Was das Limmatstädtchen von Zürich lernen kann, diskutierten Stadtforscher und Badener im «Royal»
Was braucht es, um Verdichtung als Qualität zu erleben? Wo fängt Urbanität an? Wie erhält man die Liebe zu einer Stadt über längere Zeit?
Am Donnerstag fand im «Royal» der zweite Teil der Podiumstrilogie «Was heisst schon urban» statt. Während zweier Stunden erörterten die fünf Podiumsteilnehmer unter der Leitung von Journalist Urs Tremp im «Royal», welche Faktoren einer Stadt Ausstrahlung verleihen. Dabei bewegten sie sich zwischen Politik und Kultur, zwischen wissenschaftlichen Studien und persönlichen Erlebnissen, zwischen Baden und Zürich.
«Baden lebt», sagt Robert Sailer überzeugt, «Baden lebt am Tag und Baden lebt in der Nacht». Sailer ist Präsident der «City Com Baden» und davon überzeugt, dass vor allem die Menschen den Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung einer Stadt legen: «Die modernen Badener, die zwar wegziehen, aber am Schluss immer wieder zurückkommen.»
Genau so erging es auch Autorin Bila Sibylle Ciarloni. Sie wuchs in Baden auf, zog dann nach Zürich und kehrte vor einigen Jahren wieder nach Baden zurück. «Wegen der Liebe», erklärt sie, «also wegen der privaten Liebe». In der Kleinstadt Baden vermisse sie jetzt vor allem die Anonymität – und das Bäderquartier: «Das ist ein Gebiet in Baden, bei dem einiges falsch gemacht wurde, denn viele Möglichkeiten wurden nicht genutzt. Für mich ist Urbanität dann positiv, wenn leer stehende Räume zwischengenutzt werden können.»
Eine Fachfrau für Zwischennutzung ist Podiumsteilnehmerin Vesna Thomse. Die Stadtsoziologin sieht zwischen der derzeitigen Entwicklung von Baden und jener der Stadt Zürich der 90-er Jahre einen klaren Zusammenhang: «Zürich wurde damals von der Investorenwalze überrollt und gewisse belebte Quartiere verwandelten sich so in tote Orte. Jetzt realisiert man langsam, welche urbanen Qualitäten es zu fördern gilt.» Einer ähnlichen Meinung ist Wirtschafts- und Sozialgeograf Philip Klaus. Als Stadtforscher hat er sich vor allem mit den sozialen Beziehungen der Stadtbewohner auseinandergesetzt. Er betont, dass das Leben in einer Grossstadt nicht überall gleich ist: «In Zürich beispielsweise gibt es durchaus Gebiete, welche schon fast dorfähnlichen Charakter aufweisen.»
Zürich wurde aber nicht nur als Grossstadt-Exempel thematisiert, sondern auch als Konkurrenz zu Baden. Thomas Lütolf, Leiter des Standortmarketing Baden, sagte dazu: «Die Zugwirkung von Zürich ist ganz klar zu spüren und sicher eine Herausforderung. Jedoch können wir auch als Subzentrum unsere eigene Identität leben.»