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Bei den Einwohnern von Bergdietikon schwindet die Lust an dem stolzen Schweizer Anlass – jetzt wird das Fest abgesetzt. Der Nationalfeiertag ist vielen Gemeinden heilig. Für Bergdietikon gilt dies scheinbar nicht.
Der Nationalfeiertag ist vielen Gemeinden heilig. Für Bergdietikon gilt das nicht: Die Gemeinde verzichtet künftig auf einen offiziellen Anlass – und die Einwohner sind einverstanden damit. Ansprachen, Festreden, musikalische Darbietungen, ein Festzelt, das alles zieht kaum noch Besucher an.
Mit seinem Entscheid steht Bergdietikon weit um die Region Limmattal herum alleine da. Wie Anfragen zeigen, führen andere Gemeinden auch weiterhin Feste durch. Nirgendwo steht die Bundesfeier zur Diskussion. Ist Bergdietikons Entscheid nun mutig, vernünftig oder schlicht schade?
Fest steht: Die Gemeinde folgt einem gesellschaftlichen Trend. Bei einer im November durchgeführten Umfrage der Gemeinde ergab sich, dass nur 41 Prozent den 1.-August-Brauch schätzten und eine Bundesfeier besuchen würden. Vor allem bei unter 65-Jährigen ist kaum noch Interesse vorhanden.
Der Gemeinderat zog daraus seine Schlüsse: In den letzten Jahren hätten nur noch rund 50 bis 70 Personen an der Feier teilgenommen, was im Verhältnis zur Einwohnerzahl zu wenige seien, sagt Patrick Geissmann, der Gemeindeschreiber.
Vereine halfen jeweils mit
Die Gemeinde versuchte erst durch verschiedene Änderungen, mehr Besucher anzulocken: Vor fünf Jahren wechselten sie den Standort vom Sportplatz Kindhausen zur Schulanlage in Bergdietikon. Und vor drei Jahren verschoben sie die Feier vom Abend auf den Nachmittag. Gebracht habe dies jedoch nicht viel, sagt Geissmann.
Eigentlich erstaunlich, spannten doch für die Durchführung Gemeinde, Vereine und Parteien zusammen. Die Gemeinde übernahm jeweils die organisatorischen und administrativen Aufgaben und stellte die Infrastruktur zur Verfügung. Die Vereine und Parteien bauten das Festgelände auf und ab, sorgten fürs kulinarische Angebot und führten die Festwirtschaft, womit sie die Vereinskassen aufbessern konnten.
Dies dürfen die Vereine auch weiterhin tun. Wenn sie in Eigenregie eine Feier organisieren wollen, können sie die Infrastruktur der Gemeinde kostenlos nutzen. Zudem erhielten sie dann zur Unterstützung 300 Franken aus der Gemeindekasse, sagt Geissmann. Urs Emch, Gemeinderat und Präsident der SVP Bergdietikon, findet es schade, dass kein offizieller Anlass mehr durchgeführt wird.
Andererseits kann er den Entscheid auch verstehen. Die Feier habe zwar nicht mehr ein grosses Publikum angezogen, aber jene, die gekommen seien, hätten sich gefreut.
Im vergangenen Jahr beteiligte sich die SVP an der Feier. «Für Parteien ist es eine gute Möglichkeit, sich mit der Bevölkerung auszutauschen», sagt Emch. Dieses Jahr werde die SVP allerdings nichts durchführen. Gut möglich aber, dass die Schützengesellschaft eine Feier durchführen wird.
Sie beteiligte sich bisher öfters am offiziellen Anlass, und am Abend organisierte sie jeweils beim Schützenstand ein eigenes Fest.
Dass die Gemeinde den 1. August nicht mehr feiere, habe sie überrascht, sagt Jürg Feuerstein, Präsident der Schützengesellschaft. Enttäuscht sei er jedoch nicht. Auch er habe gesehen, dass die Besucherzahl stets zurückgegangen sei. Gleichzeitig werde es jedoch immer schwieriger, Helfer zu finden: «Die meisten wollen lieber selber festen als helfen.»