Baden
Ehrlichkeit soll nicht bestraft werden: Ehefrau nimmt Schuld auf sich, um ihren Mann zu schützen

Eine Fasnächtlerin stand wegen Irreführung der Rechtspflege und Begünstigung vor dem Bezirksgericht Baden.

Claudia Laube
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Eine Frau wollte ihren Mann schützen und wird nur milde bestraft.

Eine Frau wollte ihren Mann schützen und wird nur milde bestraft.

Walter Schwager

Ehrlich währt am längsten, besagt ein Sprichwort. Doch wer ehrlich ist, handelt sich manchmal mehr Ärger ein, als ihm lieb ist. Wer aber erst ehrlich ist, nachdem er gelogen hat, dem könnte es wie dem Ehepaar Meier (Namen geändert) aus der Region Baden ergehen.

Bei einem Transport von Fasnachtsutensilien im Oktober 2017 war die Ladung nicht richtig gesichert und deshalb verloren die beiden auf der Autobahn bei Mülligen diverse Teile davon. Daraufhin meldete die 38-jährige Andrea Meier den Vorfall bei der Polizei. Nur: Sie gab dabei sich selbst als Fahrerin aus, in Tat und Wahrheit war aber Ehemann Jonas gefahren.

Verfahren wegen Irreführung der Rechtspflege

Und so nahmen die Polizisten bei der Aufnahme des Unfalls bei diesem zwar Alkoholgeruch wahr, machten aber keinen Test, weil sie davon ausgingen, dass Andrea Meier die Wahrheit sagte. Wenige Stunden später jedoch nahm bei ihr das schlechte Gewissen überhand und sie wollte die Geschichte richtigstellen, sagte sie im Bezirksgericht Baden vor Einzelrichter Peter Rüegg.

Sie fühlte sich jedoch vom zuständigen Polizisten abgewimmelt und sei deshalb gar nicht dazu gekommen, die Geschichte zu präzisieren und richtigzustellen. Einen Tag später kam sie doch noch dazu.

Hätte Andrea die Lüge aber einfach weiter aufrechterhalten, wäre nicht gefolgt, womit sie sich nun seit zwei Jahren herumschlagen muss: Einem Verfahren wegen Irreführung der Rechtspflege, weil sie falsche Angaben gemacht hatte, und wegen Begünstigung, weil sie so die Ermittlung der Fahrfähigkeit ihres Mannes erschwerte.

Deshalb sass die unscheinbare Treuhänderin letzte Woche ganz in schwarz gekleidet, mit streng nach hinten gekämmtem Rossschwanz, vor Gerichtspräsident Rüegg. Neben ihr der Verteidiger, hinter ihr auf einem Besucherstuhl der 36-jährige Jonas im violetten Hemd, einem Transportunternehmer.

«So eine grosse Geschichte»

Es verwundert nicht, wollte seine Frau ihn schützen. Bei einem Ausweisverlust hätte er seinen Job eine Zeit lang nicht mehr ausüben können. Auf eine nicht ausreichend gesicherte Ladung kann ein Ausweisentzug folgen. Als Fahrer wäre er verpflichtet gewesen, sich vor Antritt der Fahrt zu vergewissern, dass die Ladung so angebracht ist, damit sie nicht herunterfallen kann.

Das hat er aber nicht getan, nein, «ich bin dafür verantwortlich gewesen und habe die Ladung befestigt», sagte Andrea aus. Auch deshalb habe sie die Schuld auf sich nehmen wollen: «Wir haben das aber überhaupt nicht abgesprochen, es war von Anfang an meine Idee», bekräftigt sie.

Und als sie ihren Fehler Stunden später wieder berichtigen wollte, hätte sie nie gedacht, dass «so eine grosse Geschichte daraus wird.» Es bei den zuerst gemachten Aussagen zu belassen, hätte dem kinderlosen Paar, das seit drei Jahren verheiratet ist, das langwierige Prozedere vermutlich erspart.

«Menschlich verständlich»

Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 70 Franken und eine Busse von 400 Franken. Meiers Anwalt forderte einen Freispruch: «Es handelt sich hier um einen besonders leichten Fall. Es ist offensichtlich, dass meine Mandantin ihren Ehemann schützen wollte.» Gibt ein Täter aus eigenem Antrieb eine Falschaussage zu, so kann eine Bestrafung umgangen werden, zitierte er aus dem Strafgesetzbuch.

Am Ende sprach Rüegg die Angeklagte zwar der Irreführung der Rechtspflege und der Begünstigung schuldig, liess aber Milde walten: Weil es sich um einen besonders leichten Fall handelt, gibt es keinen Eintrag im Strafregister. «Ihr Verhalten ist menschlich verständlich», so Rüegg zur Angeklagten. Und: «Wir wollen am Schluss nicht den Ehrlichen bestrafen.»