Doch das reicht ihm nicht aus – der Niederweninger ist zuversichtlich, mit Mountainbiken seinen Lebensunterhalt verdienen zu können.

Frederic Härri
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Hoch hinaus: Im Bikepark neben dem Zürcher Einkaufszentrum Sihlcity übt Lucas Huppert mehrmals pro Woche seine Tricks.

Hoch hinaus: Im Bikepark neben dem Zürcher Einkaufszentrum Sihlcity übt Lucas Huppert mehrmals pro Woche seine Tricks.

«Ein ganz normaler Typ» sei er, sagt Lucas Huppert über sich selbst. Eben einer, der mit beiden Füssen auf dem Boden steht. Was nicht heisst, dass der 17-Jährige nicht immer wieder von Neuem abhebt. Was durchaus wörtlich gemeint ist. In der Luft, fünf, zehn, ja 20 Meter über dem Untergrund, fühlt er sich am wohlsten. Lucas Huppert ist Freestyle-Mountainbiker – und gehört zu den besten seiner Zunft.

Der junge Niederweninger ist aktuell die Nummer 41 der Weltrangliste und der mit Abstand beste Schweizer auf der Freestyle-Mountainbike-Tour. Das, obwohl er nicht gerade zu den arrivierten Kräften gehört. «Bei den Events bin ich immer der Jüngste», erklärt Huppert. Er sagt dies so, wie er sich auch in Videos gibt, die er in sozialen Medien teilt, um sich und seinen Sport zu profilieren: betont entspannt. So, als würde er sich nicht erst seit neun Jahren, sondern sein ganzes Leben lang in waghalsige Höhen stürzen.

Lucas Huppert aus Niederweningen, 41. der Weltrangliste, peilt die Spitze an.

Lucas Huppert aus Niederweningen, 41. der Weltrangliste, peilt die Spitze an.

Man könnte auch sagen: Huppert redet mit der Gelassenheit eines Naturtalents. Was seinen Sport angeht, ist er nämlich ein klassischer Spätzünder. Erst mit acht Jahren beginnt er im Dorfverein mit dem Fahrradfahren. Als er auf der Schanze im Garten eines Freundes erste Sprünge übt, gefällt ihm der Kick. Schnell lernt Lucas seine ersten Tricks. Mit 13 nimmt er schliesslich erstmals an seinem Wettkampf teil – inmitten von Fahrern, die allesamt älter sind als er.

Grösser, lauter und hektischer

Über die Jahre kamen neben weiteren Ernstkämpfen in der Schweiz auch Events von internationaler Reichweite in Deutschland, Österreich und Frankreich hinzu. Auf einen Schlag wurde die Welt von Lucas Huppert grösser, lauter und hektischer. Mittlerweile darf er bereits auf einige Erfolge zurückblicken. 2016 und 2017 wurde er Schweizer Meister – «Swiss Dirt King» – und fuhr letztes Jahr bei einem Wettkampf im spanischen Vigo auf Rang 11. «Mein bisher bestes Resultat auf der Welttour», sagt er nicht ganz ohne Stolz.

Als Freestyle-Mountainbiker braucht es neben Mut, Talent und Körperbeherrschung auch Kreativität. «Man muss durch ausgefallene Tricks überzeugen», weiss Huppert. Kein einfaches Unterfangen, jedes Mal aufs Neue kreativ zu sein. Vieles schaue er sich von einem ab, der die internationale Mountainbike-Szene zurzeit dominiert: Brett Rheeder, seines Zeichens Nummer 1 der Weltrangliste.

Für Huppert ist der 25-jährige Kanadier ein Vorbild: «Seine Sprünge sind zurzeit das Nonplusultra.» Dort, wo Reeder steht, nämlich an der Spitze im internationalen Mountainbiken, will auch Lucas Huppert eines Tages hin. Für dieses Ziel leidet auch das Privatleben: Bereits jetzt steht Huppert, der eine Lehre als Elektroinstallateur absolviert, in den Sommermonaten mehr als 20 Stunden pro Woche auf dem Velo. Hinzu gesellen sich mehrmals pro Jahr Reisen an Orte in ganz Europa. «Es steckt richtig viel Aufwand und harte Arbeit drin.»

Das Hobby zum Beruf machen

Des Schweizers liebste Sportarten sind seit je Fussball, Eishockey und Tennis. Freestyle-Mountainbiken als Extremsportart fehlt in dieser Auflistung. Was auch die Weltrangliste veranschaulicht: Denn Lucas Huppert ist nicht nur der beste Schweizer auf der rund 70 Fahrer umfassenden Weltrangliste, er ist neben Dominik Widmer auch der Einzige. Der Sportart fehlt die Massentauglichkeit, sie ist nicht olympisch, «obwohl das eigentlich längst an der Zeit wäre», so Huppert.

Dennoch ist der Niederweninger zuversichtlich, mit Mountainbiken seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Mit Blick auf den kräftezehrenden Sport, bei dem Stürze und Verletzungen zur Tagesordnung gehören, sagt er aber auch: «Ewig werde ich das nicht machen können. Aber einige Jahre als Profi um die Welt zu reisen wäre sehr reizvoll.» Fragen zu seiner Zukunft sind für den 17-Jährigen derzeit zweitrangig. Huppert will erst einmal «richtig gut» werden.

Am Wochenende fiel beim «Rocket Air» in Thun der Startschuss für die diesjährige Saison. In seinem Heimspiel zeigte Lucas Huppert, was er kann: Mit zwei überzeugenden Läufen qualifizierte er sich als erster Schweizer für den Final, avancierte zum Publikumsliebling und beendete den Wettkampf in Thun mit 20 internationalen Finalteilnehmern auf Rang 8. Er ist auf dem besten Weg, richtig gut zu werden.