Familie Kuhn aus Baden bildet ihren Hund Querido dafür aus, epileptische Anfälle von Sohn Léon im Voraus zu erkennen. Die Familie ist begeistert: «Querido tut Léon, aber auch der ganzen Familie gut.»
Die Ambulanz ist schon oft bei der Familie Kuhn vorgefahren. 30 Mal musste Léon mit Blaulicht ins nahe Kantonsspital Baden gefahren werden.
Léon, der noch keine vier Jahre alt ist, und als Baby seinen ersten epileptischen Anfall hatte. Es folgten unzählige weitere Anfälle – zeitweise Tag für Tag. Dann muss es jeweils schnell gehen, sonst drohen Atemstillstand und Hirnschäden.
Querido soll der jungen Badener Familie den Alltag erleichtern. Der dreijährige Labrador ist in Ausbildung zum Epilepsiehund – auf dem zweiten Bildungsweg sozusagen. Knapp scheiterte er an der Prüfung zum Blindenhund, so kam er zu den Kuhns.
Nun bilden sie ihn mit Unterstützung von Hundetrainern aus. Das Ziel: Er soll Léons Anfälle bemerken und anzeigen, bevor sie akut werden. Bis dahin ist es ein weiter Weg, zwei bis drei Jahre dauert die Ausbildung und kostet bis zu 15 000 Franken.
Die Kosten bleiben an der Familie hängen: Weder Krankenkasse noch Invalidenversicherung anerkennen Epilepsiehunde. Deshalb leistet der Verein «Epidog for Kids» finanzielle Unterstützung.
Geschult werden in erster Linie die Familien. Sie müssen die Zeichen lesen können, die der Hund gibt. Jedes Tier zeigt anders an, wenn etwas nicht stimmt – etwa indem es ständig um das Kind herumrennt.
Schlägt der Epilepsiehund Alarm, können die Eltern reagieren, bevor es zu spät ist: Anfälle lassen sich so verhindern oder zumindest abschwächen, gefährliche Stürze vermeiden.
Wie genau Epilepsiehunde einen Anfall bemerken, weiss man nicht. Ohnehin ist wissenschaftlich erst wenig darüber bekannt, Studien gibt es kaum. Das weiss auch «Epidog for Kids»-Vorstandsmitglied Madlaina Blapp.
Sie sagt: «Die Erfahrungen zeigen, dass es funktioniert.» Im Fall von Léon sei es noch zu früh, um Aussagen über die Wirkung zu machen.
«Er hat seither weniger Anfälle, welchen Anteil der Hund daran hat, ist schwer abschätzbar.» Das bestätigen auch Janine und Philippe Kuhn, Léons Eltern. Sie sagen, der letzte Anfall liege Wochen zurück.
Und: Deren Häufigkeit und Länge nehme ab. «Was die Gründe dafür sind, wissen wir nicht», sagt die Mutter. «Klar ist, Léon hat mehr Anfälle, wenn Querido nicht in der Nähe ist.»
Deshalb sind die beiden wenn möglich zusammen unterwegs, der Hund schläft im Bett von Léon. Damit er ihn überallhin begleiten darf, trägt Querido eine grüne Weste, die ihn als Epilepsiehund kennzeichnet. Dadurch erhält er auch Zutritt zu Einkaufsläden. Das Duo ist nur getrennt, wenn Léon in der Spielgruppe ist.
«In der Schweiz steckt die Arbeit mit Epilepsiehunden noch in den Kinderschuhen», sagt Philippe Kuhn. Hierzulande gibt es erst einen ausgebildeten Epilepsiehund. Drei weitere – unter ihnen Querido – sind auf dem Weg dazu.
Dabei ist der Labrador der Badener Familie die Ausnahme, normalerweise kommen die Hunde als Welpen in die Familien. Das Ziel des Vereins, der sich mit Spendengeldern finanziert: Möglichst vielen Kindern den Zugang zu einem Epilepsiehund ermöglichen.
Auf der Warteliste sind mehrere Familien – die nächsten drei Welpen sollen im Frühling vergeben werden.
Für die Familien, die ihre unter Epilepsie leidenden Kinder rund um die Uhr überwachen müssen, sei der Hund wie ein zusätzliches Auge, sagt Blapp. «Aber letztlich trägt immer noch der Mensch und nicht das Tier die Verantwortung.»
Kuhns würden den Epilepsiehund sofort weiterempfehlen. Ihr Fazit nach einjähriger Testphase: «Querido tut Léon, aber auch der ganzen Familie gut.»