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Zwei Badener Maturandinnen üben mit Senioren Theaterszenen und tauchen in die Welt der anderen Generation ein. Dabei merken die Senioren: Auch wir waren mal Jung.
Katharina Fechtner hebt ihren Rock, nimmt ein Sackmesser und zerschneidet sich die Strümpfe. «Wow, das sieht richtig old-stylemässig aus, geil», sagt eine Seniorin zu der 83-jährigen Fechtner.
Sie und Ihre Gruppe spielen eine Szene nach, die sie auf dem Bahnhofplatz in Baden erlebt haben. «Die jungen Frauen waren vielleicht 20 bis 25 Jahre alt», sagt Fechtner.
Dass man heute die Sachen einmal brauche und dann wegwerfe, wie die Strümpfe, das habe es früher nicht gegeben.
Solche und ähnlich wilde Szenen haben die rund 30 Seniorinnen und Senioren am «träff 55-99» (Siehe Box) eingeübt und vorgespielt. Normalerweise geht es bei den Diskussionen etwas ruhiger zu und her.
Jeden ersten Montag im Monat treffen sich Seniorinnen und Senioren im Restaurant «Roter Turm» in Baden. Das Treffen findet jeweils von 14.30 bis 16.30 Uhr statt. Der Treff fördert das Zusammensein in offener Runde. Die Besucher diskutieren und philosophieren über Lebensfragen und das Älterwerden. Der «träff 55-99» wird vom Senioren- und Seniorinnenrat der Region Baden organisiert und ist offen für alle Interessenten.
Das Stück «Alte Junge und junge Alte» wird zusammen mit dem Stück «Absulentin» am Dienstag 12. und Mittwoch 13. November um 20 Uhr im Theaterraum der Kanti Baden aufgeführt. Der Eintritt ist gratis. Es gibt eine Kollekte. (Gal)
Aber am Montag besuchten zwei Maturandinnen der Kantonsschule Baden den Treff und studierten mit den Senioren kurze Theater-Sequenzen ein – quasi als Vorgeschmack.
Marion und Valerie haben im Rahmen ihrer Maturaarbeit ein Theaterstück über Generationen geschrieben. «Mit unserem Stück wollen wir Klischees aufbrechen, die wir gegenüber der jeweils anderen Generation haben», sagt Marion.
«Wir Alten waren auch mal Jung»
Beim Treff sind auch Schauspieler des Theaterstücks anwesend. Von ihnen wollten Marion und Valerie wissen, was für Erfahrungen sie bei den Proben mit den Jungen gemacht haben. «Ich war erstaunt, wie sich die zwei jungen Frauen in unsere Situation versetzt haben», sagt ein Senior der Theatergruppe. «Klar sind die Charaktere überzeichnet, aber das sind sie in jedem Theaterstück und das darf auch sein».
Vom Austausch untereinander sind beide Generationen begeistert. «Solche Projekte sollte es mehr geben», sagt eine Seniorin, «so vergessen wir Alten nicht, dass wir auch mal Jung waren».
Alkohol, Tabletten und Haschisch
Die Seniorinnen und Senioren nutzten die Gelegenheit und stellten den Maturandinnen brisante Fragen. «Kiffen die Jungen wirklich so viel und warum trinken die Jungen schon abends um acht Alkohol in der Öffentlichkeit?» Marion und Valerie können nur vermuten: «Man will dabei sein und zeigen, dass man so viel trinken kann, wie der Kumpel aus der Klique.»
Auch die Senioren erzählen von der Sucht Alkohol und dass viele von Tabletten abhängig seien. «Das ist schlimm, aber alte Menschen sind nicht auf den Kopf gefallen.
Sie wissen schon, wie sie Ihre Schlaftabletten und Antidepressiva bekommen», sagt eine Seniorin. Gerade bei alleinstehenden Senioren sei der Alkohol ein grosses Problem. Eine Seniorin hat ihr eigenes Rezept gegen Einsamkeit: «Wenn ich traurig bin, nehme ich meine Krückstöcke, dann sind alle Leute hilfsbereit und nett zu mir.»