Trotz vielen Vorbehalten und regen Diskussionen sagt der Einwohnerrat von Obersiggenthal Ja zum Budget 2023. Damit die Nettoschuld nicht derart ansteigt wie prognostiziert, wird eine erneute Steuerfusserhöhung nicht ausgeschlossen.
Rote Zahlen, tiefere Steuereinnahmen und Millionenverschuldung. Obersiggenthal steht, was die Finanzen angeht, seit Jahren wackelig auf den Beinen. Die Rechnung 2021 brachte zwar eine überraschende Wendung: Statt wie erwartet eines Millionendefizits resultierte ein Plus von mehreren Hunderttausend Franken. Und auch für das laufende Jahr rechnet der Gemeinderat immerhin mit einer schwarzen Null. Doch das wär's dann auch schon mit guten Nachrichten.
Am Donnerstagabend präsentierte Finanzvorsteher Peter Marten (FDP) dem Einwohnerrat das Budget 2023. Dieses weist beim operativen Ergebnis bei gleichbleibendem Steuerfuss von 110 Prozent ein Defizit von knapp 600'000 Franken aus. Dass die Nettoschulden dabei auf rund 28 Millionen Franken ansteigen, ist mitunter dem Bau des Schulhauses Goldiland sowie der Sanierung des Hallen- und Gartenbads zu schulden.
Noch deutlicher werden die trüben Aussichten bei einem Blick auf den Aufgaben- und Finanzplan 2023-2027: Demnach könnte der Schuldenberg der Gemeinde in den nächsten fünf Jahren um über das Doppelte ansteigen – von jetzt 20,7 Millionen Franken auf 43,6 Millionen im Jahr 2027. Für die Pro-Kopf-Verschuldung bedeutet dies eine Erhöhung von 2346 auf 4792 Franken.
Es ist wenig erstaunlich, dass diese Prognosen auf wenig Freude stossen. «Unser Korsett wird immer enger», sagte Marten. «Wir müssen jetzt die Weichen stellen.» Er hat – als er noch Einwohnerrat war – vor zwei Jahren ein Postulat eingereicht und den Gemeinderat aufgefordert, aufzuzeigen, mit welchen konkreten Massnahmen er den Schuldenberg reduzieren will. Der Gemeinderat will an der nächsten Einwohnerratssitzung im Dezember eine konkrete Strategie dazu vorlegen.
Verständlicherweise sorgten Budget und Finanzplan auch bei der Finanzkommission für Unmut. Diese sei «nicht erfreut und besorgt» über die Finanzpolitik des Gemeinderats, sagte Vorsteher Nico Lalli (FDP) und fügte an:
«So weiter zu machen wie bis jetzt, ist unverantwortlich. Es ist an der Zeit, dass wir das Zepter in die Hand nehmen und unsere Verantwortung der nächsten Generation gegenüber wahrnehmen.»
Die Fiko erachtete den budgetierten Verlust von über einer halben Million als nicht vertretbar und hat deshalb bereits im Vorfeld mehrere Streichungsanträge einzelner Budgetpositionen eingereicht.
Das scheint Wirkung gezeigt zu haben: So verzichtete der Gemeinderat an der Sitzung von sich aus auf diverse Ausgaben, wie Marten ausführte, und schlug dem Einwohnerrat einige Sparmassnahmen in Bezug auf das Budget 2023 vor. Trotzdem wurden weitere Streichungsanträge eingereicht – und teilweise rege diskutiert.
Letztlich wurde etwa der Posten eines Pumptracks vorerst gestrichen, für den der Gemeinderat im Budget ursprünglich Kosten von 20'000 Franken vorgesehen hatte. Gespart wurde unter anderem auch beim Update der Website und bei der Überarbeitung des Corporate Designs sowie bei den Honoraren für externe Berater zur Erstellung von Zustandsaufnahmen aller Gemeindestrassen und zum Entwicklungsplan für den Waldfriedhof – diese Budgetpositionen wurden ebenfalls gestrichen.
Der Einwohnerrat bewies mit diesen Entscheiden deutlich, dass der Wille, zu sparen, vorhanden ist. Nachdem diese Positionen nun gestrichen werden müssen, verringert sich das budgetierte Defizit um eine Viertelmillion auf knapp 340'000 Franken.
Nachhaltig abgebaut werden kann der Schuldenberg der Gemeinde aber nur, wenn die Einnahmen erhöht oder die Ausgaben gesenkt werden. Letzteres bedingt eine konsequente Verzichtsplanung. Dem sind sich sowohl Gemeinderat als Einwohnerrat bewusst. «Die Massnahmen, die wir treffen müssen, werden wenig angenehm sein», sagte Finanzvorsteher Peter Marten. «Langfristig werden wir um eine erneute Steuererhöhung wohl nicht herum kommen.»
Dass der Gürtel enger geschnallt werden muss, sahen auch die Mitglieder des Einwohnerrats so: «Die Zeit ist gekommen für einen konsequenten Verzicht», sagte etwa Sandra Hehli stellvertretend für die SVP-Fraktion. «Wir müssen auf die Sparbremse drücken. Eine Steuererhöhung muss kommen.»
Carol Dermamels (SP) warnte jedoch auch: «Wir dürfen die Gemeinde nicht kaputt sparen.» Ausserdem machte sie darauf aufmerksam, dass eine Steuererhöhung zum richtigen Zeitpunkt erfolgen soll. Dem schloss sich die Mitte an. In Anbetracht der ohnehin angespannten Wirtschaftslage mit Inflation, höheren Zinsen und Strommangellage sei es richtig, mit der Steuererhöhung zuzuwarten – auch wenn sie zwangsläufig drohe.
Trotz der vielen Vorbehalte, der spürbaren Unzufriedenheit und den regen Diskussionen nahm der Einwohnerrat das Budget 2023 einstimmig an.