Eine ehemalige Einwohnerrätin forderte, dass die Stadt ein Zertifikat im Bereich des fairen Handels anstrebt. Der Stadtrat lehnt den Antrag nach eingehender Prüfung nun ab – aus mehreren Gründen.
Nachhaltigkeit ist in, Fair-Trade-Produkte sowieso. Deshalb reichte die ehemalige Grüne Einwohnerrätin Margreth Stammbach im Oktober 2019 einen Vorstoss ein, mit der Forderung, dass sich Baden für die Auszeichnung Fair Trade Town bewerben und die nötigen Massnahmen umsetzen soll.
Beim Zertifikat handelt es sich um eine Auszeichnung der Organisation Swiss Fair Trade für Schweizer Städte und Gemeinden, die sich besonders für den Fairen Handel engagieren. Nun liegt der Prüfungsbericht des Stadtrats vor. Für die Einwohnerratssitzung vom 1. und 2. Juni empfiehlt der Stadtrat, das Zertifikat nicht anzustreben.
Die Botschaft passe grundsätzlich zu Baden, heisst es im Bericht. Nicht aber die Strukturen und die Zertifizierungsbedingungen der Organisation. Beispielsweise fokussiere sie stark auf Produkte ihrer eigenen Mitglieder oder ihres eigenen Gütesiegels. «Sonstige fair gehandelte lokale und regionale Produkte werden nicht hinreichend berücksichtigt», kritisiert der Stadtrat in seiner Analyse. Zudem bleibe Fair Trade Town im Hintergrund und übertrage den gesamten Aufbau und die Umsetzung an die jeweilige Partnergemeinde.
Die Analyse habe ausserdem ergeben, dass die Wirksamkeit und der Erfolg der Kampagne in keinem für die Stadt geeigneten Verhältnis zum finanziellen und personellen Aufwand stehen würde.
In seinem Bericht hat der Stadtrat den finanziellen Aufwand ausgerechnet: So würden die Kosten für das Ausarbeiten eines Konzepts, den Aufbau eines Trägerschaftsnetzwerks und die Umsetzung von ersten Massnahmen jährlich rund 50'000 Franken betragen. Für die jährlich wiederkehrenden Kosten für Jahresbeitrag, Anlässe Medienarbeit und Werbung rechnet der Stadtrat mit weiteren 10'000 Franken pro Jahr.
Um das Zertifikat einer Fair Trade Town anstreben zu können, muss eine Stadt fünf Kriterien erfüllen. Erstens muss sie sich offiziell dazu bekennen, die Auszeichnung anzustreben und dies entsprechend kommunizieren. Dazu gehört auch, dass die Stadt in ihrer Verwaltung mindestens drei Fair Trade-Produkte verwendet und eine offizielle Veranstaltung organisiert.
Weiter muss sich eine offizielle Arbeitsgruppe um die Umsetzung der Ziele kümmern, diese dokumentieren und mindestens ein Mal pro Jahr eine Fair Trade-Aktivität organisieren. Als Vorgabe für die Arbeitsgruppe gilt, dass sie sich mindestens drei Mal jährlich zum Austausch trifft. Detailhändler, Hotel- und Gastrobetriebe sowie Institutionen und Unternehmen müssen eine Mindestanzahl von Fair Trade Produkten mit dem Gütesiegel von Swiss Fair Trade verwenden und an lokalen Aktivitäten zum fairen Handel mitwirken. Wie viele Akteure sich beteiligen müssen, ist abhängig von der Bevölkerungszahl. Zuletzt soll der faire Handel durch Öffentlichkeitsarbeit und Medienarbeit der Bevölkerung nähergebracht werden.
Trotz dieses finanziellen Aufwands sei der Erfolg massgeblich von der Teilnahmebereitschaft der Akteure abhängig. Gemäss den Kriterien für das Zertifikat müssten sich bei rund 70 Gastrobetrieben, neun Hotelbetrieben und knapp 250 Detailhändlern in der Stadt mindestens 50 Detailhändler, acht Gastro- und Hotelbetriebe, eine Schule, drei Vereine und drei Unternehmen am Zertifikat beteiligen. Erfahrungsgemäss gestalte sich das Akquirieren von bereitwilligen Mitgliedern jedoch schwierig.
Ohnehin ist die bisherige Beteiligung von Schweizer Städten und Gemeinden zurückhaltend. Bisher gibt es nur zehn Gemeinden, die als proaktive Bewerber die Zertifizierung anstreben und nur 13 Gemeinden, die bisher zertifiziert wurden – bislang keine im Kanton Aargau.
«Ein Engagement für den fairen Handel sollte nicht nur eine einmalige Auszeichnung sein, sondern ein kontinuierliches Engagement, welches anhand von Kriterien überprüft und verbessert werden kann», hält der Stadtrat abschliessend fest. Gerade bei der Überprüfung der Kriterien würde er sich eine stärkere Verantwortung der Organisation wünschen.
«Nachhaltigkeit ist ein grosses Thema», sagt Stadtammann Markus Schneider.
«Aber wir können auch ohne Zertifikat nachhaltig und fair produzieren oder auf kommunale Produkte setzen.»
Diese Anstrengungen würden auch weiterhin unternommen werden. Ein Zertifikat nur um des Zertifikats Willen findet Schneider sinnlos.