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Aargau
Baden
Die Festmüdigkeit sitzt noch vielen in den Knochen. In der Stadt ist Ruhe eingekehrt, bis auf die Festarbeiter, welche die Überreste der letzten Bauten entfernen. Ein Gespräch mit
Eliane Zgraggen, was sagen Sie als Lenzburgerin zur Badenfahrt 2017?
Eliane Zgraggen: Ich durfte damit das zweite Fest gestalten. Ob Badenerin oder nicht, von «Geschichten Schichten» zu «Versus»: Die Arbeit hat Früchte getragen. Es war ein kulturell ausgewogenes, friedliches und inspirierendes Fest.
Wie wurde das Motto umgesetzt?
«Versus» hat als prägnantes Motto entgegen aller anfänglichen Skepsis funktioniert. Davon war ich überzeugt, und ja, das freut mich sehr. Es provozierte im richtigen Mass und inspirierte, funktionierte als Zündfunke, liess sich zu einem vielseitigen, komplexen Konzept ausarbeiten, wurde durch unzählige Macher und Macherinnen aufs Schönste lebendig und erfahrbar gemacht.
«Versus» – gegen(über gestellt) – hätte man negativ verstehen können.
«Versus» war durch das ganze Fest hindurch auffind- und erlebbar, nicht als Gegeneinander, sondern als beglückende Diversität mit versöhnlichem Charakter. Es manifestierte sich auch als Kur, badenfahrtgerecht zehn Tage lang in den Festgebieten: Alt versus Neu, Unten versus Oben, Süden versus Norden. Vielleicht lebt es sich nun in mancher Weise etwas gesünder.
Beizli der Badenfahrt:
Die Umsetzung lag auch bei Ihnen?
Den roten Faden konnte ich mit viel Freude, Ausdauer, Hartnäckigkeit und einigen mottogerechten Auseinandersetzungen spinnen. Unermesslicher Dank gilt darum den überzeugten Mitstreitern. Sie haben mir Mut gemacht, die Vision geschärft und damit dieses wirklich besondere Fest mitgestaltet.
Was war aus Ihrer Sicht speziell, oder besser neu an der Badenfahrt?
Wir haben Experimentierräume und Plattformen für die Zukunft schaffen können. Viel Potenzial liegt bei «Viu versa» (der Jugend- und Kinderwelt) und «Polygon» (alternative Bühne beim Tränenbrünneli), die mit Mut und Liebe zum Detail die Pole zu friedlichen Lieblingsorten für Alt und Jung machten. Ihnen und Gleichgesinnten gehört die Zukunft des Fests.
Wie erlebten Sie Baden sonst?
Baden stand mit seinen Machern im Zentrum, war unschlagbare Gastgeberin für über eine Million Besuchende. Knapp hundert Vereine und viele Künstler und Künstlerinnen erfreuten und forderten. Ich kann mit etwas Vorsicht und viel Optimismus in die Zukunft der Badenfahrt blicken.
Ist die kritische Grösse erreicht?
Die Badenfahrt kann und soll sich mutig verändern und noch mutiger werden, nicht wachsend in der Grösse. Sie soll sich trotz vieler Besuchenden fernab vom Massenevent durchsetzen. Kunst und Kultur, die vielen Sparten sind dafür genauso wichtig wie attraktive Bedingungen für Vereine und die Nachwuchsförderung. Es braucht auch den selbstkritischen, schonungslosen internen Rückblick beim Komitee.
Wie haben Sie die Besucherinnen und Besucher erlebt?
Ich habe viele Menschen erlebt, die nur ein Mal an die Badenfahrt gehen wollten, und dann traf man sie fast allabendlich an. Sie zogen Freunde durch die Menge, streunten allein umher, staunten, waren ausgelassen oder sassen zum Festende voll Melancholie in der Badstrasse.
Was hat Ihnen persönlich besonders gefallen?
Die Installation «Versus» und das Game des Künstlers Matthias Gubler unter dem grossen Brückenbogen waren für mich etwas Unvergessliches und Zentrales. Worte ins Zentrum setzen: Von gegensätzlichen Wortpaaren wie «Himmel/Hölle» spielte man sich durch rund 100 Paare vom Gegensatz bis zum Unzertrennlichen «Parker/Barrow» (Bonnie&Clyde). Oder die schlichte und dichte Projektion von Pascal Arnold am Stadtturm, die sicherlich eine Million mal fotografiert wurde. Auch das Wirken von Maja Hürst – sie hat Baden reich beschenkt. Die Installationen von Roman Sonderegger als Stadtmöblierung, die vielen fehlen werden – Stadtmöbel, als Symbol für veränderbaren Stadtraum. Der temporär neu gestaltete Stadtraum überhaupt ist etwas Zentrales der Badenfahrt.
Die schönsten Augenblicke der Badenfahrt:
Noch etwas zum Festspiel, das nicht nur gut angekommen ist.
Ich bin kein Festspiel-Mensch, darum habe ich diesen Bereich delegiert. Die Meinungen sind unterschiedlich. Leute gingen vorzeitig weg, andere gaben am Schluss eine Standing Ovation. Wir werden noch ein Fazit ziehen, auch das Thema Umzug wird uns wieder beschäftigen.
Das tönt so, als wären Sie für die nächste Badenfahrt bereit?
Im Moment bin ich noch sehr müde. Alles war mit viel Arbeit verbunden. Ob ich all das wieder auf mich nehmen würde, hängt von den Bedingungen ab. Für einen Entscheid, der ohnehin beim Komitee liegt, ist es jetzt noch zu früh.