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Aus der schönsten Badenfahrt-Beiz entstehen nun Möbel. Drei Mitglieder des Vereins «usVers» haben das Recycling-Fieber.
Das Geräusch einer Bohrmaschine rattert durch den Dachstock einer Nussbaumer Scheune. Naida Iljazovic steht gebeugt über einem Stapel Bücher, bevor sie die sich windende Schraube durch tausende Seiten Papier sinken lässt. Um sie herum weitere Bücher – so weit das Auge reicht. Vom Krimi in Taschenbuchformat bis zum gebundenen Geografieschinken. Iljazovic war Mitglied des Vereins „usVers“, der an der Badenfahrt den Preis für die schönste Beiz absahnte. Hier, über den Dächern von Nussbaumen, arbeiteten die 17 Mitglieder über Monate hinweg an ihrem Plan, eine Bar aus Büchern zu bauen.
Hocker, Bänke und Tische waren dabei nur Zweitidee. Doch genau diese stiessen bei den Badenfahrt-Besuchern auf reges Interesse: „Die Resonanz war riesig. Wir haben das völlig unterschätzt“, so die Architektin aus Wettingen. Bereits nach vier Tagen Badenfahrt hatten sie alle Reservemöbel verkauft – obwohl sie diese ursprünglich gar nicht zum Verkauf angeboten hatten. Als das Interesse auch nach dem 10-tägigen Fest nicht abebbte, beschloss Iljazovic gemeinsam mit zwei weiteren «usVers»-Mitgliedern Renzo Iten und Philipp Jäckle, weitere Möbel aus Büchern zu produzieren. Unter dem Namen „Möbeli us Vers“ lancierten sie ihre Idee auf Facebook.
Die Möbel bauen sie nach dem selben Prinzip wie die Stützen der Badenfahrt-Beiz. Die Bücher werden in der Mitte durchbohrt und auf eine Gewindestange aufgefädelt – „Büecherspiessli“, wie Iten sie mit einem Augenzwinkern nennt. Zwischen zwei Holzplatten eingespannt entstehen so einzigarte Sitzgelegenheiten. „Es steckt viel Handarbeit dahinter“, sagt Iljazovic. An Erfahrung mangelt es ihnen nicht: Allein für die Badenfahrt-Beiz hat der Verein mehr als 30‘000 Bücher verarbeitet. „Wir hatten Sehnenscheidenentzündungen an beiden Armen“, erinnert sich Iten lachend.
Die Büchermöbel bieten sie thematisch – Garten, Tiere, National Geographic – oder nach Farben – weiss, Farbverlauf, spektral – angeordnet an. Zurzeit werden noch diejenigen Exemplare verwendet, die sie für die Badenfahrt in Bibliotheken, Brockenhäusern oder von Privatpersonen gesammelt haben. Weiteres Material erhoffen sie sich durch ihre neue Idee „BYOB“, was für „Bring your own books“ steht. „Prakisch jeder hat Bücher zu Hause, die im Regal verstauben, man aber dennoch nicht wegwerfen will“, sagt Iljazovic. So könnten sie für den Kunden personalisierte Sitzgelegenheiten bauen. Einzige Vorgabe: Die Bücher müssen eine Grundfläche von mindestens 17 mal 22 Zentimer aufweisen, damit Iljazovic, Iten und Jäckle diese verarbeiten können.
Nicht nur die Bücher werden recyclet. Selbst die Holzplatten hatten ein früheres Leben: Zurzeit verwertet die Gruppe von „Möbeli us Vers“ noch das Dach der Bücherbeiz wieder. Aus ökologischen, wie auch aus nostalgischen Gründen: „So hat jeder ein Stück Badenfahrt zu Hause“, erklärt Iljazovic.
Die schönsten Festbeizen der Badenfahrt: