Baden/Wettingen
«Grüezi sagen fast nur noch Fahrgäste auf die Baldegg»

41 Jahre lang arbeitete Buschauffeur Walter Wittwer für die Regionalen Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen (RVBW). Ein Rückblick auf Fahrten mit alleingelassenen Babys und betrunkenen Passagieren.

Pirmin Kramer
Drucken
41 Jahre lang sass er am Steuer, jetzt ist er oft Passagier: Walter Wittwer liebt Busfahren. PKR

41 Jahre lang sass er am Steuer, jetzt ist er oft Passagier: Walter Wittwer liebt Busfahren. PKR

«Ich habe keinen einzigen Tag bereut, für diese Firma gearbeitet zu haben», sagt Walter Wittwer (65). Busfahrer zu werden war sein Bubentraum – 1972 ging er in Erfüllung, er erhielt einen Vertrag bei der «Autobus Baden und Umgebung G.M.B.H.», den heutigen RVBW.

Grosse Fahrzeuge hätten ihn schon als Kind fasziniert, erzählt Wittwer. «Und ich wollte lieber Busfahrer sein als Bauer wie so viele andere im Entlebuch, wo ich aufwuchs.»

1972: Kaum Verkehr

An die ersten Fahrten im März 1972 in Baden kann sich Wittwer gut erinnern. «Ich war eine Woche lang mit einem Instruktor in einem handgeschalteten Bus unterwegs. Die Fahrten waren damals sehr angenehm, es gab kaum Verkehr und viel weniger Bushaltestellen als heute.»

Manche Busfahrten werde er nicht mehr vergessen. «Einmal dachte ich, der Bus sei leer, als plötzlich ein etwa 2 Jahre alter Bub zu mir nach vorne lief. Ich habe ihn hinter mir auf den Sitz gelegt, wo er einschlief.»

Als Wittwer in die Zentrale funkte, sagte man ihm, die Polizei suche bereits nach dem Kind. «Der Vater brachte kein Wort heraus, als ich ihm den Sohn übergab, er war so erleichtert und weinte vor Freude.»

Fast nichts Negatives

Nur ganz wenige negative Erinnerungen habe er an Busfahrten, erzählt Wittwer. «Vor einigen Jahren zog ein wohl drogensüchtiger Passagier auf der Linie Richtung Kappelerhof die Notbremse, weil er vergessen hatte, den Stopp-Knopf zu drücken.»

Der Bus hielt abrupt, der Mann stieg aus und trat gegen das Fahrzeug. «Auf der Rückfahrt wollte er wieder einsteigen, hatte aber kein Geld für ein Ticket. Da schüttete er sein Bier über mich und über das Cockpit – es stank, wir mussten den Bus auswechseln.»

Das Verhalten der Passagiere habe geändert. «Früher haben die Fahrgäste grüezi gesagt, wenn sie den Bus betraten, und auf Wiedersehen, wenn sie ihn verliessen. Heute machen das fast nur noch Leute auf der Linie nach Ennetbaden und die Baldegg, diese Fahrgäste sind irgendwie entspannter.»

«Nicht mal einen Blechschaden»

In seinen Jahrzehnten als Busfahrer hatte Wittwer keinen Unfall «Nicht mal einen Blechschaden.» Das Geheimnis sei, immer vorauszuschauen. «Aber es braucht auch viel Glück, von einem Unfall verschont zu bleiben.»

Ab 1995 führte Wittwer auch Billettkontrollen durch, später wurde er zum Disponenten befördert, arbeitete bei der Leitstelle oder kontrollierte die Fahrkünste seiner Berufskollegen. «Wenn sie einen Fehler machten, machte ich sie darauf aufmerksam und sagte ihnen, dieser Fehler dürfe nicht mehr passieren.»

Obwohl er nun pensioniert ist, kann Wittwer das Busfahren nicht ganz bleiben lassen. Bald chauffiert er die RVBW-Mitarbeiter mit einem alten Fahrzeug aus den 70er-Jahren zu einem gemeinsamen Mittagessen. Busfahren mache einfach Spass. «Ich habe nie bereut, mich für diesen Beruf entschieden zu haben.»