Baden
Ein Juwel, geboren aus Leidenschaft – das Kindermuseum wird 30

«Es war einmal...» – dies ist die Geschichte vom «Haus der Kindheit»:, welches vor 30 Jahren in der Schwertgasse für zwei Jahre die Pforten öffnen sollte. Schnell waren aber schon 18 Räume besetzt – und das ohne Zeitlimite.

Rosmarie Mehlin
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Roger und Sonja Kaysel sind die Initianten des Kindermuseums.

Roger und Sonja Kaysel sind die Initianten des Kindermuseums.

Mario Heller

«Die Spielsachen von einst schaffen für das Kind eine Beziehung zum Leben der Eltern, Gross- und Urgrosseltern. Sie sind ein Stück eigene Geschichte, Kindheitsgeschichte.»

Es war am Samstag, 16. November 1985, als der Zürcher Kinderpsychiater Professor Heinz Stefan Herzka dies im «Haus zum Schwert» in Baden festhielt. Dort feierten weit über 100 Geladene die Eröffnung des Museums «Kind und Spielzeug» – einem «Schatzkästchen für grosse und kleine Träumer», wie das «Badener Tagblatt» damals titelte.

20 Jahre zuvor hatten Sonja und Roger Kaysel begonnen, sich intensiv mit Kinderkultur auseinanderzusetzen sowie Objekte und Dokumente zu 300 Jahren Kindergeschichte zu sammeln.

«Ende der 70er-Jahre reifte allmählich die Idee eines Museums und 1983, noch unter Stadtammann Victor Rickenbach, ein Förderverein ins Leben gerufen worden mit Nationalrat Toni Keller als Präsident und Josef Bürge als Aktuar», erinnern sich die Kaysels.

Am Anfang waren zwei Räume

Zwei Räume hatte die Stadt dem Museum in ihrem Haus an der Schwertgasse als Provisorium für rund zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Spenden, ein Check über 35 000 Franken vom Schweizerischen Bankverein, Erlass der Miete und ein jährlicher Beitrag von 50 000 Franken durch die Stadt, waren das Startkapital fürs Museum, «das durch die Liebe und das Engagement der Privatleute, die dahinterstehen, weiter wachsen wird», wie der frisch gebackene Stadtammann Bürge 1985 an der Eröffnung sagte.

Seine Zuversicht war nicht Schall und Rauch, aus dem Provisorium wurde ein Fixum und das Museum «Kind und Spielzeug» bewohnte im «Haus zum Schwert» schliesslich 18 Räume.

1997 verlieh die Universität Bern dem Ehepaar Kaysel die Ehrendoktorwürde. «Die bekommt man nicht mit Spielsachensammeln», schmunzelt Dr. h. c. Kaysel und weiter: «Das Kindermuseum kann nicht mit dem Glanz des Römer- oder Rittertums aufwarten, es wirkt still im Geiste von Pestalozzi, Fröbel und Montessori.

Seine Thematik dreht sich um das Fundament jeden Individuums – Verwurzlung, Entwicklung, Erziehung und ausserschulisches Lernen. Eine Institution, die dem Aargau gut ansteht, sind es doch Bildungspioniere, die ihm zum Übernamen ‹Kulturkanton› verholfen haben.»

Bereits Ende Januar 1996 aber hatte Hans Fahrländer in einer Analyse im «Badener Tagblatt» die Frage gestellt «war das Kindermuseum eine nette Episode?» Das jährliche Budgetieren sei ein «Balanceakt auf dem hohen Seil, ohne Netz». Mehrmals habe der Förderverein vergeblich versucht, via Kuratorium oder Lotteriefonds vom Kulturkanton Aargau einen Betriebsbeitrag zu erhalten.»

Das Kindermuseum hat das nächste Jahrtausend erreicht und es hat glücklicherweise vom Kanton die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhalten: Zusammen mit anderen Institutionen wurde es im Rahmen des neuen Kulturgesetzes 2004 zum kulturellen Leuchtturm erkoren und wird seither auch vom Kanton subventioniert.

Es war einmal . . . beginnen alle Märchen. So auch das vom Kindermuseum, das wahr wurde. Begonnen hat es 1995, als die in Baden aufgewachsene Monica Chappuis-Speiser bei einem Besuch im «Haus zum Schwert» anlässlich der Ausstellung «Spielzeug und Märchen aus Russland» die Bekanntschaft der Kaysels machte.

Es war eine schicksalhafte Begegnung für das Museum. 1996 wurde die Stiftung Schweizer Kindermuseum mit einer Vergabung von Monica und Pierre Chappuis-Speiser gegründet, angeregt auch vom erwähnten Zeitungsbericht. Im Jahr 2000 ermöglichte eine weitere grosszügige Donation den Kauf und Umbau der, 1896 von BBC-Direktor Fritz Funk erbauten Villa Funk am Ländliweg.

Am 26. Oktober 2002 konnte das Schweizer Kindermuseum sein Eigenheim beziehen – eine Welt auf fünf Stockwerken zum Entdecken und Staunen für Gross und Klein, ein echtes Haus der Generationen.

«Eine Zukunft ist ohne Vergangenheit nicht möglich und ein Kind muss sich geborgen fühlen in der vorangegangenen und der kommenden Generation. Dies wird in diesem Haus sehr intensiv ermöglicht», so die Donatorin an der Eröffnung.

Glücklich über die Sicherung des personellen Fortbestandes des Museums, wünschen sich die Gründer für die Zukunft des Unternehmens «weiterhin viele interessierte Besucher, spannende Ausstellungen und Aktivitäten und natürlich auch eine prosperierende, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Behörden.»

Heute wird das Museum von den Söhnen Daniel als Museumsleiter und Marcel als Kurator geführt und Anfang Jahr haben die Initianten ihre Sammlung ihnen übergeben. Wie ihre Eltern leben sie, was Erich Kästner festhielt: «Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.»

30 Jahre Schweizer Kindermuseum Tag der offenen Tür mit Überraschungen am Samstag, 14. November, 14 – 17 Uhr. www.kindermuseum.ch