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Gleich zwei Freienwiler Gemeinderäte geben ihren Rücktritt bekannt: Daniel Aeschbach und Rebecca Schneider. Dies nur zehn Tage nach Beginn der neuen Amtsperiode. Als Begründung geben sie unter anderem fehlendes Vertrauen in Ammann Robert Müller an.
Das neue Jahr beginnt in Freienwil mit einem Paukenschlag: Die beiden Gemeinderäte Daniel Aeschbach und Rebecca Schneider haben gestern Freitag ihren sofortigen Rücktritt bekannt gegeben. Dies nur zehn Tage nach Beginn der neuen Amtsperiode.
Aeschbach macht im Demissionsschreiben an den Kanton gesundheitliche Probleme geltend, die im letzten Dezember auftraten. Die Arbeitsbelastung nehme massiv zu, und es gebe «interne Schwierigkeiten» in der Gemeinde. «Erschwerend kommt hinzu, dass das Vertrauen in unseren Gemeindeammann nicht mehr da ist, und dass unter diesen Umständen keine konstruktive Zusammenarbeit mehr möglich ist», schreibt Aeschbach. Für Differenzen sorgte diesen Winter die Kindertagesstätte.
Auch Rebecca Schneider sagt: «Wegen der Entwicklungen um die Kita hat auch mein Vertrauen in den Gemeindeammann gelitten.» Als Rücktrittsgrund gibt sie zudem ihre neue Stelle an, die sie im März antritt, das Gemeinderats-Amt sei zeitlich nicht mehr mit ihrem Beruf vereinbar.
Warum kam es rund um die Kita zu Differenzen? Sie war im ehemaligen Restaurant Eintracht untergebracht, das Ammann Robert Müller und seiner Frau gehört. Ende November deckte die AZ auf, dass es rund um die Kita «im Dörfli» Probleme gab: Mehrere aktuelle und ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen warfen der Kita-Betreiberin vor, Löhne zu spät oder gar nicht bezahlt zu haben.
Gemeindeammann Robert Müller sagte im Dezember, er habe trotz mehrmaliger Aufforderung auf Mieteinnahmen verzichten, weshalb der den Mietvertrag mit der Kita-Betreiberin kündigte. Gleichzeitig entzog der Gemeinderat der Krippe am 22. Dezember aufgrund von Gefährdungsmeldungen die Bewilligung, erklärt Aeschbach. Per Ende Jahr musste die Krippe schliessen.
Laut «Rundschau» haben Robert Müller und seine Frau die «Eintracht»-Räumlichkeiten bereits einer neuen Betreiberin zur Verfügung gestellt: Das Netzwerk «Pop e Poppa» mit Sitz in Aubonne (VD) habe den Betrieb, inklusive Betreuungsverträge und Personal, von der ehemaligen Besitzerin übernommen. Tatsächlich seien im Januar Kinder in der Krippe betreut worden – obwohl der Gemeinderat dem neuen Unternehmen keine Bewilligung erteilt habe, sagt Aeschbach.
Gemeindeammann Robert Müller reagiert gefasst, aber auch mit einer grossen Portion Enttäuschung auf die beiden Rücktritte. «Ich finde es sehr schade und vor allem unnötig. Wenn die beiden Probleme im Zusammenhang mit der Kita orteten, warum sind sie nicht auf mich zugekommen?», fragt er rhetorisch. Es habe innerhalb des Gemeinderats nie eine Auseinandersetzung zu diesem Thema stattgefunden – was Aeschbach wiederum vehement bestreitet.
Müller sagt, er sei bekannt dafür, dass er sich nie einem Gespräch verweigere. Und stellt klar: «Ich habe zu keiner Zeit irgendetwas hintertrieben oder hinter dem Rücken meiner Kollegen Entscheide getroffen. Auch bin ich im Gemeinderat bei allen Geschäften, welche die Kita betrafen, in Ausstand getreten.»
Insbesondere lasse er den Vorwurf nicht gelten, er habe in seiner Liegenschaft einen neuen Kita-Betrieb ermöglicht, obwohl noch gar keine neue Betriebsbewilligung vorliege. «Ich warte bis heute darauf, dass mir die Schlüssel für das Haus ausgehändigt werden. Dass in der ‹Eintracht› wieder Kinder betreut werden, wusste ich nicht.» Er habe dies auch aus der Zeitung entnehmen müssen. «Wahrscheinlich bin ich wieder mal Opfer meiner Gutmütigkeit geworden», so Müller.
Schon vor zwei Jahren kam es in Freienwil zu einem Doppelrücktritt: Zwei langjährige Mitglieder der Baukommission demissionierten, Christoph Müller und Cécile Fonti. Sie begründete ihren Rücktritt mit den «zahlreichen Verstrickungen» des Gemeindeammanns beim Umbau der aus der TV-Serie «Bestatter» bekannten Beiz «Weissen Wind».
Müller sei erstens verantwortlicher Architekt, amte zweitens als Präsident der Baukommission und drittens als Gemeindeammann; in dieser Funktion müsse er über die Bewilligung des Baugesuchs entscheiden, dessen Verfasser er selber sei, kritisierte Fonti. «Möglich, dass alles rechtens ist. Aber Robert Müller amtet hier in Freienwil wie ein Landvogt mit unbegrenzten Kompetenzen», kommentierte sie.
Müller liess die Kritik nicht auf sich sitzen: Er sei ein Vielschaffer, der viele Projekte im Dorf vorantreibe. Manche Leute seien von seinem Tempo überfordert. Von einem Interessenkonflikt wollte er nichts wissen, denn er bleibe Sitzungen der Baukommission zum Weissen Wind fern. «Ich bin ein Mensch mit äusserst hohen ethischen und moralischen Grundsätzen.»
Grund zur Selbstkritik sieht der Gemeindeammann nun auch nach dem Doppelrücktritt von Aeschbach und Schneider keinen. «Wer mich kennt, weiss, dass ich mich für die Anliegen der Bürger einsetze. Ich will Freienwil vorwärtsbringen und werde mich darum auch in Zukunft für das Dorf einsetzen.»