Wettingen
GLP-Einwohnerrat: «Mit meiner Art schaffe ich mir nicht nur Freunde»

Der Wettinger Orun Palit (GLP) zählt zu den eifrigsten Einwohnerräten. Was treibt ihn an?

Carla Stampfli
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Orun Palit, GLP-Einwohnerrat aus Wettingen: «Ich fühle mich berufen, der zu sein, der bei den Themen Finanzen und Steuern genau hinschaut.»

Orun Palit, GLP-Einwohnerrat aus Wettingen: «Ich fühle mich berufen, der zu sein, der bei den Themen Finanzen und Steuern genau hinschaut.»

SEVERIN BIGLER

Jedes Parlament hat sie: Persönlichkeiten, die sich mit ihrer Art von der Masse abheben. Orun Palit, seit 2014 für die GLP im Wettinger Einwohnerrat, gehört dazu. Mit Beharrlichkeit schaut er dem Gemeinderat bei wichtigen Vorlagen und grossen Projekten auf die Finger. Insbesondere der Sanierung und Erweiterung des Sport- und Erholungszentrums «Tägi» hat sich der 53-jährige Schweizer indischer Abstammung verschrieben. Erst kürzlich hat er dazu eine Interpellation mit elf Fragen eingereicht – es war die zweite innerhalb eines halben Jahres zum «Tägi».

Doch auch bei anderen Themen ist sich Palit nicht zu schade, an den Einwohnerratssitzungen in ausführlichen Voten seine Sicht der Dinge zu präsentieren. «Eine gewisse Opposition und Kontrolle gehören dazu, sonst kann der Gemeinderat schalten und walten, wie er will», sagt Palit. Was steckt hinter seinem Eifer? Was treibt ihn an, sich hartnäckig in die Materie zu vertiefen?

Um dies zu verstehen, muss man einen Blick in die Vergangenheit werfen: 2011 war es, als Palit in die Politik einstieg. «Aus beruflichen Gründen war und bin ich viel auf Reisen», sagt Palit, der bei einer kleinen Privatbank in Zürich als Vermögensverwalter und als Kundenbetreuer für den asiatischen Raum tätig ist. «Deshalb hatte ich das Bedürfnis, wieder vermehrt lokal Wurzeln zu fassen.» Da er sich schon immer für die Politik interessierte, war der Schritt in die Lokalpolitik naheliegend. Er schloss sich der GLP Wettingen an. Die Partei sei ihm sofort sympathisch gewesen: «Sie ist sozial, setzt sich für grüne Themen ein, ist aber dennoch liberal und für die freie Marktwirtschaft.» Nachdem Palit erst als Kassier tätig war, später das Präsidium der Ortspartei übernahm, wurde er im Herbst 2013 in den Einwohnerrat gewählt – gleichzeitig mit Ruth Jo. Scheier. Fortan sassen die beiden für die GLP im Parlament.

Sichtweise geändert

«Als Neuling und Vertreter einer der kleinsten Parteien musste ich mich exponieren, um überhaupt wahrgenommen zu werden», erinnert sich Palit. Er fühlte sich in der Pflicht, dossierfest zu sein und an jeder Einwohnerratssitzung zu jedem Thema etwas zu sagen. «Das ist wohl der Grund, weshalb ich als pingelig gelte», sagt er und lacht. Mit der Zeit sah er ein, dass es zu zeitaufwendig ist, jedes Geschäft bis ins Detail zu kennen. Zudem, so Palit, habe ihm GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy am Anfang seiner Politkarriere ans Herz gelegt, dass ein Politiker, der sich zu jedem Thema äussere, nicht glaubwürdig wirke. So konzentrierte er sich fortan auf einige wenige Themen wie Finanzen und Steuern.

«Ich fühle mich berufen, der zu sein, der bei den Themen Finanzen und Steuern genau hinschaut.» Nicht nur, weil er sich darin auskenne, sagt der Betriebswirtschafter mit Doktortitel, sondern auch, «weil es im Einwohnerrat viel zu wenig Mitglieder gibt, die genau das tun». Palits Effort zielt darauf, zu verhindern, dass den künftigen Generationen ein Schuldenberg hinterlassen wird. «Dafür ist es wichtig, dass man haushälterisch mit den Finanzen und den Steuergeldern umgeht», so der Vater einer 21-jährigen Tochter.

Doch: Steht seine Aussage nicht im Widerspruch, wenn sich der Gemeinderat den zahlreichen Fragen seiner Interpellationen annehmen muss, was Aufwand und Kosten verursacht? «Das habe ich schon im Hinterkopf», sagt Palit. «Jedoch werte ich den Nutzen der Antworten höher, als die Beantwortung der Interpellation kostet.» Er ist überzeugt: Die Bevölkerung schätze, dass er sich akribisch für gesunde Finanzen und tiefe Steuern einsetze. «Gleichzeitig ist mir klar, dass ich mir mit meiner Art im Einwohnerrat nicht nur Freunde schaffe und auch kritisiert werde. Sparen ist nun mal unpopulär.» Schnell heisse es darum, «de Orun isch gäge s’Tägi» oder «de Orun isch gäge d’975-Jahr-Fiir». Dem sei aber nicht so, betont er: «Ich will ja auch, dass das ‹Tägi› saniert wird und Wettingen sein Jubiläum feiert. Doch dafür braucht es nicht gleich Luxusausführungen.»

Umso mehr motiviert

Kritisiert zu werden, damit kann Palit mittlerweile gut umgehen. «Als extrovertierte Person wird man halt eher zur Zielscheibe.» Was ihm dagegen zu denken gebe, sei, dass die Vorstösse der GLP selten eine Mehrheit finden. «Wir sind eine Mittepartei und eigentlich wie geschaffen für Zusammenarbeit. Trotzdem ernten wir mehr Kritik als Lob.» Orun Palit glaubt, dass dies auch mit dem Aufstreben der GLP zu tun habe, konnte sie bei den letzten Wahlen ihre Sitze doch verdoppeln auf insgesamt vier. «Ich denke, die anderen Parteien spüren, dass wir zu einer Gefahr für Wähleranteile geworden sind.» Das motiviere ihn umso mehr, sich in die Diskussionen einzubringen und die Vorlagen des Gemeinderats unter die Lupe zu nehmen. Schliesslich mache er Politik für die Bevölkerung und nicht, um im Einwohnerrat Anerkennung zu erhalten. «Ich hoffe, dass mein Engagement bei den nächsten Wahlen 2021 mit einem Sitzgewinn honoriert wird.»

Ob er nicht einmal für den Gemeinderat kandidieren will? Palit winkt ab und sagt, dass dies aus beruflichen Gründen nicht drinliege. Jedoch würde er gerne im Grossen Rat oder im Nationalrat wirken. Beides hat bisher nicht geklappt. «Sollte es bei den Nationalratswahlen im Herbst wieder nicht gelingen, wäre es nicht weiter schlimm.» Er fühle sich privilegiert, wenn er schon nur auf lokaler Ebene etwas bewegen könne. «Die direkte Demokratie ist ein wertvolles Gut. Es gibt Länder, in denen die Bevölkerung gar nichts zu sagen hat.»