Eva Furter, die lokale Märchenkönigin, ist im Kantonsspital Baden gestorben. Sie wurde 90 Jahre alt. Landesweit berühmt wurde sie mit dem Kinderbuch, «S’Neatli», das dem Murmeltier-Maskottchen der Neat gewidmet war.
Für viele war sie einfach die «Märlitante», ein Stadtoriginal mehr wie Heinz Blaser oder Franz Wyder. Wer aber genau hinschaute – und vor allem zuhörte – wie Eva Furter im Badener Metroshop in reich verzierten Gewändern ihre Märchengeschichten erzählte, der weiss: Baden hat diese Woche eine kreative Autorin von Büchern, Gedichten und Liedern verloren.
Die selbst ernannte Märchenkönigin ist am Sonntag um 18.20 Uhr im Kantonsspital in Dättwil gestorben. Wie ihre Tochter Larissa Brändli-Furter mitteilte, litt Eva Furter an Lungenproblemen, zuletzt hatten die Nieren versagt. Die öffentliche Abdankung findet am Mittwoch, 13. Mai, ab 11 Uhr im Friedhof Liebenfels statt.
Eine Raucherin war Eva Furter nicht, doch schon als Kind habe sie drei Lungenentzündungen gehabt, sagt ihre Tochter. «Sie wurde nun im Alter davon eingeholt.» Seit einem Jahr hätten ihre Kräfte kontinuierlich nachgelassen.
Ihren bekannten roten Mini musste sie abgeben, im März fiel sie bei der Rolltreppe im Metroshop um und musste im Spital behandelt werden. Dort feierte sie auch ihren 90. Geburtstag. «Ich bin traurig, aber auch erleichtert, da sie nun gehen konnte», sagt Brändli.
Als Eva Furter 1972 von Zürich nach Ennetbaden und dann nach Baden zog, war sie sofort begeistert. «Ich habe mich sofort in Baden verliebt», sagte sie in einem Interview vor 15 Jahren.
«Baden ist eine Märchenstadt. Überall findet man Elemente, die man in eine Geschichte einbauen kann.» Lange erzählte sie ihre Märchen nur mündlich. Erst mit 46 Jahren begann sie, ihre Geschichten aufzuschreiben.
Als sie 1975 die «Badener Gschichtli» schrieb, war kein Verlag interessiert. So nahm sie ihr Schicksal selber in die Hand: Sie besorge sich einen kleinen Wagen, kleidete sich als Zigeunerin und ging hinaus, um ihre Bücher unter die Leute zu bringen.
Sie stand oft vor dem früheren Vilan oder im Metroshop, damals kannte sie jedes Kind. Als Ende der 70er-Jahre ihr Ehemann und Telefonmonteur Hans Furter für sie das erste Märlitelefon der Schweiz einrichtete, bekam sie täglich bis zu 70 Anrufe von Kindern, die eine Geschichte von ihr hören wollten.
Radio und Fernsehen wurde auf sie aufmerksam und nachdem ein Plattenproduzent ihr in Spreitenbach beim Geschichtenerzählen zuhörte, nahm er sie unter Vertrag. Eva Furter nahm insgesamt sieben Märliplatten auf, später zwei Gedicht-CDs, und sie schrieb vier Bücher.
Landesweit berühmt wurde das Kinderbuch «S’Neatli», das dem Murmeltier-Maskottchen der Neat gewidmet war. In diesem Märchen erfüllt die zauberhafte Larissa – klar inspiriert von ihrer Tochter – den Wunsch von Neatli, die «Brummis» auf die Schienen zu bringen, damit der Berggeist mit seiner überlangen Nase den herrlichen Duft der Natur wieder geniessen kann.
Ihre letzten Auftritte machte sie gemeinsam mit ihrer Tochter, die sich als Zauberin engagierte. 2005, kurz vor Weihnachten, trat sie das letzte Mal auf, in einem Zelt am Bahnhofplatz.
Sie merkte, wie Märchen bei Kindern nicht mehr so ankamen wie früher. Sie zog sich vermehrt zurück in ihre Wohnung an der Mellingerstrasse mit den Flattervorhängen und den 80 Eulen.
2013 gab sie dem «BT» das letzte Interview, damals ging es um den Tod von Trudi Gerster. Eva Furter sagte: «Ich bin nicht religiös, aber ich denke, sie weilt jetzt im Märchenparadies.» Wer weiss, vielleicht treten sie dort jetzt als Duo auf.