Baden
Dominique Rub war nicht nur Tagesschausprecherin, sondern auch Literatin

Dominique Rub ist nach langer Krankheit gestorben. Zum Gedenken an die Badenerin und «Tagesschau»-Sprecherin beim Schweizer Fernsehen von 1988 bis 1993.

Pirmin Meier*
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Dominique Rub moderierte während acht Jahren die Tagesschau beim Schweizer Fernsehen.

Dominique Rub moderierte während acht Jahren die Tagesschau beim Schweizer Fernsehen.

srf

Die Badenerin Dominique Rub, eigentlich Dominique Moustopoulos, war jenseits ihres Bekanntheitsgrades als Tagesschausprecherin und jenseits der Prominenz ihrer drei Ehemänner eine faszinierende Frau.

Geboren in Alexandria/Ägypten am Tag von St. Andreas 1952 (30. November), dem Patron der einen Mann suchenden Frauen, verstarb sie in Zürich am 15. August im Alter von 60 Jahren – dem Tag der Segnung der Heilkräuter. Gegen den bösen Krebs war leider kein Kraut gewachsen. Es kann von einer bewegenden, romanreifen Lebensgeschichte gesprochen werden. Zuletzt hat sie sich als Mitgründerin und Mitarbeiterin eines in kurzer Zeit renommierten Kleinverlages betätigt. Sie trug mit zu exquisiten Publikationen bei, so im Bereich der Vermittlung schöner Literatur und «süffig» lesbarer Sachbücher.

Dominique Moustopoulos entstammte einer griechischen Familie mit kosmopolitischen Bezügen. Ihr Vater, ein mit der Firma Brown-Boveri verbundener Ingenieur, war als Kämpfer für die Befreiung Griechenlands bis 1945 Offizier der Königlich-Britischen Armee. Die Mutter stammte aus Malta. Zur Zeit der Geburt von Dominique arbeitete der Vater als Ingenieur des Badener Konzerns in Ägypten. Nassers sogenannte Revolution brachte in ihren nicht nur segensreichen Folgen die Familie Moustopoulos nach Baden zurück. Hier lernte Dominique als kleines Mädchen Schweizerdeutsch. Am Familientisch wurde Französisch, Deutsch und Englisch gesprochen, je nach Kontakten auch Griechisch, Italienisch, Arabisch oder Spanisch. Als Hauptsprache hatte man sich auf Französisch geeinigt.

Nach der Bezirks- und Kantonsschule in Baden studierte die bildschöne Griechin in Zürich Geschichte und Politologie. Mit dieser Ausbildung brachte sie es zur Pressesprecherin von Bundesrätin Ruth Dreifuss.

Nach der Matura lernte sie den feinsinnigen und zugleich erdverbundenen Bezirkslehrer und versierten Jazz-Publizisten, später DRS-Redaktor, Bruno Rub, kennen. Der Sohn einer Arbeiterfamilie, selber einer der originellen und vielseitigen Aargauer seiner Generation, blieb ihr auch nach der Scheidung freundschaftlich und aus angemessener Distanz verbunden. Dominique ehrte diesen feinsinnigen Mann auch dadurch, dass sie dessen Namen beibehielt und denselben sogar in einen Verlagsnamen, Rüffer & Rub, (Ersterer der Name ihrer Verlagspartnerin) einbrachte und damit kulturhistorisch konsolidierte. Auch für «Schweizermacher»-Regisseur Rolf Lyssi lohnte es sich nicht nur menschlich, auch künstlerisch, mit Dominique Rub verheiratet zu sein. Eine bleibende Frucht dieser Verbindung ist unter anderem ein eindrucksvoller Dokumentarfilm über die Todesstrafe. Lyssi blieb seiner Lebensabschnittpartnerin tief genug verbunden, um die Todesanzeige mit zu unterzeichnen.

Mit Georg Kohler, dem Nachfolger des argumentationsstärksten Geschichtsphilosophen Europas, Hermann Lübbe, heiratete Dominique Rub in dritter Ehe einen der wichtigsten und einflussreichsten Intellektuellen der Schweiz. Diesem sollte jedoch mit ihr leider kein langes Glück beschieden sein. In der Todesanzeige lesen wir: «Sie starb nach langer Krankheit im Kreis ihrer Nächsten. Was sie im Glück bewies, bewahrte sie im Leiden: Haltung, stillschweigende Treue, liebenswürdigen Eigensinn und eine Tapferkeit im Letzten, die wir stets bewunderten.»

Der Roman ihres Lebens, beziehungsweise ihre Biografie, die als Roman völlig ausreicht, ist noch nicht geschrieben, wäre gewiss ein schöner Titel für den Verlag Rüffer & Rub. Dabei wären auch Dominique Rubs Leistungen als Lektorin und Literatin zu würdigen, nicht zu vergessen die Tragik ihres nach menschlichem Ermessen zu frühen Ablebens mit dem damit verbundenen, von aussen kaum nachvollziehbaren Leiden.

Noch nie war ich in der Situation, gleich zwei Weggefährten meiner eigenen Biografie, Bruno Rub und Georg Kohler, für den Tod einer einzigen Frau mein Beileid aussprechen zu müssen. Die Kantate von Bach, «Ich freue mich auf meinen Tod» oder das Diktum von Josef Vital Kopp «Der Tod ist gut», werde ich philosophisch nie gutheissen können.

Vielleicht mal eine Kerze anzünden an einem heiligen Ort für Dominique Rub: eine bewundernswerte vielseitig talentierte Frau. Über alles gesehen hat sie ihre Begabungen auf beeindruckende Weise umgesetzt. Sie wurde, nicht nur als Fernsehsprecherin, von weit mehr Menschen geschätzt, als sie persönlich kennen konnte.

*Pirmin Meier, 1947 in Würenlingen, ist Historischer Autor sowie Aargauer und Innerschweizer Literaturpreisträger.