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Der Aargauer Regierungsrat stellt sich im «Blechpolizisten»-Streit auf die Seite von SVP-Motionär Martin Keller. Das bringt die Badener Exekutive in Bedrängnis.
Der Kanton Aargau und damit auch die Gstühl-Kreuzung in Baden sollen frei von fest installierten Radarfallen bleiben. Seit Freitag steht fest: Nicht nur der Obersiggenthaler Grossrat Martin Keller (SVP) und Mitunterzeichner Josef Bütler (FDP), Spreitenbach, sind dieser Meinung, sondern auch der Regierungsrat, der sich hinter die Motion zur «Verhinderung von Radarfallen» stellt. Wenn dem Vorstoss im Grossen Rat kein Widerstand erwächst, würde dieser stillschweigend überwiesen.
Käme es zur Abstimmung, so wäre alles andere als eine Annahme überraschend. Denn Vorstösse zugunsten «ortsfester Verkehrsüberwachungsanlagen» lehnte der Grosse Rat in der Vergangenheit stets ab.
Vom Stadtrat wollte niemand den Entscheid kommentieren, auch nicht Ressortvorsteher Matthias Gotter. Ob das an den sitzungsfreien Frühlingsferien und damit zumindest im übertragenen Sinne an gewisser Ratlosigkeit liegt, bleibe dahingestellt. Stadtammann Geri Müller sagt, man habe von der Beantwortung des Regierungsrates Kenntnis und warte «auf die Beantwortung des Nutzungsgesuchs», das die Stadt für die Installation beim Kanton einreichen musste. Der Stadtrat ging offenbar davon aus, er benötige nur die Nutzungsbewilligung, weil die Innerortskreuzung polizeilich unter Hoheit der Stadtpolizei ist. Darüber setzt sich nun der Regierungsrat mit seinem Entscheid hinweg. Die Überweisung der Motion Keller hat er aufgrund der Polizei-Strategie des Departements Volkswirtschaft und Inneres gefällt. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn nun das Departement Bau, Verkehr und Umwelt «die technische Umsetzung als machbar erachten» würde.
Noch im Frühjahr wollte die Stadt den Blechpolizisten installieren. Der Verzicht wird sich aber noch nicht auf die Finanzen auswirken: Weder im Finanz-/Investitionsplan 2017–2026 noch im Budget 2017 seien Ausgaben beziehungsweise Einnahmen zu dieser Anlage budgetiert, verrät der Finanzcontroller der Stadt, Thomas Böhm.
In der vierseitigen Begründung seines Entscheides windet sich der Regierungsrat allerdings mit «Wenn» und «Aber» durch die rechtlichen Grundlagen. Baurechtlich sei die Kantonsstrasse samt ihren «Bestandteilen, die für deren technisch zweckmässige Ausgestaltung notwendig sind», im Eigentum des Kantons. Verkehrsüberwachungsanlagen würden nicht zu einer solchen Ausgestaltung zählen. Zudem sieht das Gesetz eine Nutzung des Strassenraumes, die «über den Gemeingebrauch» hinausgeht, ohne zwingende Begründung nicht vor. Die Bewilligung eines Blechpolizisten würde voraussetzen, «dass ein beachtliches, auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismässigen Kosten zu befriedigendes Bedürfnis (Sicherheit) besteht». Diese Voraussetzung ist bei der Gstühl-Kreuzung laut Regierungsrat jedoch nicht gegeben. Er verweist zudem auf die «überproportionale positive Unfallentwicklung» im Kanton Aargau – mit Blick auf andere Kantone, wo fixe Radarfallen stehen. Zudem mangelt es dem Regierungsrat an «Personenschäden», die hier eine solche Anlage legitimieren würden.
Nur im Bereich ihres Standortes habe eine feste Anlage «eine disziplinierende Wirkung». Eine solche wäre nur angebracht, wenn andere Massnahmen wirkungslos blieben. Zudem hinterlasse ein Blechpolizist «den Eindruck einer fiskalpolitischen Motivation» und würde «das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Polizei belasten». Diese Strategie will der Regierungsrat auf Kantonsstrassen durchsetzen. Blechpolizisten auf Gemeindestrassen hingegen fallen in die Zuständigkeit der Gemeinden.
Freude am Regierungsratsentscheid hat Martin Keller, der aber festhält: «Die Verkehrsregeln gilt es einzuhalten, gegen mobile Radaranlagen habe ich nichts einzuwenden.» Er wartet ab, bis die Motion überwiesen ist. «Dann überlege ich mir Schritte gegen ähnliche bestehende Anlagen.» Somit ist klar: Das emotionale Thema wird der Region erhalten bleiben.