Pandemie
Hauslieferdienst, Online-Konkurrenz, Hamsterkäufe: Die Coronakrise fordert Badener Apotheken heraus

Hauslieferdienste, Hamsterkäufe, Online-Konkurrenz: Wie läuft das Geschäft der Badener Apotheken im Coronajahr? Wir haben nachgefragt.

David Rutschmann
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«Unser Geschäft wurde aufwendiger»: Thomas Strasky, Leiter der Badener «Schwanen Apotheke».

«Unser Geschäft wurde aufwendiger»: Thomas Strasky, Leiter der Badener «Schwanen Apotheke».

Claudio Thoma (15. März 2019

Apotheken werden landläufig als «Krisenprofiteure» betrachtet. Sie waren während des Lockdowns im Frühjahr stets geöffnet, galten als systemrelevant und versorgten die Bevölkerung mit plötzlich stark gefragten Produkten. «Aber Apotheken waren keine Krisengewinner. Alles in allem wurde unser Geschäft aufwendiger, teilweise komplizierter», erzählt Thomas Strasky von der«Schwanen Apotheke» in Baden.

Als Informationsdienstleister mussten die Apotheken stets den Überblick betreffend die vielen Informa­tionen zum neuen Coronavirus behalten. Und wie andere Geschäfte mussten die Apotheken mit Plexiglas-Scheiben Anpassungen in den Läden zur Ausarbeitung von Schutzkonzepten annehmen. «Gleichermassen waren vor allem am Anfang die Kunden sehr verängstigt. In der Stadt war viel weniger los», so Strasky. Seine «Schwanen Apotheke» in der Weiten Gasse betraf dies besonders stark, denn viele Leute mieden die Menschenansammlungen.

Deutlich spürbare Abwanderung ins Internet

Profitiert haben vielmehr eher ländlich gelegene und Quartier-­Apotheke wie die Altenburg-­Apotheke in Wettingen. Die dortige Geschäftsführerin Claudia Wolf van Spyk spricht von einem «wahnsinnigen Anstieg» während des ersten Lockdowns. Generell allerdings fiel die Abwanderung der Kunden ins Internet noch stärker ins Gewicht als in anderen Jahren: Online- und Versandapotheken wurden stärker genutzt. Die Schweizer Zur Rose AG, die unter anderem die Online-­Apotheke «Docmorris» betreibt, wird Medienberichten zufolge als Profiteurin der Krise gehandelt.

«Das ist meiner Meinung nach ein gefährliches Spiel: Medikamente zu verkaufen, ohne zu beraten und über die Nebenwirkungen aufzuklären», sagt Thanila Sathiyaseelan von der Apotheke am Schlossberg in Baden. Doch die lokalen Apotheken versuchten, sich gegen diesen Trend zu behaupten, und bauten ihre Hauslieferdienste aus.

So auch die Ländli-­Apotheke in Würenlos. «Vor Corona haben wir nur mit dem Velo innerhalb der Gemeinde Hauslieferungen angeboten», sagt Geschäfts­führer Beat Augstburger. «Während des Lockdowns haben uns freiwillige Pharmaziestudenten und ein arbeitsloser Taxichauffeur mit den Lieferungen bis nach Spreitenbach geholfen.» Die Apotheke Wyss in Baden war zeitweise mit drei Fahrzeugen unterwegs, «sonst hätten wir diesen Bedarf nicht bewältigen können», so Ge-schäfts­führer Roland Wyss.

Während des ersten Lockdowns wurden WC-Papier und Hefe en masse verkauft − auch Apotheken waren von Hamsterkäufen betroffen. Die unsichere Lage führte dazu, dass Menschen mit chronischen Krankheiten sich mit Medikamenten versorgten. «Medienberichte sprachen davon, dass Schmerzmittel ausverkauft seien. Das hat den Run auf gewisse Medikamente noch stärker befeuert, sodass diese tatsächlich kurzfristig nicht nachgeliefert werden konnten», erzählt Wyss.

Gleichermassen führten Medienberichte auch zur gestiegenen Nachfrage nach gewissen Produkten, welche die Immunabwehr stärken sollen: Zink­tabletten, Vitamin C und B sowie das Naturheilmittel Echinaforce, welches als Coronaviren-Prophylaxe gehypt wurde. «Doch gemäss all dem, was wir heute wissen, verringern diese Mittel nicht die Chance, an Covid-19 zu erkranken.

Wichtiger für die Gesellschaft sind Schutzmassnahmen», so Strasky. Im Frühjahr aber waren selbst Schutzmassnahmen wie Masken und Desinfektionsmittel aufgrund der Hamsterkäufe rar. Apo- theker begannen, Desinfek­tionsmittel selbst herzustellen. «Weinbauern, Schnapsbrennereien und Bierproduzenten blieben wegen des Lockdowns auf ihren Produkten sitzen. Also konnten sie den Alkohol redestillieren und uns zur Desinfek­tionsmittelproduktion zur Verfügung stellen», sagt Wyss.

Seine Apotheke bietet gemeinsam mit der «Schwanen Apotheke» in der Bahnhofs­­unterführung beim Kino Sterk in Baden seit wenigen Wochen Corona­schnelltests an. Finanziell sind diese höchstens kostendeckend, so Wyss, doch sie tragen zur Grundversorgung bei. «Wir sind ständig ausgebucht und testen täglich 40 bis 50 Leute.» Anderen Apotheken fehlt schlicht der Platz, um aufwendig zu testen. In den kommenden Wochen wird in diesem Zusammenhang auch die Frage aufkommen, wo geimpft werden kann. «Wir wären parat, auch zu impfen. Das ist allerdings unrealistisch, da den meisten Apotheken die Kühlmöglichkeit für den Coronaimpfstoff fehlt», sagt Roland Wyss.