Ein Ammann in Hochform

Das Blasorchester Gebenstorf lud zum Neujahrskonzert ein.

Rosmarie Mehlin (Text und Bild)
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Fabian Keller riss das Publikum als Solotrompeter mit.

Fabian Keller riss das Publikum als Solotrompeter mit.

Es ist schon etwas Besonderes, wenn der Ammann als Solotrompeter auf der Bühne steht und das Publikum so mitreisst, dass es kaum noch still sitzen kann. Bis es am Neujahrskonzert des Blasorchesters Gebenstorf so weit war, dauerte es rund 90 Minuten. Was aber mitnichten heisst, dass das Publikum erst von der Zugabe hell begeistert ist. Nein, alle Stücke im abwechslungsreichen Programm werden freudig applaudiert.

Abhängig ist das nicht von den herausragenden Leistungen der Musikerinnen, Musiker und ihres Dirigenten Joachim Pfläging, sondern von den einzelnen Kompositionen. Einmal mehr hat das Blasorchester Gebenstorf (BOG) beim Zusammenstellen des Programms Mut, Entdeckerfreude und Einfallsreichtum unter Beweis gestellt. Das Motto Freischütz deutet mit dem Komponisten der gleichnamigen Oper, Carl Maria von Weber, auf einen Abend mit deutschen Werken hin, und tatsächlich gibt es auch ein Werk von Johannes Brahms zu hören. Daneben aber führt die musikalische Reise von Tschechien über England bis in die USA.

Krumme Takte, schräge Harmonie

Von Percy Aldridge Graingers (1882–1961) «Lincolnshire Posy» werden nicht nur die Musiker, sondern auch die Zuhörer gefordert. Jedes der sechs Stücke – vom Lied des Seemanns über das der Wilderer bis zum Liebes- und Tanzlied – zeichnet sich aus durch schräge Harmonien, ungewohnte Dynamik und auffällige Takte. Nichtsdestotrotz – oder gerade deshalb – vermittelt die Musik sehr stark Gefühle. Der eine Song ist geprägt von Sehnsucht und Melancholie, ein anderer von übermütiger Fröhlichkeit, ein dritter von magistraler Ordnung.

Diese «Blumensträusschen» – «posy» – aus dem Osten Englands sind für Zuhörer gewöhnungsbedürftig und fürs Orchester enorm anspruchsvoll. Unter der souveränen Leitung von Pfläging gelingt es den Musikerinnen und Musikern, die schwierige Aufgabe hervorragend zu meistern.

Der anschliessende Programmpunkt führte das Publikum mit Johannes Brahms jäh zurück in Hochromantik. Mit der «tragischen Ouvertüre» hatte das BOG allerdings nicht die beste Wahl getroffen. Mit den «Sounds of Saint Lawrence» des Engländers Philip Sparke hingegen schon: Munter nimmt der St.-Lorenz-Strom in dieser schwungvollen Komposition die Zuhörer mit auf eine Flussreise.

Als Zugabe gab es nicht den obligaten «Radetzky-Marsch», sondern das einheimische Volksstück «Chum übers Mätteli», schmissig verjazzt mit Ammann Fabian Keller als Solisten.

BOG Neujahrskonzert. Wiederholung am Sonntag um 17 Uhr in der MZH Brühl. Eintritt frei.