Im Abstimmungskampf zu Tempo 30 streiten Befürworter und Gegner, wie sicher eine Neuregelung wirklich wäre.
Am kommenden Sonntag wird Ennetbaden darüber entscheiden, ob auf allen Gemeindestrassen Tempo 30 eingeführt werden soll. Die Abstimmung sorgt in der Gemeinde für einigen Diskussionsstoff. Bei der Gemeindeversammlung im vergangenen November wurde Tempo 30 angenommen. «Bereits an diesem Abend hatte sich gezeigt, dass das Thema polarisiert», sagt Gemeindeammann Pius Graf (SP). Die Interessengemeinschaft Ennetbaden, ein parteiunabhängiger Zusammenschluss einiger Bürger, und die örtliche FDP hatte gegen den Entscheid das Referendum ergriffen.
Mitte Dezember wurde die nötige Anzahl an Unterschriften erreicht, um die Abstimmung zu ermöglichen. «Wir wollten erreichen, dass es eine sachliche Diskussion auf breiter Ebene gibt», sagt IG-Mitglied Stefan Wetzel. «Und das ist uns gelungen: Alle in Ennetbaden setzen sich jetzt damit auseinander und haben sich ihre Meinung gemacht.» Pius Graf stimmt ihm zu: «Für Ennetbadener Verhältnisse war das fast aussergewöhnlich, dass so engagiert und mit Flyern in der Öffentlichkeit darüber diskutiert wird.»
Schon lange ist eine Geschwindigkeitsreduktion in Ennetbaden ein Thema. 1999 wurde Tempo 40 von der Gemeindeversammlung abgelehnt, 2008 forderte eine Petition «Tempo 30 in Wohnquartieren». Eine Vereinheitlichung der Geschwindigkeit auf allen Gemeindestrassen gehört zu den aktuellen Legislaturzielen des Ennetbadener Gemeinderats. Bei Tempo 30 könne die Anzahl an Verkehrszeichen verringert werden. Eine tiefe Geschwindigkeit führe zudem zu weniger Lärm und CO2-Ausstoss und somit zu einer höheren Wohnqualität. Kritiker fürchten hingegen eine Erhöhung von beidem aufgrund einer «Stop-and-go»-Fahrtechnik. Ausserdem erhofft sich der Gemeinderat eine höhere Verkehrssicherheit, da bei Tempo 30 die Bremswege kürzer sind.
Gegner der Neuregelung halten dem entgegen, dass sich bereits heute kaum Unfälle im Ort zutragen und die Einheitsgeschwindigkeit somit eine überflüssige und teure Massnahme wäre – sie soll 180000 Franken in Anspruch nehmen.
Mehr noch, die Kritiker befürchten gar eine höhere Gefahr für Fussgänger, da niedrige Geschwindigkeitszonen eine «falsche Sicherheit» ausstrahlen. Denn in 30er-Zonen dürfen Fussgänger überall die Strasse queren, haben allerdings keinen Vortritt; Fussgängerstreifen wie auch Leitlinien müssen in der Regel von den Strassen verschwinden. Gemäss Pius Graf habe dieser Punkt für viel Unsicherheit gesorgt: «Fälschlicherweise war davon die Rede, dass 80 Prozent der Fussgängerstreifen verschwinden sollen. Die zehn wichtigsten von heute 24 sollen allerdings erhalten bleiben.» Denn in 30er-Zonen dürfen bei «besonderen Vortrittsbedürfnissen», zum Beispiel bei Schulen, Zebrastreifen markiert werden. Zudem glaubt der Ammann nicht, dass Tempo 30 die Fussgänger zum achtlosen Queren der Strassen animiere.
Graf schätzt, dass die Neuregelung knapp angenommen wird. Stefan Wetzel erwartet derweil einen offenen Ausgang: «Wir sind nicht die ‹Nein-zu-Tempo-30-Partei›. Vor allem freuen wir uns, dass die Abstimmung im Ort etwas bewegt hat.»