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88 Prozent der Autos waren schneller als die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde unterwegs, als die Gemeinde Obersiggenthal vor einiger Zeit beim Reservoir Grüt auf der Hertensteinstrasse Tempomessungen durchführte.
Die Mitglieder des Quartiervereins «Häfeler+Hertenstein» wollen nun mit einer Petition für mehr Sicherheit und weniger Lärm sorgen. Ihre Forderungen: Tempo 30 vom Kreisel Landstrasse bis zum Reservoir Grüt sowie im Ortsteil Hertenstein. Darüber hinaus verlangt die Petition, dass eine fixe Radarfalle installiert wird.
«Der Verkehr nimmt stetig zu, dagegen können wir uns nicht wehren. Aber wir kämpfen dafür, dass die Hertensteinstrasse sicherer wird, vor allem für die Schulkinder», sagt Kurt Gantenbein, einer der Initianten der Petition. «Und wir hoffen, dass der Verkehrslärm abnimmt, denn er schränkt die Lebensqualität der Anwohner ein.» Mit der neu erlaubten Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h würde sich die Fahrt zwischen Reservoir und Kreisel «nur um 47 Sekunden» verlängern, heisst es in der Petition weiter. Die Hertensteinstrasse sei derart kurvenreich und schmal, dass 50 km/h ein zu hohes Tempo sei, schreiben die Initianten der Petition weiter.
Ist der Wunsch nicht utopisch, dass im autofreundlichen Kanton Aargau aus einer Kantonsstrasse mit Tempo 50 und teilweise 80 quasi eine Quartierstrasse mit Tempo 30 wird? Bisher gibt es nur zwei Kantonsstrassen – in Windisch und in Olsberg – auf denen innerorts Tempo 30 gilt. Der Kanton vertritt die Haltung, dass die gesetzlichen Höchstgeschwindigkeiten von 50 innerorts und 80 ausserorts «möglichst flächendeckend eingehalten werden sollen», wie das Verkehrsdepartement diesen März bekräftigte. Die Kantonsstrassen sollen den Verkehr «möglichst rasch von den Gemeinde- und Sammelstrassen übernehmen und überregional weiterleiten».
Der Quartierverein lässt sich von solchen Aussagen nicht beirren. «Wir denken, dass wir aufgrund harter Fakten gute Chancen haben, sagt Gantenbein. Das Bundesgericht habe schon in zwei Fällen zugunsten der Anwohner entschieden und sich für Tempo 30 auf Kantonsstrassen ausgesprochen. «Dies mit der Begründung, dass die Leistungsfähigkeit einer Strasse nicht beeinträchtigt, die Sicherheit aber markant erhöht werden könne», so Gantenbein.
Bei Tempo 30 auf Kantonsstrasse sei es wie einst beim Frauenstimmrecht, sagt Gantenbein: «Das Thema sorgt für heisse Diskussionen und Polemiken, aber früher oder später wird es sich durchsetzen, davon bin ich zu hundert Prozent überzeugt.»
Und ist nicht auch der Wunsch utopisch, dass eine fixe Radarfalle aufgestellt wird? Im Kanton Aargau gibt es keine festinstallierten Blitzer, und geht es nach dem Regierungsrat, soll sich daran nichts ändern: Er lehnte vor wenigen Monaten ein Gesuch der Stadt Baden ab, die auf der Gstühl-Kreuzung eine Radarfalle installieren wollte (das Verfahren ist noch hängig). Gantenbein: «Das zuständige Departement im Regierungsrat hat sich zwar gerade im Fall Baden gegen einen Blitzkasten ausgesprochen, aber wir schliessen nicht aus, dass er sich von guten Argumenten überzeugen lässt. Und Tatsache ist: Auf der Hertensteinstrasse fährt die Mehrheit der Autos schneller als erlaubt.»
Die Initianten wollen die Petition noch vor den Sommerferien einreichen – beim Gemeinderat. Dieser hat betreffend Tempolimit zwar keine Entscheidungsmacht, da es sich bei der Hertensteinstrasse um eine Kantonsstrasse handelt. «Wir glauben aber, dass wir unserer Forderung mehr Gehör verschaffen können, wenn sich der Gemeinderat beim Kanton dafür einsetzt», sagt Gantenbein.