Hieronymus Füdlibürger liess sich von einer Chat-Partnerin um den Finger wickeln, nun landete er auf dem Scheiterhaufen.
Ein mysteriöser Gast erschien dieses Jahr an die Gerichtsverhandlung von Hieronymus Füdlibürger. Der Unbekannte hatte lange, verstrubbelte Haare, eine grosse, leicht schräge Hakennase und runde Brillengläser. Sein Name: Jerry Knüller. «Ein halbes Jahr ist es her mit den Selfies», sagte er vor dem versammelten Badenervolk im Graben. «Ich möchte mich nochmals bei euch entschuldigen. Ich habe eine dunkle Seite in mir entdeckt. Deshalb wollen wir jetzt in Baden in der Nacht auch alle Strassenlichter abschalten», gab er bekannt und erntete erzürnte Reaktionen aus dem Publikum. Doch Jerry Knüller wusste die Schmach zu schlichten: «Ich habe auch eine närrische Seite», sagte er. «Entschuldigung denjenigen, die auch ein Selfie von mir wollten. Aber jetzt ist es Zeit, nach vorne zu schauen und nicht mehr nach unten.»
Überhaupt laste die Schuld an den Nacktselfies aus dem Stadthaus nicht auf Jerry Knüller, sondern auf Hieronymus Füdlibürger, fügte die Staatsanwältin sogleich bei. «Er liess sich von einer Chat-Partnerin um den Finger wickeln, um den Stadtammann zu belasten.» Als Beweis zeigte sie die mutmasslichen Nacktselfies auf ihrem Handy, worauf der Verteidiger gleich entgegnete: «Das ist doch ein Bild vom letztjährigen Penis-Wagen der 34er-Höckler. Das ist ein Komplott der bürgerlichen Parteien!» Die Staatsanwältin blieb aber bei ihrem Standpunkt: «Unsere Stadt hat einen riesigen Imageverlust erlitten. Selbst die Zurich International School ist von Baden weggezogen.» Der Verteidiger legte Einspruch ein: Die Stadt Baden sei, im Gegenteil, so berühmt wie nie zuvor. «Der Stadtrat hat alles im Griff. Er hat sich besoffen, ähm, geschlossen hinter den Stadtammann gestellt.»
Die Anklägerin liess sich nicht beirren und setzte fort mit der langen Liste der Verbrechen des «Fübü». So habe er im Stadion Esp in die Trinkflasche des FC-Muri-Goalies hineinuriniert. Der Verteidiger konterte gekonnt: «Das ist zwar ein Seich, aber andererseits auch ein Streich.» Für die Staatsanwältin sei ein «Seich» aber eher die Idee des «Fübü», das Schloss Stein wieder aufzubauen. Sie beschuldigte ihn weiter: «Er hat die Euro-Untergrenze aufgehoben, man sieht ihn regelmässig in Waldshut am Einkaufen.» Zudem wolle der «Fübü» mit Einsprachen das Botta-Bad verhindern. «Hieronymus Füdlibürger ist ein Ecopopper. Er hat den Badener Geist ins Ozonloch hinabgeworfen.» Der Verteidiger hatte einen schweren Stand. Trotzdem hielt er fest, sein Mandant hätte stets gute Absichten gehabt. Er habe seinen Freund Ahmed David Iglu aus der Türkei ins Trafo eingeladen, obwohl er selber dort ausgeladen wurde. Er habe ein Jahr lang alle städtischen Angestellten massiert und werde nun aus Spargründen auf die Strasse gestellt.
Trotz kreativem Plädoyer befanden die Geschworenen Hieronymus Füdlibürger einstimmig für schuldig. Nur die Frage nach dem Strafmass beschäftigte den Richter noch. «Sollen wir ihn als Leihgabe den Wettingern geben, oder ihn nach Aarau ausschaffen? Oder gar der Nagra zum Entsorgen geben?» Dass Jerry Knüller noch ein Mediationsverfahren anbot, sorgte immerhin beim versammelten Volk für Gelächter. So fiel es dem Schultheissen am Schluss nicht schwer, das erwartete Urteil auszusprechen: «Tod durch Verbrennen.»