Das Jugend- und Suchtberatungszentrum Baden BZBplus feiert sein 40-Jahr-Jubiläum und ist wegen Corona gefordert wie selten zuvor.
Es brummt im Beratungszentrum Baden – kurz BZBplus. Das Wartezimmer ist voll. «Einerseits kommen Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 25 sowie Eltern mit ihren Sorgen und Nöten zu uns», erklärt Geschäftsleiter Michael Schwilk und fügt hinzu, «im Coronajahr war die psychische Belastung für viele junge Menschen enorm. Sie leiden unter Depressionen, haben Zukunftsängste und massive Selbstzweifel». Das gehe bis zu Suizidgedanken, berichtet Schwilk aus seiner Erfahrung. Explosionsartig sei der Bedarf nach psychologischer Beratung gestiegen. «Wir versuchen, in Gesprächen neue Perspektiven zu geben und weiterzuvermitteln. Oft reicht aber schon ein offenes Ohr. Wir stehen unter Schweigepflicht und unsere jugendlichen Klienten wissen, dass wir uns neutral verhalten und nichts machen, was sie nicht wollen.»
Das BZBplus wurde 1981 als Verein von den Gemeinden und Kirchgemeinden des Bezirks Baden gegründet. Von diesen wird es auch finanziell getragen. Die Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien sind für Ortsansässige des Bezirks kostenlos. Auch das Thema Sucht war von Anfang an Bestandteil in den Beratungen. Durch die Schliessung der Drogenszenen Platzspitz und Letten in Zürich in den 90er-Jahren wurden viele Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen in ihre Heimatkantone zurückgeschickt. Freie Abgabestellen und Methadonvergabe existierten damals noch nicht. Der Aargau musste dringend mit neuen Angeboten reagieren.
BZBplus hat seit den 90er-Jahren einen Leistungsvertrag mit dem Kanton. In Zusammenarbeit mit den Psychiatrischen Diensten Aargau (PDAG) und Ärzten beraten sie Süchtige jedes Alters und ihr gesamtes Umfeld. Denn das soziale Gefüge muss bei einer Abhängigkeitsproblematik unbedingt miteinbezo-gen werden. Sharon Katz, Sozialarbeiterin FH, ist stellvertretende Leiterin von BZBplus und zuständig für den Suchtbereich. Sie bietet wie ihr ganzes Team sowohl Einzel- als auch Gruppentherapien sowie Paarberatungen an. Im Vergleich zum corona-freien 2019 gab es im illegalen Suchtbereich (Cannabis, Heroin, Kokain) 2020 einen leichten Rückgang. Im legalen Suchtbereich, unter den beispielsweise Alkohol, Glückspiel und übermässiger Social-Media-Konsum fallen, seien die Zahlen jedoch leicht gestiegen. «Die Veränderungen sind aber nicht nennenswert», bekundet Katz, «doch es ist noch zu früh, um eine Prognose abzugeben. Denn Konsumsüchte entwickeln sich schleichend und über Jahre. Was uns als Spätfolge von Corona erwartet, ist zurzeit gar noch nicht abzusehen.»
Elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Psychologie- und Sozialbereich beschäftigt das BZBplus zurzeit. Jugendliche kommen oft selber, über die Schulen oder ihre Eltern in die Beratung. Suchtgefährdete und -betroffene auch über ihre Angehörigen, den Sozialdienst oder das Strassenverkehrs- amt mittels einer Administrativmassnahme, weil sie zum Beispiel in betrunkenem Zustand Auto gefahren sind.
Das BZBplus ist eng vernetzt mit zahlreichen Institutionen, Ärzten, Sozialen Diensten und Behörden. Im Haus an der Mellingerstrasse fest installiert ist ein Psychiater der PDAG. «Wir versuchen relativ niederschwellig, alles unter einem Dach zu vermitteln und auch die Triage mit sämtlichen zusätzlich notwendigen Experten an Aussenstellen zu machen», meint Michael Schwilk. Und fügt hinzu: «Das macht es für die Betroffenen einfacher, die Angebote aus einer Hand zu nutzen und eine ganzheitliche Behandlung in Anspruch zu nehmen.»
Jeweils am Dienstag von 13 bis 14.30 Uhr gibt es offene Suchtsprechstunden, an der alle, die das Bedürfnis haben, spontan und anonym teilnehmen können. «Wir zeigen dort Menschen mit Problemen erste Wege auf, um aus der Misere herauszukommen», sagt Sharon Katz.
Hinweis
BZBplus, Information Beratung Therapie. Mellingerstrasse 30, 5400 Baden. Tel. 0562005578,
www.bzbplus.ch