Ein erster Entscheid im Politdrama gefällt

Bürger hat Gebenstorfer Bauvorsteherin angezeigt – Stimmberechtigte unterstützen bei umstrittenem Traktandum aber den Gemeinderat.

Dominic Kobelt
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Gespannt fieberten am Donnerstagabend 122 Stimmberechtigte und der Gemeinderat dem Traktandum «Kreditabrechnung zur Sanierung der Stalden- und der Sandstrasse» entgegen. Normalerweise sind solche Abrechnungen rasch durch den Souverän abgesegnet, doch diese sorgte bereits im Vorfeld für heftige Diskussionen.

Wie bekannt wurde, hatte der Unternehmer Martin Anner gegen Gemeinderätin Giovanna Miceli (SP) eine Anzeige bei der Oberstaatsanwaltschaft wegen angeblichen Amtsmissbrauchs, ungetreuer Amtsführung und Vorteilsannahme eingereicht. Wie ein Parteikollege von ­Miceli an der Gemeindeversammlung ausführte, gehe es darum, dass bei den Bauarbeiten ein Efeubogen beschädigt und eine Hecke falsch geschnitten wurde, diese seien dann ersetzt worden. Der Vorwurf von Anner: Die Gemeinderätin habe sich auf Kosten der Steuerzahler ihren Garten sanieren lassen. Wie Gemeindeammann Fabian Keller (CVP) ausführte, reicht der Streit um die Sanierungsarbeiten ins Jahr 2017 zurück (die AZ berichtete). Damals hatte Martin Anner, nachdem der Souverän das Projekt an der Rechnungsgemeinde genehmigt hatte, Stimmrechtsbeschwerde eingereicht, kurz danach eine Verwaltungsbeschwerde. Erstere wurde abgelehnt, auf Letztere nicht eingetreten.

Es folgten weitere Schritte und der Weiterzug an höhere Instanzen. 2019 hätte dann die Kreditabrechnung der Gemeindeversammlung vorgelegt werden sollen. Nachdem die Finanzkommission (Fiko) den Gemeinderat in einem Schreiben über Auffälligkeiten in der Abrechnung informiert hatte, zog dieser das Traktandum zurück und liess die Unterlagen durch die Firma Hüsser Gmür und Partner extern prüfen. Das Ergebnis: alles korrekt.

Fiko und Gemeinderat uneinig

Trotzdem empfahl die Fiko die Abrechnung zur Ablehnung. Dies, weil ja Strafanzeige eingereicht worden sei. Allerdings ist noch völlig offen, ob die Staatsanwaltschaft auf die Anzeige eintreten und ein Strafverfahren eröffnen oder ob eine Nichtanhandnahmeverfügung erlassen wird. Trotzdem befand die Fiko, es sei besser, den Ausgang abzuwarten.

Der Gemeinderat plädierte dafür, Fakten statt Emotionen zu betrachten. «Wir sehen keinen Anlass, Strafanzeige und Kreditabrechnung miteinander zu verbinden», erläuterte Keller. Was genau in der Strafanzeige stehe, wisse er nicht, betonte er. Von Seiten der Stimmberechtigten erhielt der Gemeinderat mehrheitlich Zuspruch. Auf die Frage, wie viel all die juristischen Abklärungen die Gemeinde bisher gekostet hätten, schätzte der Gemeindeammann diesen Betrag auf 30000 bis 40000 Franken. Wesentlich mehr, als ein Efeubogen und eine Hecke kosten. Eine Frau meinte dazu: «Es geht nicht um den Betrag, sondern um Integrität. Wir wollen wissen, ob die richtigen Leute da vorne sitzen und die Gemeinde führen.» Martin Anner selbst war an der Gemeindeversammlung nicht anwesend.

Bei der Abstimmung über das Traktandum trat Frau Vizeammann Cécile Anner (SVP) in den Ausstand – sie ist die Frau von Martin Anner. Dessen Anzeige richtet sich nicht nur gegen Gemeinderätin Giovanna Miceli, sondern «eventuell auch gegen den Gemeinderat Gebenstorf», und somit auch gegen seine Frau.

Offenbar ist die Mehrheit der Gebenstorfer der Meinung, dass es die richtigen Leute sind. Oder zumindest, dass die Strafanzeige nichts mit der Kreditabrechnung zu tun hat. Diese ist mit 76 Ja- gegen 20 Nein-Stimmen gutgeheissen worden.

Knappes Ergebnis zu Strassenbeleuchtung

Ebenfalls eindringlich diskutiert wurde ein Kredit über eine halbe Million für die Erneuerung der Strassenbeleuchtung. Die intelligenten LED-Lampen, die der Gemeinderat installieren möchte, haben viele Vorteile: Sie leuchten je nach Verkehrsaufkommen unterschiedlich stark. Dies bedeutet einerseits weniger Lichtverschmutzung, zugleich ist die Sicherheit nicht beeinträchtigt. Auch Polizei und Feuerwehr können auf die Steuerung zugreifen und einen Strassenabschnitt nach Bedarf heller machen. In der Zentrale wird angezeigt, wenn irgendwo eine Lampe ausfällt – damit wird die Wartung einfacher. Und natürlich sind LED-Lampen gegenüber den Natriumdampflampen stromsparender und damit umweltfreundlicher.

Trotzdem war man sich in Gebenstorf nicht einig über die Umrüstung. Der Gemeinderat wollte alle alten Strassenlaternen ersetzen und die vorhandenen LED-Laternen nachrüsten. Aus der Versammlung stellte Toni Baumgartner einen Rückweisungsantrag. «Es hat viele Leuchten, die noch nicht so alt sind. Sie einfach wegzuwerfen, ist nicht sinnvoll und auch nicht ökologisch.» Baumgartner wollte, dass erst ein Teil der Strassenbeleuchtung ersetzt wird und der Rest zu einem späteren Zeitpunkt umgerüstet wird. Auch andere Teilnehmer waren dieser Meinung: «Alle Lampen jetzt schon zu ersetzen, ist etwa, wie wenn man ein fünfjähriges Auto verschrottet, weil man einen halben Liter Benzin sparen kann», meinte einer. Die Gebenstorfer befanden, wenn auch nicht geschlossen, dass sie das Projekt nicht überarbeiten lassen wollen. Der Rückweisungsantrag wurde mit 43 zu 54 Stimmen abgelehnt. Den Kredit über 550000 Franken genehmigten sie mit 62 Ja- zu 45 Nein-Stimmen.

Die Rechnung 2019 schliesst mit einem Plus von rund 2,8 Mio. Franken ab. «Der Gemeinde geht es gut, obwohl wir hohe Investitionen hatten», so das Fazit von Fabian Keller.