Wohlenschwil
Gemeinderat bangt um zugesicherte Zahlungen

Kantonale Beiträge für Gemeinde-Projekt könnten in weite Ferne rücken – doch die Arbeiten haben längst begonnen

Sabina Galbiati
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Erika Schibli, Gemeindeammann von Wohlenschwil.

Erika Schibli, Gemeindeammann von Wohlenschwil.

Christoph Voellmy

Der Ärger des Gemeinderats über die Sparübungen des Kantons ist so gross, dass man ihn sogar aus den Gemeindenachrichten herauslesen kann. Konkret geht es um finanzielle Beiträge an die Gemeinde, die zwar zugesprochen sind, aber aufgrund der Sparübungen des Kantons möglicherweise aufgeschoben werden.

«Nach Auffassung des Gemeinderates hat dies mit ‹sparen› herzlich wenig zu tun. Auch lässt sich mit solchen ‹Verzögerungsmanövern› keine seriöse Budget- und Finanzplanung in der Gemeinde anstellen», schreibt der Gemeinderat seinen Bürgerinnen und Bürgern.

Worum geht es? 2012 kam der Kanton auf die Gemeinde zu und empfahl ihr, die Flurstrassen und Entwässerungshauptleitungen zu sanieren, weil diese damals bereits rund 25 Jahre alt waren. Das Projekt läuft unter dem langen Namen «Periodische Wiederinstandstellung und Erneuerung von Flurstrassen und Entwässerungshauptleitungen», kurz PWI.

Es ist eines von mehreren Projekten, die darauf abzielen, den Wert der Landwirtschaftszonen zu erhalten und die Natur zu schützen. Als Anreiz winkten Beiträge von Bund und Kanton. Wohlenschwil machte mit. 2014 hatte der Kanton der Gemeinde definitiv Zahlungen zugesprochen. Ausgemacht war eine Zeitdauer von fünf Jahren. Das PWI kostet die Gemeinde insgesamt 580'000 Franken. 200'000 Franken davon übernehmen Bund und Kanton hälftig. Ausbezahlt wird in jährlichen Tranchen zwischen 30 000 und 50 000 Franken bis 2018. So zumindest sah der Plan bis vor wenigen Tagen noch aus.

Anfang dieses Monats erhielt der Gemeinderat ein Schreiben vom Kanton: Diesem ist zu entnehmen, dass die Zahlung für das Jahr 2016 möglicherweise aufgeschoben wird. Der Haken daran: Der Bund zahlt nur, wenn der Kanton zahlt, daher würden gleich 50'000 statt nur 25'000 Franken auf Eis gelegt.

Die Gemeinde müsste die Kosten, die immerhin 1,5 Steuerprozenten entsprechen, vorläufig selber übernehmen und das Schuldenkonto belasten – oder im Extremfall anderenorts sparen.

Projekt-Stopp ausser Frage

Gemeindeammann Erika Schibli macht keinen Hehl aus ihrem Ärger. Ihr geht es ums Prinzip. «Sicher werden die Beiträge irgendwann kommen. Aber die Politiker im Grossen Rat sprechen von Sparmassnahmen, doch eigentlich schieben sie mit solchen Aktionen die Finanzprobleme nur vor sich hin und nach unten ab».

Komme hinzu, dass der Kanton grossen Wert darauf lege, dass jede Gemeinde ihr Budget und ihren Finanzplan jährlich vorlegt. «Nun wissen wir aber gar nicht, wann die versprochenen Beiträge für 2016 und die Folgejahre eintreffen», sagt Schibli. So könne die Gemeinde kein vernünftiges Budget erstellen.

Das Projekt stoppen wolle man nicht. «Wir stecken mitten in den Arbeiten. Die meisten Aufträge sind an die Unternehmen vergeben und in deren Planung einkalkuliert», erklärt Schibli. «Wenn wir jetzt alles auf Eis legen, kostet uns das am Schluss mehr, als wenn wir das Projekt durchziehen.»

Es ist aber auch eine Frage des Vertrauens: «Ich möchte verhindern, dass die Gelder am Ende gar nicht fliessen, weil es dann vielleicht heisst, ‹die Gemeinde hat die Flurstrassen ja sowieso nicht saniert, dann müssen wir eigentlich auch keine Beiträge mehr zahlen›». Gemeindeschreiber Markus Jost gibt zu bedenken, dass es in den Verträgen heisst, es werde nur bezahlt, wenn auch saniert werde.

«Letztlich leiden die regionalen KMU, denen wir die Aufträge erteilt haben.» Ihnen würden Aufträge vorenthalten werden, was sich negativ auf die Beschäftigungslage auswirke.

Entscheid noch nicht gefallen

Matthias Müller, Leiter der Abteilung Landwirtschaft Aargau beim Departements Finanzen und Ressourcen, ist zuständig für die Strukturverbesserungsprojekte in den Gemeinden. Für Wohlenschwil gibt er Anlass zur Hoffnung: In den nächsten Monaten wird die Abteilung mit den betroffenen Gemeinden Kontakt aufnehmen und erst dann definitiv entscheiden.

So oder so ist Müller ungefähr so «erfreut» wie Erika Schibli. Auf seinem Tisch liegen rund 60 Projekte, die jenem von Wohlenschwil ähneln. «Zuerst hat meine Abteilung 2012 vom Grossen Rat den Auftrag erhalten, solche Projekte in den Gemeinden zu fördern.»

Nun habe er vom Parlament den Auftrag erhalten, jährlich eine Million Franken zu sparen. «Ich kann den Ärger des Gemeinderats nachvollziehen», sagt Müller. Wie Gemeindeammann Schibli ist er der Ansicht, dass man kein Geld spart, in dem man versprochene Zahlungen aufschiebt. «Doch im Moment bleibt mir nichts anderes übrig, weil alle sparen müssen.»

Seine Abteilung muss bis auf weiteres jährlich 1 Million Franken sparen. Zusätzlich sind in seiner Abteilung 6,4 Stellen gestrichen. Müller geht nicht davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Jahren ändern wird. Nun habe er die Projekte nach Prioritäten sortiert.

«Die grossen und wichtigen Projekte mit einer Laufzeit von 10 bis 15 Jahren haben oberste Priorität.» PWI-Projekte wie jenes von Wohlenschwil haben mittlere Priorität. Neue Projekte werden nicht mehr angenommen. Müller verspricht: «Die Beiträge werden bezahlt.» Nur wann, das kann er noch nicht sagen.