Wettingen
Feuer und Flamme für die Naturwissenschaft

Die ETH besuchte die Kanti mit der Hoffnung, angehende Studenten für ein Studium in Zürich zu gewinnen. Für den möglichen Nachwuchs wurden spektakuläre Präsentationen präsentiert.

Martin Rupf
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Die perfekte Rollenteilung: Hier der trockene Chemieprofessor Dr. Wolfram Uhlig aus Deutschland, da der kurlige Assistent Bruno Rüttimann, der in der Rolle des Pausenclowns sichtlich aufblühte. Zusammen boten die beiden eine spektakuläre Chemie-Vorlesung, wie sie wohl auch an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) nicht jeden Tag stattfindet. Trockeneis, Explosionen, Farbspiele, Bierschaum bis an die Decke und eine glühende Essiggurke zogen die zahlreichen Zuschauer in ihren Bann.

Die Vorlesung war nicht nur unterhaltsam, sondern vermittelte auch viel Wissen. Wieso sollte man in Brand geratenes Fritteusenöl nie mit Wasser zu löschen versuchen? Beim Kontakt mit dem 250 Grad heissen Öl verdampft das Wasser augenblicklich und verursacht dadurch einen Sprühregen aus allerfeinsten Öltröpfchen. Das Resultat: eine über zwei Meter hohe Stichflamme.

Besser auf das Studium vorbereiten

Die Chemie-Vorlesung bildete den sinnlichen Auftakt des ETH-Besuches an der Kantonsschule Wettingen. Seit 2004 tourt die Wanderausstellung durch die Schweizer Mittelschulen. «Wir wollen bei angehenden Studenten die Lust an den naturwissenschaftlichen Fächern wecken», sagt ETH-Projektleiterin Gaby Kläy. Zudem solle die Hemmschwelle vor der Naturwissenschaft gesenkt werden. «Auch wollen wir Mittelschüler besser über die ETH-Studiengänge informieren, damit sie wissen, was sie erwartet», erklärt Kläy.

Frauen erhalten schneller Antwort

Dem Informationszweck diente auch die Ausstellung im Brudersaal, wo ETH-Studenten ihre Studiengänge – Departemente – vorstellten. Auffällig war die hohe Anzahl von Studentinnen, sind sie doch mit rund 30 Prozent aller ETH-Studierenden immer noch in der Minderzahl. «Mit dem Frauenanteil sind wir unter dem Strich zufrieden, doch wir wünschen uns eine bessere Verteilung», sagt Gaby Kläy. So gebe es im Bereich Pharmazie oder Lebensmittelwissenschaften überdurchschnittlich viele Frauen, wohingegen beim Maschinenbau oder in der Elektrotechnik vorwiegend Männer anzutreffen seien.

Für die beiden Elektrotechnik-Studentinnen Monika Graf und Franziska Bosshard ist das ein klarer Vorteil: «Wir bekommen von den Professoren schneller eine Antwort und man kennt sich unter den Studentinnen.» Ansonsten sei die Geschlechter-Frage eigentlich kein grosses Thema.

Thunfisch-Roboter für Aquarium

Ihr Studium bezeichnen die beiden Studentinnen als super spannend, wobei die ersten zwei Jahre nicht ganz ohne gewesen seien. «An der Kanti hatte ich das Gefühl, es sei stressig. Doch was Stress wirklich ist, erlebte ich erst an der ETH», sagt Franziska Bosshard lachend. Auch Materialwissenschaft-Studentin Jana Segmehl aus Deutschland betont das strenge Grundstudium. «Jetzt, im dritten Jahr, geht es deutlich entspannter zur Sache.»

Dass ETH-Studenten nicht nur Zahlen im Kopf, sondern auch einen Sinn für Schönes haben, zeigt die Bachelorarbeit des Maschinenbau-Studenten Fabian Günther. Sein künstlicher Thunfisch überzeugt durch verblüffend echte Flossenbewegungen. Alles nur eine Spielerei? Mitnichten: «Man könnte den Thunfisch mit einer Fernsteuerung und einer Videokamera ausstatten und so Besuchern grosser Aquarien eine zusätzliche Attraktion bieten», so Günthers kreativer Ansatz.

Hätten Griechen nur Papier gefaltet

Überhaupt scheinen sich Kreativität und Naturwissenschaft nicht auszuschliessen. Oder wie es Mathematik-Professor Norbert Hungerbühler sagte: «Wo Kreativität ist, ist Mathematik nicht weit.» Während knapp eine Stunde dozierte Hungerbühler zum Thema «Origami: Was hat Papierfalten mit Wissenschaft zu tun?» Sehr viel: Scheiterten die Griechen noch an einigen mathematischen Problemen, weil Zirkel und Lineal nicht weiterhalfen, lassen sich die mathematischen Knacknüsse heute dank Origami lösen. Ein Beispiel: Es ist unmöglich, ein 15-Eck mit Lineal und Zirkel zu konstruieren. Falten lässt sich ein 15-Eck jedoch ohne Problem.

Hungerbühler räumte auch mit der weit verbreiteten Meinung auf, ein Blatt Papier – egal welcher Grösse – lasse sich nie mehr als 7-mal in der Hälfte falten. «Eine amerikanische Studentin hat es 12-mal geschafft, indem sie ein langes Papier immer in die gleiche Richtung gefaltet hat», erklärte Hungerbühler.

Dem Mathematiker war es ein Anliegen, aufzuzeigen, dass Mathematik – vorliegend die Faltkunst – im täglichen Leben allgegenwärtig ist. So sei während Jahren die Frage im Raum gestanden, ob Falten immer gerade sind. Norbert Hungerbühler: «Die Antwort lautet Nein – wie wir von der Pommes-Verpackung von McDonald’s wissen.»