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Der Einwohnerrat hat entschieden, dass drei von vier Ideen für eine nachhaltigere städtische Energiepolitik weiterverfolgt werden.
Für die links-grünen Parteien im Badener Einwohnerrat war es ein erfolgreicher Abend – und das ausgerechnet beim kontroversen Thema Klimaschutz. Konkrete Massnahmen haben die Entscheide des Parlaments zwar noch nicht zur Folge; jedoch hat der Stadtrat den Auftrag erhalten, drei Ideen genauer zu prüfen.
Benjamin Steiner vom linksliberalen Team Baden war über den Ausgang der Debatte überrascht: «Ich rechnete damit, dass die bürgerliche Seite im Einwohnerrat alle Vorstösse ablehnt. Es freut uns, dass auch sie bereit ist, mitzudenken und sinnvolle Lösungen zu unterstützen.» Folgende Ideen für eine nachhaltigere städtische Energiepolitik werden vom Stadtrat nun genauer unter die Lupe genommen:
Corinne Schmidlin (Grüne) fordert, die öffentlichen Gebäude der Stadt wie etwa die Ruine Stein oder der Stadtturm sollen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr nicht beleuchtet werden. Derzeit werden die Lichter wochentags um 23.30 Uhr, am Wochenende um 1 Uhr abgestellt. Auch Schaufenster- und Reklamebeleuchtung soll in diesem Zeitraum ausgeschaltet werden. Zudem soll die SIA-Norm 491 zur Vermeidung unnötiger Lichtemission im Aussenraum in der Bau- und Nutzungsordnung als verbindliche Grundlage aufgenommen werden.
Neben der Senkung des Energieverbrauchs würde die Stadt mit den beiden Massnahmen auch etwas gegen die Lichtverschmutzung beitragen, argumentierte Schmidlin. Bruno Knörr von der SVP hielt dagegen: Städtische Symbole wie die Ruine oder der Bahnhof sollen aus Sicht seiner Fraktion auch nach 22 Uhr noch beleuchtet bleiben. «Die Nächte werden immer mehr und immer länger für die Freizeit genützt, die Innenstadt soll darum auch nach 22 Uhr noch für Jung und Alt einladend wirken, sagte er. «Badenfahrt, Winterzauber, Fasnacht, Blues-Festival, Fantoche – sollen all diese Anlässe um 22 Uhr abends fertig sein?» Trotz kritischer Haltung der SVP wurde Schmidlins Postulat mit grosser Mehrheit an den Stadtrat überwiesen.
Strom, der von kleineren oder mittleren Photovoltaik-Anlagen produziert und ins Netz der Regionalwerke gespeist wird, soll besser vergütet werden als bisher: Dies forderte der inzwischen zurückgetretene Martin Groves (SP). Seine Begründung: Photovoltaik-Anlagen zu betreiben, deren Produktion überwiegend ins Netz eingespeist werde, lohne sich heute nicht. Das Postulat wurde einstimmig überwiesen. Stefan Jaecklin von der FDP erklärte: «Photovoltaik ist eine nicht mehr wegzudenkende Energiequelle, und die Frage, was eine sinnvolle Vergütung ist, kann und soll gestellt werden.»
Eine Subventionierung müsse aber auf Basis von Fakten und voller Transparenz passieren, forderte Jaecklin. Sogar die SVP stimmte der Überweisung zu – allerdings weniger aus Überzeugung als vielmehr, «um zu verstehen, was genau gefordert wird, beziehungsweise um wie viel genau der vergütete Preis angehoben werden soll», wie es Mike Rinderknecht formulierte. Der Badener Strom sei nicht nur günstig, sondern sogar gar zu 100-Prozent CO2-frei: «Er hat Platinstandard, ist ein Vorbild für die Welt. Das Postulat will das nun sogar noch verbessern», sagte er mit ironischem Unterton.
Benjamin Steiner forderte eine Statutenänderung der Regionalwerke: Der Anteil von Biogas soll für alle Heizgaskunden als Standardprodukt mindestens 20 Prozent betragen. Begründung: Biogas sei im Gegensatz zu konventionellem Erdgas weitgehend CO2-neutral und es fördere die regionale Wertschöpfung. Sarah Wiederkehr (CVP) sagte dazu: «Abklären kann man das Postulat, aber wir sind nicht sicher, ob es auch umgesetzt werden kann.» Die Regionalwerke seien eine privatwirtschaftlich geführte Aktiengesellschaft – «ihnen etwas in die Statuten zu schreiben, geht für uns zu weit». Der Antrag Steiners wurde mit 26 zu 19 Stimmen angenommen.
Nicht weiterverfolgt wird das Postulat von Gian von Planta (GLP), wonach die Regionalwerke künftig allen Kunden ausschliesslich erneuerbaren Strom liefern dürfen. Peter Conrad (CVP) sagte, die rechte Ratsseite habe an diesem Abend bewiesen, dass sie offen sei für gute Vorschläge. Die Umsetzung dieses Postulats jedoch wäre gleichbedeutend mit einem massiven Eingriff in die Marktfreiheit. Darum soll die Idee gar nicht erst vom Stadtrat geprüft werden. Tobi Auer von der FDP-Fraktion pflichtete ihm bei: «Was wir ablehnen, sind ideologische, nicht recherchierte und zu Ende gedachte Postulate in Form von wilden Hüftschüssen.» Gegen diese Vorwürfe wehrten sich die Urheber der Postulate mit Vehemenz: Die Vorstösse seien erst nach langer Vorbereitung und diversen Gesprächen mit Experten eingereicht worden.