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Der Untersiggenthaler Ruedi Sommerhalder gestaltet die Etiketten für die Künstleredition mittels des klassischen Buchdrucks. Warum er hofft, dass die Leute gleich drei Flaschen des Weins auf einmal kaufen.
Jedes Jahr darf ein anderer Künstler aus der Region die Etikette der Barrique-Version des Badener Stadtweins gestalten. Der diesjährige Pinot noir «Goldwand Réserve 2016» wurde vom Untersiggenthaler Künstler Ruedi Sommerhalder entworfen. Zwölf verschiedene Etiketten hat der 73-Jährige designt, je drei ergeben ein Gesamtbild. In den Badener Stadtfarben ist dann in verschiedenen Ausführungen und Schriftarten das Motto «Statt Wy − Stadtwy» zu lesen. Sommerhalder sagt:
Ich hoffe natürlich, dass die Leute je drei Flaschen kaufen, damit sie ein Gesamtbild vor sich haben. Damit unterstützen sie nebenbei auch die Winzer, die durch die Coronasituation derzeit auch gestraft sind.
Der gebürtige Wettinger lebt seit mehr als 40 Jahren in Untersiggenthal. Gemeinsam mit seiner Frau Tonia betreibt er im Stroppel-Areal, wo früher eine Nähfadenfabrik stand, die Kulturstätte Garnhaus und bietet Bootstouren auf Aare, Reuss und Limmat an. Der pensionierte Kanti-Lehrer ist künstlerisch in der Bildhauerei verwurzelt, seit seinem Studium an der Kunstgewerbeschule Basel aber auch fasziniert von klassischer Drucktechnik. In seinem Atelier an der Stroppel stehen verschiedene alte Druckpressen und Schubladen mit zahlreichen Klotz-Buchstaben. «500 Jahre lang haben wir auf die gleiche Art und Weise gedruckt, Schriftsetzer war bis vor wenigen Jahrzehnten ein beliebter Beruf. Dieses Erbe will ich aufrechterhalten», sagt er. Interessierten bringt er in Kursen den klassischen Buchdruck nahe.
Wie schon Johannes Gutenberg 1452 seine Bibel gedruckt hat, druckte auch Sommerhalder die Etiketten des Badener Stadtweins. Am besten kommt dies bei der 1,5-Liter-Magnum-Version des Stadtweins zur Geltung, die Ruedi Sommerhalder mit gebrochener Schriftzeichen besonders altertümlich gestaltet hat. Er versteht den Buchdruck allerdings auch als Multiplikator und so kam er auf die Idee, nicht nur eines, sondern mehrere Motive zu entwerfen, die sich auf mehrere Etiketten erstrecken sollten.
Für den Druckprozess kombinierte er verschiedene Lettern aus Birnbaumholz, die er liebevoll «Klötzle-Buchstaben» nennt, und bedruckte das gerippte Ingrespapier mit seinen diversen historischen Druckpressen. Der Künstler sagt:
Die alten Lettern weisen Arbeitsspuren auf und das sieht man den Etiketten auch an. Das verleiht ihnen fast eine impressionistische, malerische Wirkung.
Die Vernissage der Etiketten findet traditionell im Mai statt und lockt ein grosses Publikum an. In diesem Jahr musste die Vernissage abgesagt werden, ein Youtube-Livestream sollte gestern Abend das Erlebnis in die Wohnzimmer der Region holen. Sommerhalder demonstrierte darin den Druckprozess mit einer alten Kniehebelpresse. «Mit dem Handwerk der Druckkunst zolle ich auch dem Handwerk der Vinifizierung Tribut, das seit Jahrtausenden entwickelt wird», sagt er. Was für eine aufwendige Arbeit der Weinbau ist, weiss er aus eigener Erfahrung: Er besitzt einen kleinen Rebberg mit Biotrauben. Als Gestalter im kantonalen Weinbaumuseum in Tegerfelden ist er zudem mit der Aargauer Winzerszene bestens vernetzt.
Die Künstleredition 2020 des Badener Stadtweins ist nur in limitierter Auflage erhältlich.