Daniel Cortellini schreibt in seiner neuen Kolumne über geklaute Frauenfürze und wieso er heute schön artig auf eigene Produkte setzt.
Vor vierzig Jahren fand in Baden ein ganz bemerkenswerter Jahrmarkt statt. Einerseits war es dann zum letzten Mal gefühlt sonnig an einem Badener Jahrmarkt, andererseits habe ich seither immer wieder gefühlt rote Backen, wenn ich zurückdenke. Und das ging so:
Da stand ein Stand mit einer wiederum gefühlt siebzigjährigen Verkäuferin – real wird sie Mitte vierzig gewesen sein – die uns neunjährige Dreikäsehochs sicher nicht interessierte, aber dieser Stand, der hatte es in sich: eine funkelnigelnalgeneue wunderschöne Frauenfurzkanone für 3.95! Ein kleines Vermögen zu dieser Zeit, aber, hey: eine Frauenfurzkanone!
Also geiferten wir gut 20 Minuten ziemlich unauffällig über diesen einen Artikel, bis die gefühlte Siebzigerin endlich mal den Rücken kehrte und es wäre gar nicht nötig gewesen, dass mein Gspähndli JETZT! gerufen hätte, dies in einer Lautstärke die das ganze Jahrmarkttreiben eine Sekunde lang aussetzen liess, nein ich hätte so oder so zugegriffen.
Die jetzt gefühlte Mittdreissigerin dann leider auch, nämlich mit stählernem Griff. Und hat sie mir eins gezwickt, ich weiss es nicht, aber sie und ich, beide hatten wir plötzlich rote Backen und diese Jahrmarktsequenz erfüllt mich heute noch mit Scham und nacktem Grauen! Nix mit Frauenfurzkanone, dafür den Frauenfurz sinnbildlich um d’Ohre – hab ich Dich, Du elender Frauenfurzkanonendieb!
Sie hat auf eine Anzeige verzichtet und ich bin doppelt glücklich, denn mit meinem Namen hätte ich den Ausländern auch nicht grad einen Gefallen gemacht, obschon ich betonen muss, dass sich kein Badener für mich hätte schämen müssen, weil wir nämlich schon seit zwei Generationen eingebürgert waren, dies zu einer Zeit und in einem Waadtländer Dorf, wo sich Scham noch mit knallharten Schwiizer Fränkli unterdrücken liess. Ob wir damals auch einen Schlepper hatten, ist nicht überliefert, doch zurück zur Geschichte:
Wäre diese nun die endgültige Wendung in meinem Leben gewesen, quasi, Läuterung durch misslungenem Frauenfurzkanonendiebstahl, dann müsste man ja schon fast von Intelligenz sprechen. Aber natürlich kamen da noch zwei, drei weitere Erlebnisse zusammen, die ich als Zeichen des Mitgefühls für meine gefühlt 60zig-jährige Mutter hier nicht erwähnt haben möchte, wir wollen verhindern, dass sie vorzeitig altert. Die Summe verschiedener Faktoren führten somit zur Tatsache, dass ich heute nicht in Süditalien zwei Euro-Primitivos zusammenkaufe und hier für 25 Franken verhökere – Aktion bis Ende Jahr nur 19.90! – sondern schön artig auf eigene Produkte setze.
Und jetzt denkt der Leser vielleicht, hei, Glück gehabt, aber da bin ich mir nicht so sicher! Denn mit der Primitivo-Variante wäre mein Lebenswerk mit Sicherheit einträglicher gewesen, was nebst fetten Steuern vielleicht auch gezielte Parteispenden, Stiftungen und tollen öffentlichem Krimskrams gebracht hätte. Ja vielleicht stünde heute gar die im Februar erwähnte Gemüsehalle auf dem Theaterplatz – sie hiesse dann einfach Corteglin-Gemüsehalle!
Was aber sicher wäre: Jedem Badener Kindergärtler seine Frauenfurzkanone!