Nun prüft der Kanton, ob die kantonale Asylunterkunft ein Baugesuch braucht.
Bis zu 90 Asylsuchende will der Kanton in der Liegenschaft an der Mellinger Gheidstrasse 17 unterbringen. Mit dieser Nachricht hat das Departement Hochuli die Gemeinde Ende September vor vollendete Tatsachen gestellt und damit bei der Mellinger Bevölkerung und dem Gemeinderat für ziemliche Verärgerung gesorgt. Denn der Gemeinderat war davon ausgegangen, dass es für die Nutzung der ehemaligen Saisonnierbaracke und des Werkhofs als Asylunterkunft ein Baugesuchsverfahren braucht. Der Kanton war anderer Ansicht: Am Freitag, 30. September, teilte er dies bei einem Gespräch dem Gemeinderat mit und quartierte noch am gleichen Tag die ersten 8 Asylsuchenden in der Liegenschaft im Gheidquartier ein. Die Bevölkerung wurde erst am darauffolgenden Montag mit einem Schreiben vom Kanton informiert. Gemeindeammann Bruno Gretener kündigte bereits wenige Tage später an, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen. «Wir prüfen, wie wir die Diskussion noch einmal aufnehmen können und ob alles tatsächlich rechtens vonstattengegangen ist.» Inzwischen sind 18 Asylsuchende in der alten Liegenschaft untergebracht worden.
Am letzten Freitag haben sich Gemeinderat und Kanton erneut zum Gespräch getroffen. Fazit: bis auf weiteres erfolgt keine weitere Belegung der Unterkunft. «Gemeinderat und Kanton haben sich auf eine vertiefte Prüfung der Baubewilligungspflicht geeinigt», teilten die beiden Parteien gestern mit. Ausschlaggebend für das Einlenken des Kantons sind zwei Baubewilligungen aus den Jahren 1962 und 1972, aufgrund derer der Gemeinderat der Ansicht ist, dass eine Nutzung als Asylunterkunft baubewilligungspflichtig ist. Konkret geht es um die Baubewilligungen für den Werkhof mit Magazin und Wohnung (1962) und für die Saisonnierbaracke (1972). «Diese Baubewilligungen wurden explizit für die Nutzung der Gebäude als Unterkünfte für die betriebseigenen Saisonniers erteilt und nicht zur permanenten Nutzung als Wohnraum. Zudem liegen die beiden Gebäude in der Industrie- und Gewerbezone», erklärt Gemeindeammann Gretener und verdeutlicht: «Ein privater Investor kann in einer Industrie- und Gewerbezone seine Liegenschaften auch nicht einfach als Wohnungen umnutzen.»
Der Kanton wird die vorgelegten Baubewilligungen nun prüfen und falls er zur gleichen Einschätzung der rechtlichen Situation gelangen sollte, ein ordentliches Baugesuch einreichen.
«Im Sinne eines Kompromisses ist der Gemeinderat im Gegenzug bereit, die zurzeit mit 18 Personen belegte Asylunterkunft in diesem beschränkten Rahmen während der Durchführung eines möglichen Baugesuchsverfahren und bis zu einem abschliessenden Entscheid zu tolerieren», heisst es seitens Gemeinderat.
Im Schreiben betont der Gemeinderat zudem: Aus Sicht des Gemeinderats könne aus dieser erlaubten Zwischennutzung kein Präjudiz für den Entscheid über eine allfällige Baubewilligung hergeleitet werden. Umgekehrt betont Gretener aber auch: «Wir wollen eine Unterkunft nicht um jeden Preis verhindern, sondern es geht darum, dass sich auch der Kanton an die rechtlichen Vorschriften und Verfahrensabläufe halten muss.»
Seitens Gemeinde hofft man nun auf eine zügige Abklärung, was das Baugesuchsverfahren betrifft. Ein kleiner Trost ist zumindest die Tatsache, dass Mellingen derzeit keine Ersatzabgabe von 110 Franken pro Tag und nicht aufgenommenem Asylsuchendem zahlen muss. Die Gemeinde hätte ein Aufnahmesoll von 18 Personen, beherbergt derzeit aber lediglich 13 Asylsuchende in gemeindeeigenen Unterkünften – 5 zu wenig. Nun kann sie sich wie andere Gemeinden auch die Asylbewerber in der kantonalen Unterkunft anrechnen lassen.