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Ein Landwirt wollte im Januar ein totes Schaf entsorgen. Als er merkte, dass es noch lebte, versuchte er es zu erlösen. Dies gelang ihm nicht. Er sieht dabei keine Tierquälerei. So einen unglücklichen Fall gab es zuvor in Lengnau noch nie.
Der 79-jährige Landwirt Franz M. aus Schneisingen musste Ende Januar mit einer schwierigen Aufgabe umgehen: Eines seiner Schafe war krank. «Der Tierarzt sagte mir, ich solle es entsorgen», sagte der Landwirt gegenüber Tele M1. Also nahm er ein Gewehr und erschoss das Schaf. Danach transportierte er es nach Lengnau zur Kadaversammelstelle. Dort stellte er fest, dass das Tier noch lebte. Doch anstatt einen Spezialisten zu Hilfe zu ziehen, wollte er das Schaf selbst erlösen. Er nahm einen Hammer und schlug damit mehrere Male auf den Kopf des Tieres ein.
Doch auch das war nicht der Gnadenstoss. Denn als er das Tier zu einem der vorgesehenen Behälter schleifte, lebte es noch. Das hielten die verschiedenen installierten Kameras alles fest. Doch der Landwirt ist weiterhin davon überzeugt, dass er nichts Falsches gemacht hat. Sein Sohn sagte gegenüber der az Aargauer Zeitung aus, dass das Schaf bereits tot war, nachdem sein Vater es erschossen hatte. Die Filmaufnahmen sagen aber etwas anderes aus.
Erster Fall von Tierquälerei
Eine solche unglückliche Entsorgung ist ein Einzelfall. «Mir ist kein ähnlicher Vorfall bekannt», sagt Anselm Rohner, Gemeindeschreiber von Lengnau. Insgesamt dürfen Tierhalter aus zwölf Gemeinden in der Region Kadaver in Lengnau entsorgen. Dafür gibt es zwei verschiedene Luken, wo das tote Tier hineingelegt werden kann. Eine für kleine Tiere wie Hund, Katze oder sogar Mäuse und eine andere für grosse Tiere wie Schweine, Schafe oder Ziegen.
Ein Tierkadaver darf maximal 200 Kilogramm wiegen. «Bei einem Pferd, einer Kuh oder einem schweren Kalb muss ein Spezialist den Kadaver direkt beim Besitzer abholen», erklärt Rohner. Aber auch die Veterinäre bringen die eingeschläferten Tiere in diese Sammelstellen. Angefahrene Tiere werden vom Bauamt oder von Jagdgesellschaften auf dieselbe Weise entsorgt.
Nichts für schwache Nerven
Die Lagerhalle Lengnau befindet sich ausserhalb der Wohngebiete. Sie ist unscheinbar und wird von mehreren Kameras überwacht. Draussen ist nichts zu riechen, aber drinnen stinkt es massiv nach Verwesung. Die etwa zehn Container sind noch nicht komplett gefüllt. Sie werden entweder wöchentlich geleert oder wenn sie voll sind. «Das Bauamt betreut die Sammelstelle und gibt Bescheid, wenn diese unbedingt geleert werden müssen», gibt Rohner Einblick.
Die Firma GZM aus dem bernischen Lyss holt jeweils die Container ab und entsorgt die Kadaver artgerecht. «Die Kadaver bestehen zu 80 bis 90 Prozent aus Wasser. Daher wird dieses zuerst entzogen und das Mehl, das übrig bleibt, wird verbrannt», erklärt Erika Wunderlin, Aargauer Kantonstierärztin. Die Kadaver stellen Risikomaterial dar, das laut Gesetz vernichtet werden muss und nicht wiederverwertet werden darf. «Die Firma GZM entsorgt zudem Schlachtabfälle, was den Hauptteil ihrer Arbeit ausmacht. Die Kadaverentsorgung ist nur ein kleiner Aspekt», so Wunderlin weiter. GZM ist für elf Nord- und Westschweizer Kantone zuständig.
Früher grub man Löcher
Die regionale Sammelstelle Lengnau existiert seit 2008. Zuvor organisierten sich die Gemeinden alleine oder in kleinen Gruppen. «Die gemeindeeigene Tierkadaversammelstelle befand sich zuvor im ehemaligen Schlachthaus, das brach lag. Dort gab es einen separaten Kadaverraum», schaut Rohner zurück. Ganz früher sei es noch gang und gäbe gewesen, dass man Löcher gebuddelt habe und die Tiere dort vergrub, so Rohner.