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Beim privat organisierten Neujahrsapéro in Obersiggenthal erschienen über 500 Gäste. Und am Ende gab es nur lachende Gesichter, auch bei Ammann Bettina Lutz Güttler, die auf den Anlass aus Spargründen verzichten wollte.
«Am 13. Dezember hatte ich die Idee, am 16. war alles organisiert», sagte Initiant Daniel Cortellini, nachdem er gehört hatte, dass die Gemeinde aus Spargründen auf den Neujahrsapéro verzichten will. Offenbar hat der Badener Weinhändler bei den Leuten offene Türen eingerannt. Wie sonst wäre binnen drei Tagen alles eingetütet worden: Eventlokal gefunden, Flyer gedruckt, Website aufgeschaltet, mit der Musikgesellschaft Obersiggenthal und der Band «Mattermania» für Unterhaltung gesorgt, Getränke und Speisen beschafft, freiwillige Helfer besorgt – und das alles zum Nulltarif für den Organisator. Alles war gesponsert und bis auf den Weisswein aus Ennetbaden sogar alles «made in Obersiggenthal», allen voran die mehr als 30 abgegebenen Kuchen.
Wie es Cortellini später in seiner Rede in der Turnhalle schildert, hat er mit einem Schneeball eine Lawine in Gang gesetzt. Ein paar Anrufe hier, ein paar Mails da und schon geriet der Stein ins Rollen.
Dass 300 Besucher kommen werden, war den Organisatoren klar. So viele hatte sich auch über die eilig online gestellte Website angemeldet. Doch die Massen strömen am Abend weiter. Schon um 17.10 Uhr, erst zehn Minuten nach dem offiziellen Start, wird fiebrig nach dem Hauswart gerufen. Der Grund: Die Gläser sind alle und neue nur im Keller, zu dem keiner einen Schlüssel hat. Und als dann gegen 17.45 Uhr Cortellini sich das Mikro anheftet und zu sprechen beginnt, gibt es mit 500 Apéro-Besuchern kaum noch ein Durchkommen in der Halle. «Obersiggenthal hat endlich mal wieder ein richtig schönes Fest» – Riesenbeifall, Johlen und Klatschen.
Unter den 500 ist auch Willy Glashütter. «Schön, dass es doch einen Neujahrsapéro gibt. Aber noch schöner wäre es gewesen, die Gemeinde hätte das selbst organisiert. Sparen kann sie doch auch woanders.» Damit spricht er vielen aus dem Herzen. Denn allenthalben erntet Cortellini Schulterklopfen für seine Initiative. «Super, dass Sie das übernommen haben.» Und es wird immer schöner. Jetzt verrät Cortellini auch noch, dass ihm die Gemeinde die 1500 Franken Hallenmiete erlassen hat: «Habe ich heute erst erfahren.» Riesenjubel.
Im Gemeindehaus ist Cortellinis enorme Mobilisierung nicht verborgen geblieben. So wich die anfängliche Ablehnung («Wir lassen uns von einem Unternehmer nicht vor den Karren spannen. Wir kommen nicht.») vorsichtiger Annäherung. So wagt sich am Abend auch Ammann Bettina Lutz Güttler in die «Höhle des Löwen».
Doch die Buhfrau ist sie dort nicht. Angestachelt durch Cortellini, bereitet die Menge ihr einen wohlwollenden Empfang. «Ich bin sehr beeindruckt von der Zahl der Anwesenden heute und auch dankbar dafür, was heute auf die Beine gestellt worden ist», sagt sie. «Wann schafft man es schon einmal auf die AZ-Titelseite, direkt neben Donald Trump», spielt sie auf die Vorberichterstattung in dieser Zeitung an.
Als sie in der Halle das Wort ergreift, ist sie gerade einmal elf Tage im Amt und es ist ihr erster öffentlicher Auftritt als Frontfrau des Gemeinderates. «Veränderungen» kämen auf Obersiggenthal zu, kündigt sie in ihrem Ausblick auf 2020 an. Und die sind erst einmal gut – steigende Schülerzahlen, neues Schulhaus in Planung, Sanierung des Hallen -und Gartenbades in Vorbereitung. Bettina Lutz Güttler: «Es gibt so viel Positives aus Obersiggenthal zu berichten.» Aber eben nicht nur. Denn auch von «Steueranpassungen» ist die Rede. Sicher eher nach oben. Aber vielleicht reicht ja dann das Geld wieder für einen regulären Neujahrsapéro in 2021.