Der Wettinger Einwohnerrat tagte wieder im Rathaus: Die Fraktionen stimmten über die Rechnung 2021 ab, die mit einem Überschuss von zwei Millionen Franken schloss. Der Präsident der Finanzkommission relativierte das positive Ergebnis.
Zum ersten Mal seit zwei Jahren tagte der Wettinger Einwohnerrat am Donnerstagabend wieder im Rathaussaal des Verwaltungsgebäudes. Der Raum ist deutlich kleiner als der Saal im Sportzentrum Tägi, die 48 (von 50) anwesenden Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte sassen wieder näher beieinander.
Nach zwei Stunden war die Sitzung bereits wieder vorbei. Dass es keine grossen Diskussionen gab, ist der positiven Rechnung 2021 zu verdanken, die einstimmig genehmigt wurde. Wettingen schloss mit einem Überschuss von zwei Millionen, rund sechs Millionen Franken mehr als budgetiert. Auch dank Zahlungen umliegender Gemeinden an die Sanierung des Tägi-Sportzentrums konnte der Schuldenberg zudem um zwölf Millionen auf 111 Millionen Franken abgetragen werden.
Thomas Benz (Mitte CVP), Präsident der Finanzkommission, erklärte, dass es zwar gut klinge, sechs Millionen besser als budgetiert abzuschliessen. Man müsse das Ergebnis dennoch relativieren: Würde man die Gemeinde- und Kantonsbeiträge ans Tägi abziehen, hätte man trotzdem nur 70 Prozent der Investitionen mit eigenen Geldern finanzieren können. «Oder anders gesagt: Trotz Gewinn hätte man die Verschuldung weiter erhöht.»
Das Budget 2021 sei bei der Diskussion im November 2020 ziemlich umstritten gewesen, aber eine Steuerfusserhöhung, so wie sie die Fiko – damals noch unter der Führung von François Chapuis – erfolglos beantragt hatte, habe es nicht zwingend gebraucht. «Allerdings hätte es natürlich geholfen, dass die Selbstfinanzierung von ungenügend zu knapp genügend gekommen wäre», ergänzte Benz.
Die Wirtschaftsprüfer der BDO attestieren Wettingen zwar gute Arbeit, jedoch erhalte die Gemeinde insbesondere beim tiefen Selbstfinanzierungsgrad von 70 Prozent die rote Lampe. «Das bedeutet dringenden Handlungsbedarf.» Die Selbstfinanzierung müsse deutlich gesteigert werden und innerhalb der nächsten zwei bis drei Legislaturen 100 Prozent betragen.
In den vergangenen zwölf Jahren habe Wettingen gerade einmal 33 Prozent geschafft. «Einfach ausgedrückt: Für jeden Franken, den wir in den letzten zwölf Jahren investiert haben, machten wir 60 Rappen Schulden», führte Benz weiter aus. Die Fiko erwarte nun von den Fraktionen Lösungen, wie diese 100 Prozent erreicht werden sollen.
Für seinen Parteikollegen Marcel Aebi war klar, dass das Ziel der laufenden Legislaturperiode sein müsse, den Selbstfinanzierungsgrad zu steigern. Kosten müssten wie folgt gesteuert werden: «Indem der Nettoaufwand reduziert, Investitionen priorisiert und Erträge erhöht oder der Steuerfuss angepasst wird.»
Für die SVP sei es unumgänglich, in dieser Legislaturperiode den Finanzierungsgrad ohne Steuererhöhung zu steigern, sagte deren Einwohnerrat Jürg Baumann. Er bedauerte in seinem Votum zudem, dass die Million, die das Tägi-Sportzentrum 2021 zur Deckung des Defizits von der Gemeinde erhalten hatte, nicht zurückgezahlt werden muss, «auch wenn das dem Schuldenabbau nicht schlecht getan hätte».
Baumann bezeichnete die Deckung als «Schönheitsfehler» in der Rechnung 2021, GLP-Einwohnerrat Orun Palit nannte es einen «Wermutstropfen». Es sei erstaunlich, dass der Bund während der Pandemie den Angestellten zwar Kurzarbeitsentschädigungen gezahlt habe, dem Tägi aber keine Härtefallentschädigungen zugesprochen wurden. «Wir wünschen uns, dass die Tägi AG künftig auf eigenen Beinen stehen kann», erklärte Palit.
Alle Parteien fanden durchgehend positive Worte für diesen Rechnungsabschluss – aber alle mit Vorbehalt. «Wir sind nicht ausgelassen auf den Tischen getanzt. Die Nettoverschuldung bleibt nach wie vor sehr hoch und die Konjunkturlage hat sich in den vergangenen Monaten stark verändert», mahnte FDP-Fraktionspräsidentin Judith Gähler.
Sie verwies auf die aktuelle Entwicklung der Hypothekarzinsen, die Teuerung und die Knappheit von Lebensmitteln und Rohstoffen. «Wir müssen weiterhin auf der Hut sein», sagte Gähler.
Mia Gujer, Co-Fraktionspräsidentin von SP/WettiGrüen, hielt sich kurz. Es sei falsch, nach diesem Abschluss «Juhu» zu sagen, erklärte sie. Auch weil diverse Anlässe 2021 wegen Corona abgesagt werden mussten und Geld nicht ausgegeben wurde, was sich am Ende zu einem positiven Rechnungsergebnis summiert habe. «Die Rechnung 2021 als neue Norm zu nehmen, wäre ein Fehler», betonte sie.